Rofo 2007; 179(1): 4-5
DOI: 10.1055/s-2007-965835
Bildessay
88. Röntgenkongress
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Medizin und Kunst - Brücke zwischen zwei Welten

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Publication Date:
25 January 2007 (online)

 
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    Auf Einladung von Kongresspräsident Prof. Mödder präsentiert sich die Thieme-Verlagsgruppe auf dem 88. Deutschen Röntgenkongress im Mai 2007 in Berlin mit zwei eigens dafür konzipierten Kunstprojekten. Im Interview erzählt der Radiologe über das Verhältnis von Medizin und Kunst und wie die Idee zu dem Projekt entstand.

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    Prof. Ulrich Mödder, Düsseldorf

    "Für den Radiologen und den Maler steht das Bild im Vordergrund"

    Was verbindet für Sie Medizin und bildende Kunst und welchen besonderen Bezug sehen Sie speziell zur Radiologie?

    Medizin und bildende Kunst berühren sich auf mehreren Ebenen. Vor allem der Radiologe geht als Arzt täglich mit einer Flut von medizinischen Bildern um. Er analysiert sie nach medizinischen Gesichtspunkten und stellt anhand der Bilddaten Diagnosen für eine Vielzahl von Erkrankungen. Bilder auszuwerten stellt die Grundlage seiner beruflichen Existenz dar. Für den Radiologen und den Maler steht also gleichermaßen das Bild im Mittelpunkt. In der Kunst eröffnet es jedoch ganz andere Bezüge, stellt andere Fragen, weckt neue Assoziationen. Es fordert keine regelhafte oder leitlinien-konforme Betrachtung, sondern regt eine persönliche und individuelle Bewertung an. Das radiologische Bild bedarf der erklärenden Worte und des bewertenden Urteils. Und auch moderne Kunstwerke erschließen sich häufig erst durch Interpretation und Erläuterung.

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    Worum geht es Ihnen bei dem gemeinsamen Kunstprojekt zwischen Ihnen und Thieme für den Radiologenkongress?

    Ausgangspunkt war für mich, dass im Georg Thieme Verlag die Radiologie - als die medizinische Wissenschaft, in der das Bild im Mittelpunkt steht aditionell große Bedeutung hat. Zudem weiß ich um die langjährige Beziehung der Verlegerfamilie Hauff zur bildenden Kunst. Ich ahnte, dass es auch für den Verlag eine reizvolle Herausforderung sein müsste, bildgebende Verfahren und bildende Kunst in Beziehung zu setzen.

    Was ist für den 88. Deutschen Röntgenkongress zum Thema Kunst konkret geplant?

    In seinem Festvortrag "Die Medizin im Spiegel der zeitgenössischen Kunst" zur Eröffnung des Kongresses widmet sich der Anästhesist Professor Scherer dem Themenkomplex. Der Berliner Künstler Thomas Locher präsentiert in der Empfangshalle der Messe zwei großformatige Bilder, die er eigens zum Thema "Kunst und Medizin" entworfen und für den Kongress konzipiert hat. Darüber hinaus wird eine Ruhezone entstehen, die zum Sehen und Betrachten einlädt: Die Thieme Verlagsgruppe zeigt hier Werke aus ihrer Netter Art Collection. Diese Ausstellung soll auf ganz eigene Weise zur Reflexion anregen. Sie ist als Gegenpol zur gelegentlich hektischen Atmosphäre der Industrieausstellung gedacht.

    Welche Reaktionen erwarten Sie, was möchten Sie bewirken?

    Ich erwarte nicht, eher hoffe ich, dass durch Einbeziehung der "bildgebenden Kunst" in den Kongress neben wissenschaftlichen, ökonomischen und berufspolitischen Aspekten eine weitere Dimension der "conditio humanae" eröffnet wird: Es besteht die Chance, dass sich Kongressteilnehmer angesprochen fühlen, Neugier geweckt wird und bleibende positive Erinnerungen zum Wiederkommen einladen.

    Welche Rolle spielt für Sie Thieme in Bezug auf Kunst?

    Thieme hat Neuland betreten und sich im Grenzbereich zwischen Kunst und Medizin engagiert. Der Verlag übernimmt eine Brückenfunktion in der Verknüpfung zweier Welten der medizinischen Wissenschaft und der bildenden Kunst. Das Unternehmen hat aber auch das finanzielle Fundament für diese Aktion gelegt und sich so als Kunstmäzen und Förderer des Deutschen Röntgenkongresses erwiesen.

    Viele Ärzte interessieren sich für bildende Kunst. Welche Vorlieben haben Sie?

    Wenn Formen und Strukturen, Farbkompositionen und Atmosphäre eines Bildes mich ansprechen, wenn sie möglicherweise eigenen, inneren Bildern entsprechen, interessieren sie mich. Dies kann bei klassischer Moderne, französischen Impressionisten aber auch Surrealisten und zeitgenössischen Künstlern der Fall sein.

    Gegenwartskunst stößt mitunter auf Unverständnis, übt aber zugleich Faszination aus, indem sie Rätsel aufgibt. Was macht moderne Kunst für Sie aus?

    Kunst hat schon immer verschiedenste Funktionen und Aufgaben wahrgenommen. Das Überschreiten alltäglicher Seh-Erfahrungen und das Eröffnen neuer Seh-Erlebnisse gehört sicherlich dazu. Daneben aber auch: wachrütteln, provozieren, Grenzen überschreiten, deuten und belehren und nicht zuletzt auch: sich befreien.

    Vielen Dank für dieses Gespräch

     
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    Prof. Ulrich Mödder, Düsseldorf

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