Dialyse aktuell 2007; 11(3): 3
DOI: 10.1055/s-2007-984323
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Lachen ist zwar die beste Medizin, Verständnis darf aber nicht fehlen!

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Publication Date:
06 June 2007 (online)

Egal, ob der Nephrologe beim betrachten der Laborwerte „Oh” sagt oder die Chefarztvisite 2,8 Sekunden dauert. Die Medizin unserer Tage hat ein Kommunikationsproblem. Viele Patienten haben durchaus große Probleme mit den medizinischen Fachtermini und auch mit dem Selbstverständnis ihrer Ärzte und Pfleger. „Erste Hilfe” leistet hier der gelernte Arzt und praktizierende Kabarettist Eckhard von Hirschhausen, der mit seinem Langenscheidt Sprachführer „Arzt - Deutsch/Deutsch - Arzt” (Hirschhausen E. München: Langenscheidt Verlag, 2007) eine rezeptfreie Verständigungshilfe vorlegt, in der er einen Grundkurs der Arztsprache zusammengestellt hat („stellen Sie einfach ein paar schlaue Silben vorne- oder hintenan”). Etliches - nicht nur Wörter und Begriffe, sondern auch nonverbale Signale wie Kittel, Wartezeiten und disziplinarische Einläufe - erläutert Hirschhausen etwas flapsig, aber gekonnt.

In seinem Parforceritt durch die bunte Welt der Symptome und Hierarchien innerhalb der medizinischen Fachgruppen nimmt er nicht nur seine Ärztekollegen, sondern auch Pflegekräfte und die verschiedenen Patiententypen (Ärzteverweigerer und Hypochonder) aufs Korn. Seinen medizinischen Kollegen hält er „als Halbgötter” den Spiegel vors Gesicht, vergisst aber nicht, die Rolle zu erwähnen, die der Patienten dabei spielt: „Wer ernsthaft krank ist, will keinen Viertel-, keinen Achtel-, er will einen ganzen Halbgott.” Schwestern und Pfleger bekommen als „Halbengel” ebenfalls ihr Fett weg. Auch wenn Hirschhausen nicht alles ganz ernst meint, ein kleines bisschen Wahrheit steckt fast immer hinter seinen Scherzen.

Doch Spaß beiseite: Ein kleiner Witz auf der Zunge kann zwar oft helfen, reicht jedoch sicherlich nicht aus, um die Kommunikation zwischen Arzt bzw. Pflegekraft und Patient auf eine sichere und erfolgreiche Basis zu stellen. Das Zauberwort heißt vielmehr „Verständnis”, insbesondere bei Patienten, die sich einem kritischen Lebensereignis wie zum Beispiel der Dialysepflicht gegenübersehen, so das Fazit von Dr. Dagmar Breuker, die in dieser Dialyse aktuell die unterschiedlichen Reaktionen der Patienten auf die Dialysepflicht beleuchtet. Egal ob der Betroffene die Dialyse als effektive lebensverlängernde Therapie begreift oder ob für ihn die Belastungen (Zeitaufwand, Flüssigkeitskontrolle, Shunt- oder Katheterprobleme) im Vordergrund stehen, es ist wichtig, ihn genau dort abzuholen und zu unterstützen.

Können sich die Patienten mit der neuen Lebenssituation nicht abfinden (geringe psychosoziale Anpassung), sind sie oft fordernd, anstrengend und launisch oder reagieren häufiger ärgerlich bzw. aggressiv und wirken zum Teil resigniert, hoffnungslos oder depressiv verstimmt. Solche Patienten neigen dazu, Dialysesitzungen vorzeitig abzubrechen oder sogar auszulassen und sich nur in Maßen an Ihre Ratschläge zu halten. Gerade diese „schwierigen” Patienten möchte man gerne verändern, um die Situation für alle Beteiligten zu vereinfachen. Ein solcher Versuch kann jedoch schnell „nach hinten los gehen”, wollen doch gerade die „schwierigen Patienten” in der Regel so akzeptiert werden, wie sie sind. Auch wenn es nicht immer leicht ist: Akzeptieren Sie dieses Verhalten, ohne es auf sich selbst zu beziehen und bieten Sie gegebenenfalls Ihre Hilfe für bestimmte Situationen an.

Was man jedoch leicht vergisst: Patienten, die ihre Nierenerkrankung eigentlich gut im Griff haben, bedürfen ebenfalls Ihrer Aufmerksamkeit und sind in der Regel für Ihre psychosoziale Unterstützung zugänglich und dankbar. Fehlt sie jedoch, wird dies schnell als Desinteresse ausgelegt. Dies lässt sich jedoch leicht umgehen, wenn Sie die Patienten positiv bestärken und deren Bemühungen anerkennen. Denken Sie also daran, dass alle Patienten mit Sorgen und Problemen aufgrund ihrer Erkrankung zu kämpfen haben, egal ob ihnen die Anpassung daran gelungen ist oder nicht. Ein wenig Verständnis schafft in vielen Fällen neue Möglichkeiten für den Umgang miteinander. Dann können alle - Ärzte, medizinisches Pflegepersonal und Patient - gemeinsam über die Witze von Dr. Eckart von Hirschhausen schmunzeln und müssen sich selbst mal nicht so ernst nehmen!

Stephanie Schikora

Stuttgart

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