Notfall & Hausarztmedizin 2007; 33(6): 340
DOI: 10.1055/s-2007-985007
Blickpunkt

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Gestörter Schlaf beim Diabetiker - Antikonvulsivum verbessert Schlafqualität

Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
13. Juli 2007 (online)

 
Inhaltsübersicht
Zoom Image

Bei etwa 20% der Patienten, die in der Hofheimer Schlafambulanz wegen chronischer Schlafstörungen untersucht werden, finden sich dafür organische Ursachen. Dabei spiele der Diabetes mellitus, vor allem vom Typ 1, eine wichtige Rolle, so Prof. Stephan Volk, Hofheim am Taunus, beim DDG-Kongress in Hamburg. Häufig verursachen nächtliche Hyper- oder Hypoglykämien sowie schmerzhafte Zustände bei diabetischer Polyneuropathie Schlafstörungen. Daher plädierte Volk, den Blutzuckerspiegel der Patienten stabil einzustellen. Laut Volk sollte die Therapie chronischer Ein- und Durchschlafstörungen zunächst einen nichtmedikamentösen Ansatz verfolgen. Dazu müssen dem Patienten die physiologischen Grundlagen des Schlafes und ein individuelles Störungsmodell vermittelt werden. Zudem rät er Betroffenen, ein Entspannungsverfahren zu erlernen. Volk berichtete über besonders gute Erfahrungen mit der progressiven Muskelrelaxation. Auch verhaltenstherapeutische Methoden könnten sinnvoll sein. In vielen Fällen sei aber trotzdem eine unterstützende medikamentöse Behandlung notwendig.

#

"Interessante moderne Substanz" ohne Abhängigkeitspotenzial

In der Hofheimer Klinik werden diesbezüglich Hypnotika eingesetzt, ggf. kombiniert mit Antidepressiva. "Wird ein zeitlich befristeter Einsatz von Hypnotika notwendig, so empfiehlt es sich, den Patienten vorab darüber aufzuklären, dass es sich um keine Dauermedikation handelt", betont Volk. Diese Therapie dient lediglich dazu, den Teufelskreis aus Nichtschlafen, schlechter Schlafqualität und eingeschränkter Leistungsfähigkeit am Tag zu durchbrechen. Die Medikamente sollten möglichst wenig Wirkung am nächsten Morgen haben, und gezielt das Ein- oder Durchschlafen verbessern.

Volk verwies in diesem Zusammenhang auf eine "interessante moderne Substanz": das Antiepileptikum Pregabalin. Das Medikament verbessere die Schlafeffizienz, vermehre Tiefschlafstadien und reduziere die Einschlaflatenz. Untersuchungen zu den Auswirkungen gestörten Schlafs bei postherpetischer Neuralgie sowie bei diabetischen Neuropathien hätten eindeutig einen Rückgang der nächtlichen Schlafunterbrechungen gezeigt (siehe Kasten). Nach Auffassung von Volk wird das Antikonvulsivum Pregabalin mit seiner antineuropathischen und anxiolytischen Wirkung bei der Therapie von Patienten diabetischer Polyneuropathie und gleichzeitigen Schlafstörungen "aufgrund des fehlenden Abhängigkeitspotenzials in Zukunft eine größere Bedeutung erlangen".

Jürgen W. Setton, Chemnitz

Quelle: Satellitensymposium "Was stört den Schlaf des Diabetikers?" im Rahmen der 42. Jahrestagung der DDG (Deutsche Diabetes Gesellschaft), 16. Mai 2007 in Hamburg. Veranstalter: Pfizer GmbH, Karlsruhe

#

Hoher Leidensdruck bei Schmerzpatienten - Circulus vitiosus bei diabetischer Polyneuropathie durchbrechen

Etwa 15% aller Patienten mit einem längerfristigen Diabetes mellitus erleiden im Laufe ihres Lebens eine diabetische Polyneuropathie (DPN). Die Symptome reichen dabei von leichten Parästhesien, Hyperästhesien, Hyperpathien und Druckschmerzhaftigkeit von Nerven und Muskeln bis hin zu quälenden neuropathischen Schmerzen, häufig begleitet von unbemerkten Fußulzera.

