Diabetes aktuell 2007; 5(4): 148
DOI: 10.1055/s-2007-985950
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Wird das HbA1C abgelöst? - Experten favorisieren die Einführung eines "durchschnittlichen Glukosewertes"

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Publikationsdatum:
27. August 2007 (online)

 
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Schon immer hat die Verwendung des HbA1C als Maß für die Entwicklung der Blutzuckerwerte die Kommunikation mit den Patienten erschwert, erklärte Prof. David Nathan von der Harvard Medical School während eines Symposiums bei den 67th Sessions der American Diabetes Association. Und doch ist dies der wichtigste Wert für die Therapiekontrolle, weil er die Entwicklung des Blutzuckers im Zeitverlauf und das Risiko für die Entwicklung von Komplikationen einzuschätzen hilft. Die Einführung einer neuen Messgröße, des "durchschnittlichen oder mittleren Blutzuckerwertes" mit Einheiten, in denen der Patient selbst seinen Blutzucker misst, würde die Kommunikation enorm erleichtern.

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Der HbA1C zeigt tatsächlich zuverlässig den Verlauf

Patienten mit Diabetes messen im Selbstmanagement Ihren Blutzucker, unter oraler Therapie seltener, wenn sie Insulin spritzen häufiger - bis zu mehrmals täglich. Der gemessene Wert gibt aber nur die aktuelle Situation wider. Dagegen zeigt das HbA1C den Verlauf über die letzten zwei bis drei Monate. Der Wert zeigt hier die Anzahl der Hämoglobin-Moleküle, an die sich Glukose angeheftet hat, das derzeit gültige Therapieziel variiert je nach wissenschaftlicher Gesellschaft zwischen 7,5 und 6,5 %.

Die International Diabetes Federation (IDF) hat sich nun auf den Weg gemacht, das HbA1C durch einen neuen Standard zu ersetzen, der die Kommunikation mit den Patienten erleichtern soll. Dabei soll nicht der bewährte Assay selbst, sondern nur die Kalibrierung der Messgeräte geändert werden. Die Experten der verschiedenen Gesellschaften (American Diabetes Association, European Association for the Study of Diabetes und International Diabetes Federation) stellen einmal fest, dass der HbA1C-Wert tatsächlich zuverlässig den Verlauf der Glukosewerte über die Zeit darstellt. Sie sehen aber auch den Zeitpunkt gekommen, die Form des Reports so zu ändern, dass der gemessene Wert dem Patienten verständlicher wird und somit auch die Kommunikation für den Therapeuten einfacher macht. Sie schlagen deshalb vor, den Wert künftig als "durchschnittliche Glukose" in den Einheiten darzustellen, in denen der Patient selbst seine Werte auch erhebt.

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Vor der Empfehlung - eine Studie

Derzeit läuft in zehn internationalen Zentren eine Studie, deren Ziel es ist, im Ergebnis so akkurat wie machbar die Beziehung zwischen den durchschnittlichen Glukosewerten und dem HbA1C zu ermitteln. Bislang sind etwa 650 der geplanten 700 Teilnehmer aus verschiedenen Ländern und Rassen in die Studie rekrutiert worden (300 Patienten mit Typ-1-Diabetes, 300 mit Typ-2-Diabetes und 100 Probanden ohne Diabetes). Die HbA1C-Werte werden in einem Labor in den Niederlanden monatlich über vier Monate mit dem neuen Referenzstandard erhoben, gleichzeitig werden die durchschnittlichen Glukosewerte über eine Kombination aus einer kontinuierlichen Glukosemessung und häufigen Teststreifenmessungen wie bei der Selbstmessung erhoben. "Durch den Vergleich der HbA1C-Messungen mit den durchschnittlichen Glukosemessungen können wir eine Gleichung erstellen, nach der die HbA1C-Werte akkurat als "durchschnittliche Glukosewerte" dargestellt werden können", erklärte Nathan.

In der Tat zeigen die in Chicago präsentierten Ergebnisse der ersten 250 Patienten eine enge Relation zwischen den Drei-Monats-Werten beim HbA1C und dem durchschnittlichen Glukosewert der letzten drei Monate - und zwar sowohl bei Frauen als auch bei Männern, beim Typ-1- wie beim Typ-2-Diabetes. Im September 2007 soll die Studie abgeschlossen sein, die Ergebnisse werden bei der Tagung der European Association for the Study of Diabetes in Amsterdam präsentiert. Wie die Werte dann künftig kommuniziert werden sollen, ist noch Gegenstand der Diskussion, also

  • entweder wie bisher als HbA1C in Prozentwerten

  • unter dem bisherigen Namen, aber in Einheiten, die die neue Referenzmethode widerspiegeln, also in mmol/mol Hämoglobin

  • oder - wenn sich die vorläufigen Studienergebnisse bestätigen - unter neuem Namen und mit neuen Einheiten, z. B. als ADAG (A1C-derived average glucose) in mg/dl oder mmol/dl je nach Land.

gb

Quelle: Symposium "Can Average Blood Glucose Replace the A1C?" bei den 67th Session der American Diabetes Association am 25. Juni 2007 in Chicago

 
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