psychoneuro 2007; 33(9): 376
DOI: 10.1055/s-2007-991579
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Burnout-Syndrom - Jahrelang reizbar und aggressiv, schließlich depressiv

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Publication Date:
08 October 2007 (online)

 
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Patienten mit Burnout-Syndrom haben in der Regel eine monate- oder sogar jahrelange Phase der Überforderung im Beruf hinter sich, bis sich psychomotorische Störungen und Depressionen entwickeln. Zum Arzt gehen die Betroffenen meist erst dann, wenn sie nicht mehr schlafen können oder unter ständigen Infekten leiden oder der Druck von Angehörigen, sich endlich helfen zu lassen, groß genug wird.

Es werden drei Typen von Patienten unterschieden, berichtete Prof. Dr. Volker Faust, Ravensburg, beim 6. Lundbeck Dialog ZNS in Hornbach, von denen aber nur zwei tatsächlich unter einem Burnout-Syndrom leiden: Einerseits die "Selbstverbrenner", ursprünglich dynamische und zielstrebige Frauen und Männer, die an schlechten Arbeitsbedingungen zugrunde gehen und zu sich selbst nicht nein sagen können, andererseits die "Verschlissenen", die wenig durchsetzungsfähig und passiv sind und nicht nein zu anderen sagen können.

Ganz typisch ist, dass diese Personen sich vor allem über die Leistung definieren, sagte Faust. Die dritte Gruppe hingegen seien Trittbrettfahrer, die eher eingerostet als ausgebrannt seien und für ihre Tatenlosigkeit ein edles Selbstbildnis zimmern.

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Symptomatik

Die Beschwerden beginnen in der Regel im besten Alter zwischen 30 und 50 Jahren. Zunächst fallen Missstimmungen, Reizbarkeit, Ärger und Aggressivität auf, später vegetative Störungen wie Appetitlosigkeit, Ein- und Durchschlafstörungen. Typische Beschwerden sind auch Kopfdruck, Magen-Darm-Beschwerden oder Schmerzen an der Wirbelsäule oder den Gelenken, außerdem Infektanfälligkeit, chronische Müdigkeit sowie Merk- und Konzentrationsstörungen. Zuletzt kommt es zur Erschöpfungsdepression, Folge der stetigen Belastung ohne Aussicht auf Entlastung.

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Behandlung

In der Behandlung sind Allgemeinmaßnahmen von hoher Bedeutung, sagte Faust. Eine der wichtigsten Ratschläge an die Patienten: "Leben Sie gesund!" Der Psychiater empfiehlt tägliche Spaziergänge bei Tageslicht von rund 30 Minuten, Alkohol- und Kaffeekonsum in Maßen, Meiden von Nikotin. Auch Entspannungstechniken können hilfreich sein, wenn die Betroffenen sie schon beherrschen. Ganz wichtig: Die Betroffenen sollten keine Entscheidungen treffen, so lange es ihnen wirklich schlecht geht.

Außer der Verhaltenstherapie sollten nur zeitlich befristet kurz wirksame Medikamente eingesetzt werden, so Faust, etwa Tranquilizer wie flüssiges Valium in extrem niedriger Dosis (2-3 Tropfen) oder pflanzliche Extrakte von Baldrian oder Melisse. Bei klassischen Antidepressiva rät Faust hingegen zur Zurückhaltung.

Roland Fath, Frankfurt

Quelle: 6. Lundbeck Dialog ZNS am 22. August in Hornbach

 
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