Dialyse aktuell 2007; 11(4): 60
DOI: 10.1055/s-2007-985035
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Renale Anämie - Erstes "vollhumanes" Epoetin ist eine gleichberechtigte Therapieoption

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Publication Date:
11 July 2007 (online)

 
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Auch wenn die optimalen Hämoglobinzielwerte bei niereninsuffizienten Patienten gerade nach der Publikation diverser Studien Ende letzten Jahres in Expertenkreisen erneut heftig diskutiert werden - eines ist ganz klar: Je niedriger der Hämoglobinwert der Patienten ist, desto höher ist ihre relative Sterblichkeit [3]. "Ein Hämoglobinwert von über 10 g/dl, wie ihn die Qualitätssicherungsrichtlinie Dialyse aus dem letzten Jahr fordert, ist auf jeden Fall gut", meinte Prof. Andreas Kribben, Essen.

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Rekombinante Epoetine im Fokus

Zweifellos hat die Einführung der rekombinanten Epoetine die Behandlung der Patienten mit renaler Anämie revolutioniert - eine Komplikation der Erkrankung, die übrigens bereits vor dem Dialysebeginn 50% der Niereninsuffizienten betrifft. Bislang standen mit Epoetin alfa und beta bzw. Darbepoetin alfa drei verschiedene Substanzen zur Verfügung. Mit Epoetin delta (Dynepo®) gibt es jetzt ein neues Präparat, berichtete Kribben, mit einem großen Unterschied zu den herkömmlichen Epoetinen: Anders als seine "Vorläufer" wird Epoetin delta nicht in Ovarzellen des chinesischen Hamsters (CHO) produziert, sondern in Zellen aus der humanen Zelllinie HT-1080.

Erstmals gibt es damit ein Epoetin, das als Glykoprotein nicht nur die humane Aminosäurensequenz, sondern auch die gleiche Anzahl an Polysaccharidketten mit humanem Profil und nicht die CHO-typische Glykosylierung aufweist - nach Ansicht der Experten ein entscheidender Vorteil. "Die Passform wird zwar durch das Protein bestimmt", meinte Kribben, "die Seitenketten haben aber ebenfalls einen entscheidenden Einfluss." Die Glykosylierung des Erythropoetin-Proteins hat beispielsweise Auswirkungen auf die Proteinstabilität, auf die Rezeptorbindung (Erkennung des Rezeptors, Bindungsaffinität) oder auf die biologische Aktivität des Glykoproteins.

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Klinische Studien zeigen gleichwertige Wirkung

Dass das neue Epoetin ebenso effektiv und verträglich ist wie die älteren Vertreter der Substanzgruppe, das belegen Studiendaten an rund 1500 Patienten, wobei sowohl Daten zur intravenösen als auch zur subkutanen Applikationsweise vorliegen. "Die Wirkung ist praktisch deckungsgleich mit Epoetin alfa", brachte Kribben die Studienergebnisse auf den Punkt - egal ob im Stadium der Prädialyse, oder bei Peritonealdialyse- und Hämodialysepatienten.

Kribben präsentierte beispielsweise die Ergebnisse einer multizentrisch angelegten randomisierten, doppelblinden Phase-III-Studie mit 746 Hämodiaylsepatienten [2]. 24 Wochen lang erhielten diese intravenös entweder dreimal pro Woche Epoetin delta (n = 555) oder Epoetin alfa (n = 191). Patienten mit Epoetin-Vortherapie wurden auf Epoetin delta mit der gleichen Dosis wie in der Vortherapie umgestellt. Die Hämoglobinwerte waren mit 11,57 (Epoetin delta) und 11,56 g/dl (Epoetin alfa) identisch, jeweils rund 90% der Patienten aus beiden Studienarmen erreichten das Therapieziel mit Werten zwischen 10 und 12 g/dl.

Auch im weiteren offenen Studienverlauf - im Anschluss an diese erste Studienphase wurden alle Patienten 28 Wochen nur mit Epoetin delta behandelt - konnten diese Hämoglobinwerte aufrecht erhalten werden (Abb. [1]). "Bezüglich der unerwünschten Ereignisse waren ebenfalls keine signifikanten Unterschiede zwischen der Epoetin-delta- und der Epoetin-alfa-Gruppe zu beobachten", berichtete Kribben.

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Abb. 1 Hämodialyse - Mittlere Hämoglobinwerte über ein Jahr

Die subkutane Applikation ist ebenfalls effektiv und sicher, wie die Daten von 478 chronisch niereninsuffizienten Patienen (Prädialyse, Hämodialyse und Peritonealdialyse) einer multizentrischen offenen Studie [1] belegten. Über die Beobachtungszeit von einem Jahr konnten die Hämoglobinwerte stabil auf Mittelwerte von 11,31 ± 1,11 g/dl eingestellt werden, wobei die Patienten ein-, zwei- oder dreimal wöchentlich Epoetin delta subkutan erhielten. Auch in dieser Studie erhielten die Patienten beim Switch auf Epoetin delta die Dosis, die der vorherigen Epoetin-Therapie entsprach.

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Wirksam und verträglich - und es schont das Budget

Das neue Epoetin delta ist diesen Studiendaten zufolge also ebenso wirksam und verträglich wie herkömmliche Epoetinpräparate. Und - was für alle Verordner sicherlich erfreulich sein sollte - "die EPO-Behandlung wird damit um 30% billiger", konstatierte Prof. Hans-H. Neumayer, Berlin.

Eingesetzt werden sollte Epoetin delta in einer Startdosis von 50 IE/kg entweder dreimal (i.v.-Gabe) oder zweimal wöchentlich (s.c.-Gabe). Denn wie bei den bekannten Epoetinen ist zwar die Bioverfügbarkeit nach subkutaner Applikation geringer als nach intravenöser Gabe, die mittlere Halbwertszeit ist mit 27-33 Stunden jedoch zwei- bis dreifach höher. Ist der Zielwert von 10-12 g/dl erreicht, muss die Dosis individuell angepasst werden.

sts

Quelle: Symposium "Neue Therapieoptionen bei Hyperphosphatämie und renaler Anämie", veranstaltet von der Shire Deutschland GmbH & Co. KG, Köln

Dieser Text entstand mit freundlicher Unterstützung der Shire Deutschland GmbH & Co. KG, Köln

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Literatur

  • 01 Kwan JTC . Poster presented at the American Society of Nephrology Renal Week, 2006. 
  • 02 Martin KJ . Poster presented at the American Society of Nephrology Renal Week, 2006. 
  • 03 Oftshun N . Labrecque J . Lacson E . et al . Kidney Int. 2003;  43 (5) 1906-1914
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Literatur

  • 01 Kwan JTC . Poster presented at the American Society of Nephrology Renal Week, 2006. 
  • 02 Martin KJ . Poster presented at the American Society of Nephrology Renal Week, 2006. 
  • 03 Oftshun N . Labrecque J . Lacson E . et al . Kidney Int. 2003;  43 (5) 1906-1914
 
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Abb. 1 Hämodialyse - Mittlere Hämoglobinwerte über ein Jahr