Zeitschrift für Phytotherapie 2007; 28(2): 79-80
DOI: 10.1055/s-2007-981627
Praxis
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Granatapfelsaft soll bei Prostatakrebs helfen! Gibt es dazu Untersuchungen?

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Publication Date:
22 May 2007 (online)

In verschiedenen Tageszeitungen erschienen Ende letzten Jahres interessante Artikel zum Thema Prostatakrebs: Granatapfelsaft gegen Tumorzellen? Ein Glas Granatapfelsaft am Tag könnte die Entwicklung von Prostatakrebs verlangsamen [1]. Die Wissenschaftler von der University of California in Los Angeles hatten den bei Mäusen beobachteten Effekt nun auch bei Menschen untersucht. Einbezogen in diese offene Phase-II-Studie waren 46 männliche Probanden, die eine Operation oder Strahlenbehandlung wegen Prostatakrebs hinter sich hatten und bei denen Anzeichen einer raschen Rückkehr des Tumors vorlagen. Auf der Grundlage von Messungen des prostataspezifischen Antigens (PSA) wurde das Fortschreiten des Tumorwachstums erhoben. Bis sich die PSA-Werte vom Ausgangspunkt aus verdoppelten, dauerte es im Normalfall durchschnittlich 15 Monate. Nahmen die Patienten jedoch täglich Granatapfelsaft zu sich, verlängerte sich die Dauer auf 54 Monate [1] [2].

Fazit

Die Ergebnisse dieser ersten klinischen Studie zur Anwendung von Granatapfelsaft sind positiv hinsichtlich der Verlängerung des Zeitraums bis zur Verdoppelung des PSA-Werts (hier als Indikator für ein erneutes Auftreten von Prostatakrebs nach Erstbehandlung). Für eine Bewertung des klinischen Nutzens und der Wirksamkeit von Granatapfelsaft bei Prostatakarzinom müssen aber noch einige kontrollierte klinische Studien durchgeführt werden. Auch fehlt Grundlagenforschung zum Wirkmechanismus und dafür relevanter Inhaltsstoffe.

Mit den uns derzeit zur Verfügung stehenden Daten kann die Empfehlung, »täglich ein Glas Granatapfelsaft zu trinken, um Prostatakrebs zu vermeiden« nicht als medizinisch-wissenschaftlich bewiesen angesehen werden.

Wichtige Anmerkung

Wir möchten in diesem Zusammenhang auch auf mögliche Wechselwirkungen von Granatapfelsaft mit der Komedikation hinweisen: Auch für Granatapfel ist eine Hemmung der Cytochrom-P450-3A-Isoenzyme beschrieben. Der inhibitorische Effekt wird in dieser Reihenfolge angegeben: Grapefruit > Weintrauben > Granatapfel > Himbeere [3]. Wahrscheinlich ist bei allen Fruchtsäften Vorsicht geboten, wenn gleichzeitig Arzneistoffe eingenommen werden, die über CYP-3A-Isoenzyme verstoffwechselt werden. Die Patienten sollten unbedingt darauf hingewiesen werden, da sehr viele Arzneistoffe (ca. 50 %) über diese Enzyme abgebaut werden. Über CYP1A2 werden ca. 5 % aller Arzneistoffe metabolisiert, über CYP2C9 und 2C19 ca. 20 %, über CYP2D6 ca. 25 % und über CYP3A4 werden 50 % aller Arzneistoffe metabolisiert.

Über den Granatapfel

Der Granatapfel oder Grenadine (Punica granatum) ist eine Laubbaumart, deren rote Scheinfrucht als Obst gegessen wird. Die Heimat des Granatapfels liegt in West- bis Mittelasien; heute wird er u.a. im Mittelmeerraum angebaut. Er erreicht Wuchshöhen bis zu 15 Metern und kann einige hundert Jahre alt werden. Die Früchte werden in den Monaten September bis Dezember geerntet.

Der Granatapfel enthält größere Mengen Ellagsäure. Er ist reich an Kalium und enthält u.a. Vitamin C, Calcium und Eisen. Die antioxidative Potenz des Saftes gilt als beachtlich, zudem wurden ein schwach östrogener Effekt sowie antiinflammatorische Eigenschaften festgestellt.

Die Wurzel, die Rinde und die gekochte Schale wurden bis ins Mittelalter als Wurmmittel eingesetzt. Die Anwendung wird mit dem Gehalt an Alkaloiden, insbesondere an Pelletierin, in den genannten Pflanzenteilen erklärt. Wegen des Tanningehalts wurden Rinde, Blätter und unreife Früchte auch gegen Diarrhö und bei Hämorrhagie gegeben. Die Pflanze ist Gegenstand aktueller Forschung: Aus den letzten sieben Jahren gibt es in der Datenbank Medline siebenmal soviel Publikationen wie in allen weiteren Jahren zuvor [4].

Rundschreiben der BLAK 5/2006

Literatur

  • 1 Prostatakrebs: Granatapfel-Saft gegen Tumorzellen?.  www.netdoktor.at/nachrichten/?id=116799&date=2006-07-04
  • 2 Pantuck AJ, Leppert JT, Zomorodian N, Aronson W. et al. . Phase II study of pomegranate juice for men with rising prostate-specific antigen following surgery or radiation for prostate cancer.  Clin Cancer Res. 2006;  12 4018-4026
  • 3 Kim H, Yoon YJ, Shon JH, Cha IJ, Shin JG, Liu KH. Inhibitory effects of fruit juices on CYP3A activity.  Drug Metab Dispos. 2006;  34 521-523
  • 4 Lansky EP, Newman RA. Punica granatum (pomegranate) and its potential for prevention and treatment of inflammation and cancer.  J Ethnopharmacol. 2007;  109 177-206

Dr. W. Brodschelm
Dr. J. Schurz
Dr. T. Egger

Apotheke des Klinikums der Universität Würzburg

Josef-Schneider-Str. 2

97080 Würzburg

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