Notfall & Hausarztmedizin 2007; 33(1): 46
DOI: 10.1055/s-2007-965852
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Fortschritte in der Hepatitis-C-Therapie - Hohe Heilungsraten durch individuelle Therapiestrategien

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Publication Date:
07 March 2007 (online)

 
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Eine chronische Infektion muss nicht erst in eine Leberzirrhose übergehen, um bei Hepatitis-C-Patienten weitere Komplikationen als eine Lebererkrankung auszulösen. So kommen extrahepatische Manifestationen wie begleitende Nieren-, Schilddrüsen- oder Gelenkerkrankungen bei chronischer Hepatitis C ebenso regelmäßig vor wie eine Vaskulitis oder psychiatrische Erkrankungen wie Depressionen.

Anlässlich der Gründung der Deutschen Leberstiftung betonte Prof. Stefan Zeuzem, Frankfurt/Main, dass bei keiner chronischen Erkrankung in den letzten zehn Jahren solche Fortschritte erzielt wurden wie bei der Hepatitis C - und vor allem: eine so hohe Heilungsrate [6]. Ein Trend in der Hepatitis-C-Therapie heute ist die Optimierung der Behandlungskonzepte mit pegyliertem Interferon und Ribavirin. In Zukunft werden auch neue Substanzen zur Verfügung stehen, die in Kombination eingesetzt werden: Auf dem 57. Kongress der "American Association for the Study of Liver Diseases" (AASLD) wurden dazu innovative Strategien präsentiert.

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Multicenterstudie ergab: Superresponder trotz Genotyp 1

Eine Multicenterstudie [1] zur Therapieverkürzung bei den schwieriger zu behandelnden Genotypen 1 oder 4 stellte Prof. Peter Ferenci, Wien, vor. Diese untersuchte das Vorgehen bei einem besonders schnellen Ansprechen auf die Therapie mit Peginterferon alfa-2a und Ribavirin. Von einer "Superresponse" spricht man, wenn nach vier Wochen einer Kombinationstherapie mit 180 µg pegyliertem Interferon alfa-2a (Pegasys®) und 1000/1200 mg Ribavirin (Copegus®) keine Viren mehr nachweisbar sind. 373 Patienten mit HCV-Genotyp 1 oder 4 wurden über 48 oder 72 Wochen behandelt. Anhand der Viruslastbestimmung zeigten sich nach der vierten Therapiewoche die "Superresponder", die dann für 20 weitere Wochen behandelt wurden. Patienten, die erst in Woche 12 eine negative Viruslast (EVR = early virological response) erreichten, wurden für insgesamt 48 oder 72 Wochen weiterbehandelt. Dabei zeigten die Daten bei 87% der Superresponder einen anhaltenden Therapieerfolg (sustainend virological response, SVR). Bei den Patienten mit einer EVR lag die SVR-Rate unter der 48-wöchigen Therapie bei 56%, nach 72 Wochen Therapie hielt der Therapieerfolg immerhin noch bei 43% der Patienten an.

"Diese Ergebnisse zeigen, dass wir innerhalb eines Monats nach Behandlungsbeginn mit dieser Therapie einigen unserer Patienten die hervorragende Nachricht geben können, dass sie höchstwahrscheinlich geheilt werden", sagte Prof. Peter Ferenci, Wien. "Außerdem könnten diese Ergebnisse die zukünftige Behandlungsweise von Patienten ändern", betonte er (Abb. [1]).

