Rofo 2007; 179(7): 653-658
DOI: 10.1055/s-2007-982590
Bildessay

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bildgebung der Multiplen Endokrinen Neoplasie Typ 1 (MEN1)

Imaging Findings in Multiple Endocrine Neoplasia Type 1 (MEN1)M. Horger, R. Bares, W. Schöber, K. Dudziak, K. Müssig
  • Tübingen
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Publication Date:
06 July 2007 (online)

 

Die multiple endokrine Neoplasie Typ 1 (MEN1), nach ihrem Erstbeschreiber auch als Wermer-Syndrom bezeichnet, ist eine seltene autosomal-dominant vererbte Erkrankung, die durch das Auftreten von 2 der 3 charakteristischen MEN1-Tumortypen (Nebenschilddrüsen-, Hypophysenvorderlappen- und enteropankreatische endokrine Adenome) definiert ist.

Der primäre Hyperparathyreoidismus stellt die häufigste Manifestation der MEN1 dar, mit einer nahezu 100%igen Penetranz im Alter von 40-50 Jahren. Demgegenüber treten nur etwa 1-2 % aller Fälle eines primären Hyperparathyreoidismus infolge einer MEN1 auf. Der primäre Hyperparathyreoidismus bei der MEN1 unterscheidet sich von der sporadischen Form durch das jüngere Alter bei Erstmanifestation, der ausgeglichenen Geschlechterverteilung im Gegensatz zur weiblichen Prädominanz beim sporadischen Hyperparathyreoidismus, der Beteiligung von mehreren Nebenschilddrüsen sowie der mit 50% nach 12 Jahren hohen postoperativen Rezidivrate.

Pankreatische Inselzelltumoren sind die zweithäufigste Manifestation der MEN1 und treten bei 80% der Patienten auf. Die deutlich verminderte Lebenserwartung der Patienten mit MEN1 (das Risiko, im Alter von 50 Jahren verstorben zu sein, beträgt 50%) ist insbesondere auf die potenzielle maligne Transformation enteropankreatischer endokriner Adenome zurückzuführen. Bei ungefähr einem Drittel der Patienten mit MEN1 manifestieren sich pankreatische Inselzelltumore oder gastrointestinale endokrine Tumore klinisch.

Das Zollinger-Ellison-Syndrom (Gastrinom) ist die häufigste Ursache einer symptomatischen Erkrankung und wird bei rund 60% der Patienten mit hormonell-aktiven neuroendokrinen Tumoren gefunden, eine MEN1 liegt 20-60% der Patienten mit Gastrinom zugrunde. Im Gegensatz zu den sporadischen Formen des Zollinger-Ellison-Syndroms sind die MEN1-assoziierten Tumore meist klein und multifokal. Häufig entgehen sie deshalb einer operativen Sanierung. Insulinome umfassen etwa ein Drittel der hormonell-aktiven pankreatischen Inselzelltumoren, können, ähnlich wie die Gastrinome, multifokal auftreten, metastasieren in 25% der Fälle in regionale Lymphknoten oder in die Leber und sind gelegentlich mit Gastrinomen vergesellschaftet.

Glukagonome, die sich mit Hyperglykämien und charakteristischen Hautläsionen manifestieren können, sowie vasoaktives intestinales Polypeptid (VIP)-produzierende Tumore, die typischerweise zu wässrigen Durchfällen führen, sind selten. Hypophysenvorderlappenadenome können sich bei bis zu 50% der Patienten mit MEN1 klinisch manifestieren. Prolaktinome sind die häufigsten Hypophysenvorderlappenadenome, daneben können auch Wachstumshormon-produzierende, ACTH-sezernierende oder hormonell inaktive Adenome auftreten.

Assoziiert mit der MEN1 können auch andere Neoplasien vorkommen, z.B. faziale Angiofibrome (85-90%), Kollagenome (70%), funktionell-inaktive adrenocorticale Adenome (40%), Lipome (10-30%) und Foregut-Karzinoide (3-4%) [1].

Literatur

  • 01 Bares R . Besenfelder H . Pfannenberg C . Eschmann SM . Nuklearmedizinische Diagnostik endokriner Pankreastumoren.  Nuklearmediziner. 2003;  26 33-38
  • 02 Luster M . Timm S . Nuklearmedizinische Diagnostik des primären Hyperparathyreoidismus (pHPT).  Nuklearmediziner. 2003;  26 13-20
  • 03 Sohaib SA . Cook G . The parathyroid glands.  Imaging. 2002;  14 115-121
  • 04 Scarsbrook SAF . Thakker RV . Wass JAH . Gleeson FV . Phillips RR . Multiple Endocrine Neoplasia: Spectrum of Radiologic Appearances and Discussion of a Multitechnique Imaging Approach.  RadioGraphics. 2006;  26 433-451
  • 05 Thoeni RF . Mueller-Lisse UG . Chan R . Do NK . Shyn PB . Detection of small, functional islet cell tumors in the pancreas: selection of MR imaging sequences for optimal sensitivity.  Radiology. 2000;  214 483-490
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