Deutsche Zeitschrift für Onkologie 2007; 39(4): 169
DOI: 10.1055/s-2007-986018
Forschung
Neues aus der Onkologie
© Karl F. Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Tumordiagnostik: MR-Diffusion zur Differenzialdiagnose von Hirntumoren

Further Information

Publication History

Publication Date:
20 December 2007 (online)

Tumordiagnostik: MR-Diffusion zur Differenzialdiagnose von Hirntumoren

Nach der Schlaganfalldiagnostik könnte die sogenannte MR-Diffusion auch bei der Differenzialdiagnostik von Hirntumoren an Bedeutung gewinnen.

Die Brownsche Molekularbewegung führt dazu, dass sich ungebundene Wassermoleküle im menschlichen Körper in ständiger Bewegung befinden. Das Ausmaß dieser Bewegungen, die man auch als Diffusion bezeichnen kann, lässt sich mit der Diffusions-Magnetresonanztomographie (MR-Diffusion) bestimmen.

Wichtigster Parameter ist dabei der scheinbare Diffusionskoeffizient („Apparent Diffusion Coefficient” - ADC). Er ist in zellreichen Regionen, zu denen insbesondere Tumoren gehören, besonders niedrig, da die Wassermoleküle hier durch die vielen Zellwände und intrazellulären Kompartimente stark in ihrer Beweglichkeit behindert sind. Auf den ADC-Bildern wird dies als Hypointensität sichtbar. Viele Tumoren haben jedoch auch hämorrhagische oder zystische Abschnitte, in denen die Diffusion ungehindert ist. Die ADC-Werte sind dann hoch, auf den Bildern als Hyperintensität sichtbar. Die MR-Diffusion hat sich in den letzten Jahren als ein wertvolles Instrument in der Frühdiagnose des ischämischen Schlaganfalls erwiesen. Das Verfahren kann jedoch auch bei der Diagnostik von Tumoren eingesetzt werden. Hier interessiert die Kliniker vor allem die Frage, um welche Art von Tumor es sich handelt, was bisher nur durch Hirnbiopsien zu klären ist. Radiologen aus Izmir/Türkei haben in einer Fallserie mit 65 Patienten untersucht, ob die MR-Diffusion die Differenzialdiagnose erleichtern könnte, was sich als ein schwieriges Unterfangen erwies (Eur J Radiol. 2005; 55; 393-400).

Die Probleme beginnen damit, dass viele Tumoren heterogen sind. Sie bestehen aus Regionen mit hoher und niedriger Zellularität und korrespondierend dazu sind Areale mit niedrigen und hohen ADC-Werten in einem Tumor nebeneinander vorhanden. Omer Kitis et al. entschieden sich dafür, den minimalen ADC-Wert eines Tumors als Ausgangspunkt ihrer Untersuchung zu benutzen. Der ADCmin-Wert war in niedergradigen Gliomen (12 Patienten) am höchsten. Die Werte unterschieden sich signifikant von den Glioblastomen (14 Patienten) und hochgradigen Gliomen (17 Patienten). Zwar gab es in Einzelfällen Überlappungen der ADCmin-Werte. Zusammen mit den Befunden der konventionellen MR könnte die MR-Diffusion hier am ehesten die Differenzialdiagnose klären helfen. Anders ist die Situation bei der Frage, ob ein höhergradiges Lymphom vorliegt oder doch eine Metastase eines nicht bekannten Primärtumors (14 Patienten in der Serie), was für die weitere Diagnostik und Therapie von größter Bedeutung ist. Hier hilft die Bestimmung der ADCmin-Werte derzeit nicht weiter.

Die höchste Zelldichte und damit die niedrigsten ADCmin-Werte hatten Lymphome, deren Anteil an den Hirntumoren ja infolge von HIV und medikamentöser Immunsuppression in den letzten Jahrzehnten stetig gestiegen ist. Hier könnte ein niedriger ADCmin-Wert - etwa bei einem in der T1-gewichteten MRT stark hyperintensen Befund - ein wichtiges Entscheidungskriterium sein, glauben die Autoren. Da sie aber in ihrer Serie nur 8 Patienten mit Lymphomen untersuchen konnten, muss diese Frage wohl vorerst offen bleiben.

Rüdiger Meyer

Hannover

    >