Balint Journal 2007; 8(3): 89-96
DOI: 10.1055/s-2007-981295
Original

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Erzählen, Wunsch und Weltbezug

The Comfort of Story Telling and the Claim of Fair-MindednessB. Boothe1
  • 1Universität Zürich, Abt. Klinische Psychologie
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Publication Date:
26 October 2007 (online)

Zusammenfassung

Menschen sind biologische Organismen und biografische Personen. Menschen sind naturgeschaffen, und sie erschaffen ihre Natur. Sie bedienen sich eines sprachlichen Informationssystems, und sie erschaffen sich selbst im Medium der Sprache als Erzähler von Geschichten. Erzähltes Leben vermittelt sich in Dramaturgien. Diese haben einen thematischen Brennpunkt und einen dynamischen Bewegungsradius. Erzählende stellen zu ihren Hörern eine Beziehung her, in der sie beide, Erzähler und Hörer, die narrativen Muster engagiert gestalten. Erzähldynamik und Psychodynamik sind im Wechselspiel.

Abstract

Human beings are biological organisms and biographical persons. Human beings are creatures, and they create themselves, They are informations seekers and story tellers. Narrated life is organized in a dramaturgical network. Dramaturgical networks are emplotted and anticipative. Narrators engage in a relationship with their communicative partners in which speaker and hearer give shape and form to the dramaturgical pattern. There is an ongoing interplay between narrative dynamics and psychodynamics.

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Prof. Dr. B. Boothe

Universität Zürich · Abt. Klinische Psychologie

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Schweiz

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