Zentralbl Chir 2007; 132(4): 265-266
DOI: 10.1055/s-2007-981252
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Leberchirurgie

Liver SurgeryT. Junginger1
  • 1Univ.-Klinik für Allgemein- u. Abdominalchirurgie, Mainz
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Publication Date:
27 August 2007 (online)

Verbesserungen der chirurgischen Technik, neue Möglichkeiten der systemischen Therapie sowie die Weiterentwicklung lokal destruierender Verfahren haben in den letzten Jahren die Behandlung von malignen Leber- und Gallengangstumoren geprägt. Einige ausgewählte Aspekte zur Therapie kolorektaler Lebermetastasen, des hepato-zellulären Karzinoms und des zentralen Gallengangskarzinoms sollen in diesem Heft dargestellt werden.

Bei Metastasen kolorektaler Karzinome eröffnet nur die vollständige Tumorresektion eine Heilungschance. Das Spektrum der chirurgischen Möglichkeiten hat sich erweitert: Die Kenntnis der Anatomie, die Möglichkeiten der präoperativen Operationsplanung, die Bestimmung der Funktion der Restleber sowie die präoperative Pfortaderembolisation erlauben auch in Grenzsituationen eine Resektion. Dennoch sind nur 20-30 % der Lebermetastasen kolorektaler Karzinome resektabel. Eine neoadjuvante Chemotherapie erlaubt bei weiteren 15-20 % der primär nicht resektablen Patienten nach Tumorverkleinerung eine R 0-Resektion mit einer nach Primärresektion vergleichbaren Prognose. Allerdings hat sich gezeigt, dass die verschiedenen chemotherapeutischen Schemata in unterschiedlichem Umfang zu Parenchymschädigungen führen, die das Risiko eines postoperativen Leberversagens zumindest bei nicht adäquater Restleberkapazität erhöhen können. Mit zunehmender Dauer der Chemotherapie erhöht sich das Risiko dieser Leberparenchymschäden weiter. Daraus ergibt sich, dass die Planung und Durchführung der Chemotherapie in enger interdisziplinärer Absprache unter Einbeziehung des Chirurgen erfolgen sollte. Eine Fortsetzung der Chemotherapie bis zum Verschwinden der Herde ist nicht sinnvoll. Verlaufsbeobachtungen haben gezeigt, dass sich in mehr als 70 % der mit bildgebenden Verfahren nicht mehr nachweisbaren Leberherde vitale Tumorzellen befinden. Auch unter diesem Aspekt sollte die neoadjuvante Chemotherapie nur so lange erfolgen, bis die Resektion möglich ist.

Auch bei Rezidivmetastasen kolorektaler Karzinome in der Leber ist die beste therapeutische Option die vollständige Resektion. Die interdisziplinäre Diskussion sollte mit der Überlegung zu einer erneuten Resektion beginnen - immerhin ist sie bei 20-30 % der auf die Leber beschränkten Rezidivmetastasen zu erwarten. Die relativ günstige Prognose bei Patienten nach Rezidivoperation ist im Wesentlichen bedingt durch die sich ergebende Selektion von Patienten mit günstigem Tumorverlauf.

Der Stellenwert der Radiofrequenztherapie (RFT) bei Metastasen kolorektaler Karzinome ist derzeit noch nicht endgültig beurteilbar. Durch die Vermeidung einer Operation ist sie für Patient und Nichtchirurgen attraktiv, sie ist jedoch nicht ohne Risiken und bislang im Langzeitergebnis der Operation nicht gleichwertig. Zur Zeit ist sie vertretbar bei wenigen, nicht resektablen Lebermetastasen. Die Kombination mit einer palliativen Chemotherapie könnte effektiver sein als die alleinige Chemotherapie - aussagekräftige Studien stehen aus.

Das hepato-zelluläre Karzinom (HCC) war noch vor 20 Jahren eine Erkrankung, die nahezu ausschließlich in Asien und südafrikanischen Ländern mit äußerst schlechter Prognose vorkam. Inzwischen hat das HCC auch in Amerika und Europa zugenommen. Es steht weltweit an fünfter Stelle der Krebstodesursachen. Zur Abgrenzung von einem Cholangiokarzinom liefern Anamnese und bildgebende Diagnostik Hinweise, entscheidend ist die pathohistologische Beurteilung, die trotz verfeinerter Methoden gelegentlich an Grenzen stößt. Therapeutische Optionen sind beim HCC die Resektion, die Lebertransplantation und lokale Verfahren wie die Äthanolinjektion, die Radiofrequenztherapie und die transarterielle Chemoembolisation (TACE). Der günstige Einfluss des letzteren Verfahrens auf die Prognose ist erwiesen. Umstritten ist die Indikation bei Pfortaderthrombose. Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass eine Pfortaderthrombose keine Kontraindikation mehr darstellt, sodass dieses Verfahren bei kleinen Lebertumoren (< 2 cm), bei Risikopatienten und als Verfahren bis zur Lebertransplantation („bridging”) Bedeutung besitzt.

Häufig sind die hepatozellulären Karzinome weit fortgeschritten und weder für eine Resektion, noch eine Transplantation oder ein lokal destruierendes Verfahren geeignet. Eine neoadjuvante Radiochemotherapie könnte eine interessante Option darstellen, um nach Tumorverkleinerung die Resektion zu ermöglichen. Die Hoffnung liegt auf der Entwicklung neuer medikamentöser Verfahren, die in den Zellzyklus, in die Bildung von Tumorgefäßen und das Erkennen von Tumorantigenen eingreifen. Experimentelle Untersuchungen liegen vor und es ist zu hoffen, dass diese Verfahren bald in der klinischen Praxis eingeführt werden können.

Das extrahepatische, zentrale Gallengangskarzinom stellt eine besondere chirurgische Herausforderung dar. Die beste Prognose ergibt sich nach einer vollständigen Tumorresektion mit einem Sicherheitsabstand von 5 mm mit Hemihepatektomie rechts bzw. links, Mitentfernung des Lobus caudatus und Lymphknotendissektion im Ligamentum hepato-duodenale. Diesem standardisierten Vorgehen steht die verbleibende Restfunktion der Leber gegenüber und auch hier kann u. U. eine Pfortaderembolisation indiziert sein. Trotz onkologisch adäquater Chirurgie beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate nur zwischen 15 und 30 %. Sie ist besser als nach anderen Verfahren, zeigt jedoch auch die derzeitige Grenze der chirurgischen Möglichkeiten auf.

Die chirurgische Therapie von Metastasen kolorektaler Karzinome, des hepatozellulären Karzinoms und des zentralen Gallengangskarzinoms ist in den letzten Jahren zunehmend standardisiert worden. Sie stellt eine wichtige, wenn auch nicht die einzige und für alle Situationen geeignete Option dar. Gleichzeitig haben sich neue chemotherapeutische und interventionelle Möglichkeiten etabliert und wie in vielen Bereichen der Viszeralmedizin kommt der interdisziplinären Kooperation eine entscheidende Bedeutung zu, um für den einzelnen Patienten das optimale Behandlungskonzept zu finden.

Prof. Dr. med. T. Junginger

Univ.-Klinik für Allgemein- u. Abdominalchirurgie

Langenbeckstraße 1

55101 Mainz

Email: sekretariat@ach.klinik.uni-mainz.de

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