Radiologie up2date 2007; 7(4): 275-300
DOI: 10.1055/s-2007-966979
Kopf-/Hals-Radiologie

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Staging von Kopf-Hals-Tumoren mit bildgebenden Verfahren

(Teil I: T-Staging)Staging of head and neck cancer with imaging procedures (Part I: T-Staging)A.  Saleh, C.  Mathys, U.  Mödder
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Publication Date:
28 November 2007 (online)

Zusammenfassung

Das Staging maligner Tumoren dient hauptsächlich der stadiengerechten Auswahl einer angemessenen Therapie. Bei Kopf-Hals-Tumoren spielen neben der klinischen Untersuchung und Endoskopie dabei insbesondere die modernen Schnittbildverfahren eine entscheidende Rolle. Ein allgemeingültiges Bildgebungsprotokoll für das Staging aller Tumoren dieser Region kann es nicht geben, da die Fragestellungen und die anatomischen Herausforderungen je nach der Tumorlokalisation stark variieren. Dieser Artikel soll den Stellenwert der Schnittbilddiagnostik zum T-Staging maligner Kopf-Hals-Tumoren illustrieren und aufzeigen, wie die Therapieauswahl durch den radiologischen Befund gesteuert wird. Empfehlungen zur Durchführung der Untersuchung und zu wichtigen Details der Befundung können daraus abgeleitet werden.

Abstract

Staging of malignant tumours is predominantly adressed to facilitate selection of the appropriate treatment. Adjacent to physical examination and endoscopy, modern crossectional imaging plays a crucial role in the head and neck region. No general recommendation for an imaging protocol can be made for all tumours of this region, because the central imaging issue and the anatomy related challenges may change according to different locations. This article efforts to illustrate the value of crossectional imaging in T-staging of head and neck tumours and to highlight how treatment selection is influenced by radiological findings. Guidelines to perform and evaluate the examination are presented.

Kernaussagen

TNM-System

Die epithelialen Tumoren von Kopf und Hals werden nach dem TNM-System in Stadien eingeteilt. Das pathologische Staging (pTNM) dient dazu, adjuvante Therapiemaßnahmen auszuwählen, die endgültige Diagnose festzulegen und die Prognose einzuschätzen, das klinische Staging (cTNM) entscheidet meist über die Primärtherapie. Das prätherapeutische Staging ist darüber hinaus auch für die Operationsplanung und das Aufklärungsgespräch wichtig.

T-Staging des Pharynx

Anatomie. Anatomisch wird der Pharynx in Naso-, Oro- und Hypopharynx eingeteilt, der Hypopharynx zusätzlich in Recessus piriformis, Hinterwand und Postkrikoidgegend. In der Tiefe reicht der Pharynx bis zur mittleren Schicht der Halsfaszie. Die relevanten anatomischen Räume, die im Befund beschrieben werden sollten, sind der parapharyngeale Raum, das Spatium masticatorium, die Parotis- und die Karotisloge sowie der retropharyngeale Raum.

Nasopharynx. Standardtherapie des Nasopharynxkarzinoms ist die Bestrahlung der Primärtumorregion und der Lymphabflusswege. Mit der Bildgebung muss der Tumor daher prätherapeutisch möglichst genau abgegrenzt werden. Insgesamt ist die MRT der CT dabei überlegen (native und axiale, kontrastmittelverstärkte, fettgesättigte T1w Untersuchung). Das Ansprechen des Tumors auf die Therapie wird am besten mit der [18F]FDG-PET kontrolliert.

Oropharynx und Mundhöhle. Als Standardtherapie für Karzinome des Oropharynx und der Mundhöhle gilt die Resektion. In der Bildgebung hat die MRT eine im Vergleich zur CT um 90 % höhere Sensitivität bei einer akzeptablen Spezifität von rund 60 %. Mit der CT ist die Knochenerosion der Mandibula und der Maxilla bei Mundbodenkarzinomen gut zu erkennen.

