Aktuelle Neurologie 2007; 34: S243-S244
DOI: 10.1055/s-2007-970790
Editorial
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Zonisamid - Ein interessantes Antiepileptikum zur Add-on-Therapie von Epilepsien mit fokalen Anfällen bei Erwachsenen

Zonisamide - An Interesting Antiepileptic Drug for Add-On Therapy of Epilepsies with Partial Seizures in AdultsG.  Krämer1
  • 1Schweizerisches Epilepsie-Zentrum, Zürich, Schweiz
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
04. März 2008 (online)

Seit Kurzem (in Deutschland und den anderen Ländern der Europäischen Union seit März 2005, in der Schweiz seit Oktober 2006) steht mit Zonisamid ein weiteres Antiepileptikum zur Zusatzbehandlung von Epilepsien mit fokalen Anfällen im Erwachsenenalter zur Verfügung. Seit Einführung von Vigabatrin 1991 ist Zonisamid der zehnte neue oder neuere Wirkstoff ([Tab. 1]) und gelegentlich werde ich gefragt, ob dies denn wirklich sinnvoll sei. Meine Antwort ist eindeutig ja!

Tab. 1 Einführung moderner Antiepileptika in Deutschland, Österreich und der Schweiz Wirkstoff (Handelsname) Deutschland Österreich Schweiz Vigabatrin (Sabril®) 1991 1991 1993 Lamotrigin (z. B. Lamictal®) 1993 1995 1995 Gabapentin (z. B. Neurontin®) 1995 1995 1995 Felbamat (Taloxa®) 1995 1996 1997 Tiagabin (Gabitril®) 1997 1997 1997 Topiramat (Topamax®) 1998 1998 1998 Oxcarbazepin (z. B. Trileptal®) 2000 1996 1996 Levetiracetam (Keppra®) 2000 2000 2000 Pregabalin (Lyrica®) 2004 2004 2005 Zonisamid (Zonegran®) 2005 2005 2006

Wie Sie alle wissen, waren nicht alle eingeführten neuen Antiepileptika dauerhaft erfolgreich. Vigabatrin und Felbamat wurden in ihren Indikationen aufgrund schwerer und teilweise irreversibler Nebenwirkungen stark eingeschränkt und andere Wirkstoffe haben entweder nie eine breite Anwendung gefunden oder der Schwerpunkt ihres Einsatzes liegt außerhalb der Epileptologie. Schon von daher bleiben von den bislang neun neuen Antiepileptika nur vier bis fünf übrig, die häufiger eingesetzt werden und damit im Alltag als Zusatzbehandlung oder - bei vorliegender Monotherapiezulassung - als Alternative zu den traditionellen Standard-Antiepileptika Carbamazepin (für fokale Anfälle) und Valproat (für primär generalisierte Anfälle) zur Verfügung stehen.

In den nachfolgenden Beiträgen werden Ihnen zunächst die Wirkmechanismen und pharmakologischen Grundlagen der Substanz (von Professor Dr. Bernhard J. Steinhoff vom Epilepsiezentrum Kork), die Pharmakokinetik und das Interaktionsprofil (von Professor Dr. Hermann Stefan vom Zentrum Epilepsie Erlangen) und die Ergebnisse der Zulassungsstudien (von Dr. Thomas Mayer vom Sächsischen Epilepsiezentrum Radeberg/Kleinwachau) vorgestellt. Danach berichtet Herr Professor Christian Elger von der Universitätsklinik für Epileptologie in Bonn in einem Interview zu seinen bisherigen Erfahrungen mit Zonisamid.

Schon heute kann festgehalten werden, dass es sich bei Zonisamid um ein gut wirksames und gut verträgliches neues Antiepileptikum handelt, für das auch unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Alternativen eindeutig ein Bedarf besteht. Ich bin mir sicher, dass es rasch seinen Platz in unserem pharmakotherapeutischen Behandlungsangebot finden wird. Nachdem Zonisamid in Japan schon seit 1989 und in den USA seit 2000 auf dem Markt ist und bereits Erfahrungen mit weit über zwei Millionen Patientenbehandlungsjahren vorliegen, ist auch die Gefahr gering, dass noch Überraschungen hinsichtlich der Langzeitverträglichkeit auftauchen. Sowohl die Zulassungsstudien als auch die Erfahrungen vieler Experten (auch am Schweizerischen Epilepsie-Zentrum in Zürich) sprechen dafür, dass Zonisamid eine nützliche Option für Patienten mit bislang therapierefraktären einfachen oder komplexen fokalen sowie sekundär generalisierten Anfällen ist.

Ich möchte Sie daher ausdrücklich ermutigen, Ihre eigenen Erfahrungen bei solchen Patienten zu sammeln. Ich persönlich beginne bei ambulanten Patienten häufiger mit einer abendlichen Einmaldosis von 25 mg, die ich nach ein bis zwei Wochen auf 2-mal 25 mg und dann entsprechend der üblichen Empfehlungen weiter auf bis zunächst 2-mal 100 mg steigere. Meist erforderliche weitere Dosiserhöhungen erfolgen in erster Linie in Abhängigkeit von der Wirksamkeit und Verträglichkeit, wobei aber auch die Frage enzyminduzierender Komedikationen (Barbiturate, Carbamazepin oder Phenytoin) zu berücksichtigen ist. Die bisherigen Erfahrungen mit Bestimmungen der Serumkonzentration sind noch nicht ausreichend, um einen verlässlichen sogenannten therapeutischen Bereich zu etablieren (derzeitiger orientierender Wert: 7 - 40 µg/ml). Nach Erreichen der Zieldosis kann die gesamte Tagesdosis gegebenenfalls auf einmal eingenommen werden, in der Regel belasse ich es aber bei einer Zweimalgabe.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass für Zonisamid noch keine ausreichenden Erfahrungen zur Teratogenität und einigen anderen Fragen im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft vorliegen. Von daher denken Sie auch bei Ihren Zonisamid-Patientinnen unbedingt an das Internationale Schwangerschaftsregister EURAP (http://www.eurap.de)!

Dr. med. Günter Krämer, Medizinischer Direktor

Schweizerisches Epilepsie-Zentrum

Bleulerstr. 60

8008 Zürich, Schweiz

eMail: g.kraemer@swissepi.ch

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