Akute Psychosen sind nicht nur extrem belastend für den Betroffenen und seine Angehörigen,
sondern auch für den behandelnden Arzt. Er muss in kürzester Zeit entscheiden, was
in der jeweiligen Situation am günstigsten ist, welche Diagnose gestellt werden kann.
Er muss die entsprechende Medikation auswählen, den Patienten beruhigen, ihn zur Mitarbeit
motivieren und jegliche Eskalation der Situation vermeiden.
Erschwerend kommt hinzu, dass bereits in dieser Phase die Weichen für den langfristigen
Therapieerfolg gestellt werden. Der Erstkontakt und die medikamentöse Einstellung
bestimmen den weiteren Verlauf der Erkrankung und damit auch den langfristigen Therapieerfolg.
Wirksamkeit ohne Sedierung
Wirksamkeit ohne Sedierung
"Wir brauchen eine schnell einsetzende Wirkung, die effektiv ist, aber möglichst keine
Nebenwirkungen hat. Das gewählte Medikament sollte den Patienten rasch beruhigen,
ohne ihn zu sedieren", forderte Prof. Fernando Cañas, Madrid (Spanien), auf einem
Satellitensymposium im Rahmen des 19th European College of Neuropsychopharmacology in Paris [1].
Eine Sedierung kann die genaue Diagnosestellung beeinträchtigen, z.B. Negativsymptomatik
oder kognitive Defizite vortäuschen. Außerdem kann sie die therapeutische Zusammenarbeit
mit dem Patienten gefährden. Viele Patienten lehnen eine Sedierung von sich aus ab.
Diese ist auch mit den heutigen Therapieempfehlungen nicht mehr vereinbar. Beruhigung
statt Sedierung ist offensichtlich der besser geeignete Weg, schlussfolgerte Cañas.
Sollte tatsächlich eine zusätzliche Sedierung erforderlich sein, z.B. zur Nacht, kann
dies im Bedarfsfall durch die Gabe von Benzodiazepinen erzielt werden, erklärte Cañas.
Die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Aripiprazol (Abilify®), dem zuletzt eingeführten
atypischen Neuroleptikum, konnten bereits in zahlreichen kontrollierten Studien nachgewiesen
werden. Dabei zeigte sich eine vergleichbare Wirkung mit Haloperidol (10 mg/d) oder
Risperidon (6 mg/d) [2], [3], ohne dass eine starke Sedierung unter Aripiprazol zu erwarten ist. Aripiprazol
zeichnet sich durch einen speziellen Wirkmechanismus aus, der das Ungleichgewicht
des Dopaminsystems bei schizophrenen Erkrankungen verbessert.
Wirksamkeit bleibt langfristig erhalten
Wirksamkeit bleibt langfristig erhalten
Die Wirksamkeit von Aripirazol bleibt auch langfristig erhalten. In den Langzeitstudien
verbesserte sich die Symptomatik akut erkrankter Patienten (n = 1294) unter Aripiprazol
(30 mg/d) im Verlauf von 52 Wochen mindestens genau so effektiv wie unter Haloperidol
(10 mg/d) [2]. Der Unterschied war hinsichtlich der Negativsymptomatik und der Depressivität,
die anhand der PANSS-Negativskala und Montgomery Åsberg Depression Rating Scale (MADRS)
bestimmt wurden, unter Aripiprazol signifikant besser als unter Haloperidol. Dies
galt ebenfalls in Betracht auf extrapyramidal-motorische Störungen und Abbruchrate.
Nach einer randomisierten, plazebokontrolllierten Ein-Jahres-Studie von Pigott et
al. mit über 300 Patienten erleiden unter Aripiprazol (15 mg/Tag oral) innerhalb von
26 Wochen nur 34 % einen Rückfall, unter Plazebo dagegen 57 % [4].
Wirksamkeit und Compliance
Wirksamkeit und Compliance
Ein Hauptproblem der Behandlung ist jedoch die Compliance, wie Dr. Pierre Thomas,
Lille (Frankreich), diskutierte. Ist die Akutphase abgeklungen, gewinnen für den Betroffenen
andere Faktoren wie körperliche Gesundheit, motorische Beeinträchtigungen, Sedierung,
sexuelle Dysfunktionen, Gewichtsveränderungen oder Stoffwechselstörungen an Bedeutung.
Ist es für den Patienten zunächst am wichtigsten, möglichst rasch aus dem Krankenhaus
wieder entlassen zu werden, stehen langfristig für ihn sein Selbstwertgefühl und seine
soziale Integration im Mittelpunkt. Die Behandlungsziele von Patienten, Therapeuten
und Angehörigen variieren dabei erheblich. Voraussetzung für eine gute Zusammenarbeit
ist daher ein vertrauensvolles Arzt-Patienten-Verhältnis, wobei die Angehörigen in
die Therapieentscheidungen möglichst mit einbezogen werden sollten.