Hypopharynx. Für die Bildgebung spielt die Empfindlichkeit des Untersuchungsverfahrens gegenüber Bewegungsartefakten (Schlucken, Husten, Atmung) eine wichtige Rolle. Daher ziehen viele Kliniken beim Staging die kontrastmittelverstärkte helikale CT trotz des geringeren Weichgewebekontrasts der MRT vor. Aufnahmen in Ruheatmung zeigen die höchste Treffgenauigkeit bei der Tumorerkennung, allerdings sind je nach Tumor durch i-Phonation oder modifiziertes Valsalva-Manöver zusätzliche Informationen zu gewinnen.

T-Staging des Larynx

Anatomie. Durch 2 horizontale Ebenen wird der Larynx in die Bezirke Supraglottis, Glottis (Stimmlippen, vordere Kommissur, hintere Kommissur) und Subglottis (suprahyoidale, infrahyoidale Epiglottis, aryepiglottische Falte, Arytenoidgegend, Taschenfalten) geteilt. Von Bedeutung sind außerdem der prä- und der paraglottische Raum. Tumoren, die gleichzeitig Supraglottis und Glottis befallen, werden auch transglottische Tumoren genannt.

Tumoren. Die frühere primär operative Behandlung weicht mehr und mehr einer Kombinationstherapie, abhängig von der Ausdehnung des Primärtumors und vom Lymphknotenstatus. In der CT sind Larynxkarzinome moderat Kontrastmittel anreichernde Läsionen mit infiltrativem oder exophytischem Wachstum. Von besonderer Bedeutung ist die Erkennung einer Knorpelinfiltration (höheres Tumorstadium, häufig Kontraindikation für die larynxerhaltende Therapie). Die MRT wird teilweise ergänzend eingesetzt, die PET kann besser zwischen Bestrahlungsfolgen, postoperativen Narben und Rezidivtumoren unterscheiden und die PET-CT gewinnt zunehmend an Bedeutung.

T-Staging der großen Speicheldrüsen

Große Speicheldrüsen sind die Gl. sublingualis (superomedial des M. mylohyoideus im oralen Zungenabschnitt), Gl. submandibularis (um den dorsalen Rand des M. mylohyoideus) und die Gl. parotis (anterior und inferior des Meatus acusticus externus). Unklare Speicheldrüsenschwellungen werden zunächst sonographisch abgeklärt, bei zweifelhaften Befunden ist eine MRT indiziert. Ein eventuelles perineurales Tumorwachstum entlang des N. facialis ist am besten in der fettgesättigten kontrastmittelverstärkten T1w Sequenz zu sehen. Bei der Gl. parotis ist differenzialdiagnostisch auch an einen metastatischen Lymphknotenbefall sowie an maligne Lymphome zu denken. Eine sichere Unterscheidung zwischen benignen und malignen Läsionen der Speicheldrüsen ist bildgebend derzeit nicht möglich, sodass eine Feinnadelbiopsie sinnvoll ist.

T-Staging der Nasen- und Nasennebenhöhlen

CT und MRT können sich durch die unterschiedlich gute Darstellung verschiedener Tumormerkmale sinnvoll ergänzen: Mit der CT kann die knöcherne Begrenzung der Nasennebenhöhlen und der Schädelbasis, mit der MRT die Tumorausdehnung besser erfasst werden. Die Orbitainvasion kann besser mit der CT, die Frage nach einer Tumorinvasion von Dura, Pia und Hirnparenchym besser mit der MRT beurteilt werden. In den Nachuntersuchungen zur frühzeitigen Erkennung von Rezidivtumoren ergänzen die Schnittbildverfahren die klinische Untersuchung. Allerdings sind die PET und insbesondere die PET-CT dabei der CT und MRT deutlich überlegen.

Priv.-Doz. Dr. med. Andreas Saleh

Institut für Diagnostische Radiologie
Universitätsklinikum Düsseldorf

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