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Abb. 1 SVR bei Patienten mit RVR (HCV RNA < 50 IU/mL in Woche 4) nach 24 Therapiewochen (Gruppe D)

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Genotyp 2/3: richtige Dosierung fördert anhaltenden Therapieerfolg

Studien zu einer möglichen Therapieverkürzung beim Genotyp 2/3 oder zur Dosierung von Ribavirin haben gezeigt, dass sich bei diesen Patienten die Standardtherapie nach wie vor bewährt. Eine Therapieverkürzung bei den Typen 2 oder 3 geht nicht nur mit einer erhöhten Relapserate einher, wie die ACCELERATE-Studie bereits zeigen konnte. Auch die Exposition gegenüber den Medikamenten spielt eine große Rolle, ganz besonders die kumulative Dosis von Ribavirin: Eine deutsche Studie untersuchte die limitierte Ribavirin-Gabe bei 226 therapienaiven Genotyp-2/3-Patienten. Dabei zeigte sich eine signifikant höhere Relapserate bei kürzerer Ribavirin-Exposition. Außerdem hat Ribavirin für das Erreichen einer negativen Viruslast (rapid virological response, RVR) in der vierten Therapiewoche eine offenbar große Bedeutung. Ganz aktuell publizierte Daten belegen außerdem die Wichtigkeit von Ribavirin für das Erreichen einer SVR: Wurde aufgrund einer Dosisreduktion oder durch Auslassen weniger Ribavirin eingenommen, reduzierten sich die Chancen auf einen anhaltenden Therapieerfolg. Ein wesentlicher Grund, Patienten auf die Bedeutung der Therapieadhärenz aufmerksam zu machen.

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Neue Ansätze in der Hepatitis-C-Therapie

Die Gabe von direkt antiviral wirksamen Substanzen wie Polymerase-Inhibitoren ist ein vielversprechender Ansatz in der HCV-Therapie. Eine dieser neuen Substanzen ist der orale Polymerasehemmer R1626 (Roche Pharma), der derzeit die größte Reduktion der Hepatitis C-Viruslast innerhalb dieser Substanzklasse aufweist, auch bei Infektionen mit dem Genotyp 1. In einer randomisierten Phase I-Studie erhielten 47 HCV-Patienten mit Genotyp 1 zweimal täglich das oral einzunehmende R1626 oder Placebo. Die Auswertung zeigte eine klinisch signifikante Reduktion der Viruslast von 1,2 beziehungsweise 2,6 und 3,7 log-Stufen mit R1626 in den Dosen 1500 mg beziehungsweise 3000 mg und 4500 mg. Die Verträglichkeit des Polymerase-Inhibitors war in allen Dosierungen gut, kein Patient brach die Studie vorzeitig ab. Um die Resistenzbildung unter einem solchen Polymeraseinhibitor zu vermeiden, bietet sich die Kombination mit einem lang wirksamen Interferon wie Peginterferon alfa-2a an, was derzeit in einer Phase II-Studie untersucht wird.

Simone Widhalm, Düsseldorf

Mit freundlicher Unterstützung der Roche Pharma AG.

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Literatur

  • 01 Ferenci P . et al . AASLD 2006, Abstract 390. 
  • 02 Kallinowski B . AASLD 2006, Abstract 1137. 
  • 03 Reddy KR . et al . Clin Gastroenterol Hepatol. 27.12.2006 [Epub ahead of print]. 
  • 04 Roberts S . Cooksley G . AASLD 2006, Abstract LB 2. 
  • 05 Shiffmann M . et al . AASLD 2006, Abstract 342. 
  • 06 Zeuzem S . Pressekonferenz anlässlich der Gründung der deutschen Leberstiftung, Frankfurt/Main 20.11.2006. 
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Literatur

  • 01 Ferenci P . et al . AASLD 2006, Abstract 390. 
  • 02 Kallinowski B . AASLD 2006, Abstract 1137. 
  • 03 Reddy KR . et al . Clin Gastroenterol Hepatol. 27.12.2006 [Epub ahead of print]. 
  • 04 Roberts S . Cooksley G . AASLD 2006, Abstract LB 2. 
  • 05 Shiffmann M . et al . AASLD 2006, Abstract 342. 
  • 06 Zeuzem S . Pressekonferenz anlässlich der Gründung der deutschen Leberstiftung, Frankfurt/Main 20.11.2006. 
 
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Abb. 1 SVR bei Patienten mit RVR (HCV RNA < 50 IU/mL in Woche 4) nach 24 Therapiewochen (Gruppe D)