Verträglichkeit
Verträglichkeit
Aber auch Wirksamkeit und Nebenwirkungen der eingesetzten Medikamente sind entscheidend.
Beispielsweise können Sedierung oder kognitive Beeinträchtigungen die Krankheitseinsicht
erschweren oder zum "Vergessen" der Tabletteneinnahme führen. Nach den bisherigen
Daten brechen etwa 50 % bis 70 % der Patienten ihre Behandlung ab, oft bereits kurze
Zeit nach ihrer Entlassung aus der Klinik. Moderne Antipsychotika wie Aripiprazol,
das sich durch ein gutes Nutzen/Risiko-Profil auszeichnet, führen möglicherweise zu
einer besseren Compliance.
Aus diesem Grund untersuchte die so genannte STAR-Studie (The Schizophrenia Trial
of Aripiprazole) in einem naturalistischen Setting Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit
von Aripiprazol in der ambulanten Langzeitbehandlung im Vergleich zu einer Standardbehandlung
(Olanzapin, Risperidon oder Quetiapin). Die insgesamt 555 ambulant behandelten schizophren-erkrankten
Patienten hatten in der Vorgeschichte ihre vorherige Medikation nicht vertragen oder
mussten aufgrund fehlender Wirksamkeit umgestellt werden. Nonresponder auf Antipsychotika
waren ausgeschlossen (d.h. die Patienten mussten in ihrer Vorgeschichte bereits positiv
auf ein Antipsychotikum außer Clozapin angesprochen haben). Die Patienten wurden 1:1
randomisiert dann entweder auf Aripiprazol (10 bis 30 mg/d, n = 266) oder je nach
ihrer Vorgeschichte auf 5 bis 20 mg/d Olanzapin (n = 71), 100 bis 800 mg/d Quetiapin
(n 108) oder 2 bis 8 mg/d Risperidon (n = 75) eingestellt.
Die behandelnden Ärzte bewerteten die jeweilige Medikation anhand des Investigators
Assessment Questionnaire (IAQ), der Positiv- und Negativsymptome sowie Nebenwirkungen
wie Somnolenz, Gewichtszunahme, Erhöhung der Prolaktinspiegel, Akathisie, extrapyramidal-motorische
Symptome, kognitive Beeinträchtigungen, Energieverlust und Stimmung.
Weitere Parameter waren das Vorhandensein eines Metabolischen Syndroms und das Lipidprofil
(HDL und LDL). Außerdem kommentierten die Ärzte den Gesamteindruck ihrer Patienten
(CGI, Clinical Global Impressions-Improvement) und wie sie die neue Medikation im
Vergleich zur vorherigen beurteilten [5].
Relevante Verbesserungen unter Aripiprazol
Relevante Verbesserungen unter Aripiprazol
Nach 26 Wochen bewerteten die behandelnden Ärzte die Aripiprazolgruppe nach dem IAQ-Score
als signifikant besser als die Patienten unter der Standardtherapie (Abb. [1]). Dieses Ergebnis zeigte sich auch im klinischen Gesamteindruck CGI (Abb. [2]). Der Anteil der Patienten, die sich durch die Umstellung "sehr viel verbessert"
bzw. "viel verbessert" hatten, lag in der Aripiprazolgruppe signifikant höher als
in der Standardgruppe (44 % vs. 34 %). Die Patienten in der Aripiprazolgruppe hatten
in den 26 Wochen durchschnittlich 1,3 kg an Gewicht verloren, während die Standardtherapiegruppe
rund zwei Kilo zunahm.
Abb. 1 Besseres Outcome unter Aripiprazol
Abb. 2 Besserer klinischer Gesamteindruck
LDL, Triglyzeride und Gesamtcholesterin nahmen unter Aripiprazol signifikant ab im
Vergleich zur Standardgruppe.
Kardiovaskuläres Risiko berücksichtigen
Kardiovaskuläres Risiko berücksichtigen
Ungesunde Ernährung, Rauchen, Alkohol, mangelnde Bewegung, geringe Gesundheitsvorsorge,
aber auch Psychopharmaka, die zu Gewichts- und Lipidanstiegen führen, tragen zu einem
im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung etwa zwei- bis dreifachem Mortalitätsrisiko
bei. Bei der Therapieentscheidung sollten daher diese Risikofaktoren verstärkt beachtet
werden. Darüber hinaus wird auch die Lebensqualität der Patienten durch Gewichtszunahme
stark beeinträchtigt, betonte Prof. Andrea Fagiolini, Pittsburgh (USA) (Abb. [3]).
Abb. 3 Lebensqualität nimmt zu
Nach den bisher vorliegenden Studien ist unter Aripiprazol keine klinisch relevante
Gewichtszunahme zu erwarten.
KW
Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung von Bristol-Myers-Squibb und
Otsuka Pharma GmbH.