Notfall & Hausarztmedizin 2007; 33(6): 336
DOI: 10.1055/s-2007-985003
Blickpunkt

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Leistungsspektrum moderner Antibiotika - Können Chinolone auch Schlaganfallpatienten retten?

Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
13. Juli 2007 (online)

 
Inhaltsübersicht

Moderne Antibiotika sollen mehr leisten als nur die Bekämpfung von krankheitsrelevanten Keimen. Sie sollen vor allem rasch und zuverlässig wirken. Und wenn darüber hinaus auch die Prognose einer chronischen Atemwegserkrankung mit ihren unvermeidlichen Exazerbationen gut aussieht, ist dies umso besser. Für Moxifloxacin deuten aktuelle Studienergebnisse sogar auf günstigere Aussichten von Schlaganfallpatienten hin, wenn ihnen vorsorglich das Antibiotikum gegeben wird, um die häufigen infektbedingten schweren Komplikationen zu verhindern.

#

Verlängertes exazerbationsfreies Intervall

Nach den Ausführungen von Prof. Dr. Tom Schaberg, Rotenburg, ist es möglich, das exazerbationsfreie Intervall bei bakteriell getriggerter COPD deutlich zu verlängern. Je früher und je effektiver hier die antibiotische Therapie eingeleitet wird, desto kürzer wird die Therapiedauer und umso länger ihr Erfolg sein. Als Beleg führte Schaberg die MOSAIC-Studie an (Multizentrische, multinationale, prospektive, randomisierte, doppelblinde Studie zum Vergleich der Wirksamkeit von Moxifloxacin oral mit oralen Standardantibiotika als First-Line-Therapie bei ambulanten Patienten mit einer akuten infektiösen Exazerbation einer chronischen Bronchitis). Die Regressionsraten der akuten Exazerbation betrugen hier sieben bis zehn Tage nach Therapieende 70,9% unter Moxifloxacin 400 mg 1-mal täglich versus 62,8% unter der Standardtherapie mit Amoxicillin 500 mg 3-mal täglich, Clarithromycin 500 mg 2-mal täglich oder Cefuroximaxetil 250 mg 2-mal täglich. Wichtig für die Compliance scheint nach Schaberg nicht nur die vereinfachte Tagesgabe von Moxifloxacin zu sein, sondern auch die von sieben auf fünf Tage verkürzte Therapiedauer.

Hinsichtlich des bakteriologischen Erfolges erwies sich Moxifloxacin mit einer Eradikationsquote von 76,8% gegenüber 67,5% in der Standardtherapie ebenfalls als überlegen. In der Follow-up-Periode über neun Monate beziehungsweise bis zur nächsten Exazerbation war der Antibiotikagebrauch in der Standardtherapie-Gruppe indes rund ein Viertel höher. Entsprechend blieben 50% der mit Moxifloxacin behandelten Patienten sechs Monate lang symptomfrei und mussten keine weiteren Antibiotika einnehmen, während dies in der Standardtherapie-Gruppe nur bei 38% der Fall war. Das gleiche Ergebnis, aus anderem Blickwinkel betrachtet, schlug sich in einem statistisch eindeutig längeren Intervall bis zum Auftreten einer erneuten Exazerbation unter Moxifloxacin nieder. Gegenüber der Standardmedikation betrug es im Schnitt rund 133 gegenüber 118 Tagen.

#

Wer profitiert?

In besonderem Maße, so Schaberg, profitieren wohl Patienten über 65 Jahre und allgemein auch Personen mit mehr als vier akuten Exazerbationen pro Jahr von der Behandlung. Denn gerade bei diesen Patienten scheint der langfristige Verlauf direkt mit der Beeinflussung der Zahl an Exazerbationen zu korrelieren.

Auch bei ambulant erworbenen Pneumonien (CAP) haben Patienten, die Moxifloxacin erhalten, offenbar eine bessere Prognose. Sie schneiden besser ab als Patienten unter Therapie mit Betalaktamantibiotika. Das berichtete Prof. Dr. Tobias Welte, Hannover, und verwies dabei auf die Daten aus CAPNETZ. Dieses Netzwerk analysiert seit dem Jahr 2001 die Behandlungsdaten bei ambulant erworbenen Pneumonien und wird firmenunabhängig vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert.

Wiederum bei älteren Patienten über 65 Jahren war demnach das Überleben entscheidend von der primären Antibiotikatherapie abhängig. Und die Überlegenheit von Moxifloxacin zeigte sich vor allem bei schwer kranken Patienten, die stationär aufgenommen werden mussten.

Welte warnte vor einer wiederholten Makrolidtherapie, da man innerhalb von sechs Monaten in 80% der Fälle mit Besiedlung von Makrolid-resistenten Pneumokokken rechnen müsse. Nur eine Makrolid-Pause verhindere, dass die Resistenzgene weitergegeben werden.

Auch von der Gabe von Chinolonen der älteren Generation wie Ciprofloxacin riet der Experte bei CAP-Patienten ab. Ciprofloxacin sei bei Pneumonien entweder überhaupt nicht wirksam oder aber weise hohe Resistenzen gegenüber den wichtigsten Keimen auf. Selbst Therapieversuche seien schädlich, da sich die Resistenzen dann auch noch auf ursprünglich wirksame Therapeutika wie Moxifloxacin übertragen könnten.

#

Prophylaktische Optionen nicht vergessen

Über die verbesserten therapeutischen Möglichkeiten sollte man allerdings auch nicht die prophylaktischen Optionen vergessen, betonte Welte. Schließlich könne man gerade hoch gefährdete Menschen mit der Pneumokokken-Impfung vor dem Schlimmsten bewahren.

Eine besondere Bedeutung kommt Moxifloxacin anscheinend auch in der prophylaktischen Behandlung von Patienten mit schwerem Schlaganfall zu. Etwa jeder fünfte der Patienten entwickelt eine Pneumonie, die häufig tödlich endet, berichtete Prof. Dr. Andreas Meisel, Berlin. Nach den Daten der PANTHERIS-Studie (Preventive ANtibacterial THERapy of acute Ischemic Stroke) ergab sich unter Moxifloxacin eine Senkung der Infektionsrate von 41,9 auf 17,1%. Diese Daten der Pilotstudie mit 80 Patienten weisen nach Auffassung des Neurologen darauf hin, dass mit dem Chinolon eine deutliche Prognoseverbesserung der hoch gefährdeten Patienten erreicht werden könnte.

Martin Wiehl, Königstein-Falkenstein

Quelle: Satelliten-Symposium "Entscheidet die Wahl des Antibiotikums über die Prognose des Patienten?" am 15. März 2007 im Rahmen des 48. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) in Mannheim. Veranstalter: Bayer Vital GmbH, Leverkusen.