Bei Zwangsstörungen stehen vor allem Symptome, die "Symmetrie/Ordnung", "Sammeln",
"Kontamination/Reinigen" und "Aggression/Kontrolle" betreffen, im Vordergrund. Etwa
zwei bis drei Prozent der Bevölkerung leiden an einer behandlungsbedürftigen Zwangssymptomatik.
Wie Prof. Iver Hand, Hamburg, erklärte, sind Zwänge intrapsychisch gesehen der Versuch,
Hundertprozentigkeit und vollkommene Sicherheit zu erreichen. Zwänge können dabei
so lebensbestimmend werden, dass bei schweren Verläufen die Betroffenen nicht mehr
am sozialen Leben teilnehmen können. Rituale, die die Betroffenen ausführen müssen,
können einen Großteil des Tages beanspruchen.
Spontanremissionen sind sehr selten
In aller Regel verläuft die Erkrankung chronisch. Zur Therapie am vielversprechendsten
haben sich Verhaltenstherapie (VT) mit Expositionstherapie, Desensibilisierung oder
Reizüberflutung erwiesen. Diese haben das Ziel, dass der Patient seine Zwänge neu
bewerten kann. Prädiktoren für ein schlechtes Behandlungsergebnis sind Symptome wie
z.B. Horten und Persönlichkeitsstörungen. Diese Patienten sprechen zwar gut auf die
Behandlung an, können aber den Behandlungserfolg nicht aufrechterhalten. Verhaltenstherapie
wirkt nach den Ergebnissen einer aktuellen Cochraneanalyse besser als rein medikamentöse
Behandlung. Eine Kombination ist jedoch nicht signifikant wirksamer als VT. Ein Problem
ist jedoch die Versorgungsrealität. VT kann nicht für alle Betroffene angeboten werden
und auch nicht alle wollen psychotherapeutisch behandelt werden, obwohl ohne VT laut
Hand etwa 80 % der Patienten einen Rückfall erleiden. Die medikamentöse Behandlung,
mit der auch Wartezeiten bis zum Freiwerden eines Therapieplatzes überbrückt werden
können, ist daher eine wichtige Option.
Zur Behandlung ist jetzt der selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer Escitalopram
(Cipralex®) (10 mg/d und 20 mg/d) neu zugelassen, der bereits bei Depression, Panik,
sozialer Phobie und generalisierter Angststörung eingesetzt wird. In den Zulassungsstudien
erzielten die Patienten unter Escitalopram (20 mg/d) bereits nach sechs Wochen nach
der Y-BOCS (Yale Brown Obsessive Compulsive Scale) signifikante Verbesserungen im
Vergleich zu Placebo [1], führte Prof. Naomi A. Fineberg, Welwyn Garden City (UK) aus. In der Studie erhielten
die Patienten randomisiert über 24 Wochen entweder 10 mg/d Escitalopram (n = 112),
20 mg/d Escitalopram (n = 114), 40 mg/d Paroxetin (n = 116) oder Placebo (n = 113).
Die Zeit bis zu einem Rückfall kann unter Escitalopram deutlich verlängert werden.
In einer eigenen Studie mit 320 Patienten beobachtete Fineberg ein 2,7-fach höheres
Rückfallrisiko für placebobehandelte Patienten als unter Escitalopram [2]. Sie schloss daraus, dass sich Escitalopram sowohl zur Akut- als auch zur Langzeitbehandlung
von zwangsgestörten Patienten eignet.
Quelle: Pressekonferenz "Mit Cipralex® Zwangsstörungen bezwingen" am 15. Mai in Frankfurt,
unterstützt von Lundbeck