Um die Chronifizierung einer Neuropathie zu vermeiden, ist die frühzeitige Diagnose von besonderer Bedeutung. Doch eine internationale Patientenerhebung [1] zeigt, dass noch immer erhebliche Schwierigkeiten bei der Diagnose neuropathischer Schmerzen bestehen. Als Vorbereitung für das Arzt-Patienten-Gespräch können Screening-Tools wie der "painDETECT®-Fragebogen die Diagnose erleichtern [2]. Mit einer Sensitivität von 85% und einer Spezifität von 80% liefert der Test bereits konkrete Hinweise auf eine mögliche neuropathische Schmerzkomponente [1]. Eine frühzeitige Diagnose der DPN ist auch aufgrund des hohen Leidensdrucks der Schmerzpatienten relevant, da viele Schmerzpatienten auch unter starken Schlafstörungen leiden. Da Störungen des Schlafes wiederum die Vulnerabilität gegenüber Schmerzempfindungen und auch psychischen Störungen, wie Angsterkrankungen und Depressionen, erhöhen, geraten Schmerzpatienten häufig in einen Circulus vitiosus, in dem der gestörte Schlaf das Schmerzphänomen verschlimmert [5].

Screening-Tools helfen bei frühzeitiger Diagnosestellung

An dieser Stelle sind Therapeutika wie Pregabalin zukunftsweisend. Pregabalin (Lyrica®) ist seit Juli 2004 in Deutschland für die Behandlung peripherer neuropathischer Schmerzen und als Zusatztherapie bei fokalen Epilepsien jeweils im Erwachsenenalter zugelassen. Im März 2006 wurde die Zulassung auf die Behandlung der Generalisierten Angststörung und im September 2006 auf zentrale neuropathische Schmerzen erweitert.

Als strukturelles GABA-Analogon bindet es spezifisch an die α2δ-Untereinheit und moduliert spannungsabhängige Kalziumkanäle. Pregabalin zeichnet sich unter evidenzbasierten Gesichtspunkten durch eine gut abgesicherte Datenlage zur Wirksamkeit und Verträglichkeit aus. Im Gegensatz zu Gabapentin verfügt es über eine lineare Kinetik über den gesamten Dosierungsbereich, flutet schneller an und erleichtert das Handling durch eine zweimal tägliche Dosierung [3], [4].

Aufgrund der positiven Erfahrungen in der Behandlung von Neuropathien wurde Pregabalin im Februar 2005 in die entsprechenden Leitlinien der Deutschen Diabetes Gesellschaft aufgenommen. Weitere Infos gibt es im Internet unter www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de.

#

Quellen

  • 01 Global Neuropathic Pain Survey. Breaking Down Barriers to Unterstanding. Summary Report vom 1. März 2007. 
  • 02 Bennett M . Baron R . et al . Pain. 2007;  127 199-203
  • 03 Lesser H . et al . Neurology. 2004;  63 2104-2110
  • 04 Dworkin R et al. 24. Annual Meeting of the American Pain Society. Boston, USA, 30.03.-02.04.2005. 
  • 05 Pfizer-Symposium, DGS, 17.03.2007. 
#

Quellen

  • 01 Global Neuropathic Pain Survey. Breaking Down Barriers to Unterstanding. Summary Report vom 1. März 2007. 
  • 02 Bennett M . Baron R . et al . Pain. 2007;  127 199-203
  • 03 Lesser H . et al . Neurology. 2004;  63 2104-2110
  • 04 Dworkin R et al. 24. Annual Meeting of the American Pain Society. Boston, USA, 30.03.-02.04.2005. 
  • 05 Pfizer-Symposium, DGS, 17.03.2007. 
 
Zoom Image