Einleitung
Einleitung
Die proximale Humerusfraktur ist eine häufige Verletzung des alten Menschen und gehört
neben Wirbelsäulenfrakturen und Frakturen des Handgelenkes und des coxalen Femurs
zu den häufigsten osteoporoseassoziierten Frakturen. Insbesondere in der Gruppe der
Patienten über 70 Jahren ist eine Häufigkeitszunahme zu beobachten [[16 ]]. Spezifische Probleme des Seniums sind Osteoporose, Einschränkungen der geistigen
Leistungsfähigkeit und senile Demenz. Mit proximalen Humerusnägeln und winkelstabilen
Platten haben sich neue Implantate etabliert, die den Forderungen nach geringer Invasivität
und hoher Stabilität gerecht werden. Sie erlauben auch bei osteoporotischem Knochen
eine stabile Frakturversorgung, die eine primär funktionelle Nachbehandlung zur raschen
Wiederherstellung der Schulterfunktion ermöglicht. Der Fähigkeit an der krankengymnastischen
Nachbehandlung effektiv teilzunehmen sowie der Motivation zu eigentätigen Übungen
und zum selbstständigen Einsatz der betroffenen Extremität ist ein Einfluss auf das
funktionelle Ergebnis zu unterstellen. Wir haben den Eindruck gewonnen, dass sich
die Nachbehandlung und die Funktionswiederherstellung insbesondere bei den Patienten
schwierig gestaltete, die in ihrer geistigen Leistungs- und Mitwirkungsfähigkeit sowie
Eigenmotivation durch eine Demenz unterschiedlicher Ausprägung eingeschränkt waren.
Bei der Durchsicht der Literatur fanden sich keine Studien zu funktionellen Resultaten
nach proximalen Humerusfrakturen in Abhängigkeit von der Kooperationsfähigkeit des
Patienten. Um diesem Aspekt unter Betrachtung eines Osteosyntheseverfahrens mit einem
einheitlichen Nachbehandlungskonzept genauer nachzugehen, haben wir die vorliegende
retrospektive Untersuchung durchgeführt.
Material und Methoden
Material und Methoden
Es handelt sich um eine retrospektive Studie (EBM-Level II), in die Patienten (n =
60) mit einem Alter oberhalb 69 Jahren eingeschlossen wurden, die aufgrund einer proximalen
Humerusfraktur operativ mittels proximalem Humerusnagel (PHN) versorgt worden waren.
Die Operation erfolgte bei allen Patienten innerhalb der ersten 24 Stunden nach Aufnahme
durch geschlossene Reposition und Stabilisierung mittels PHN (T2 Proximal Humeral
Nail, Fa. Stryker®). Am ersten postoperativen Tag wurde mit einer physiotherapeutisch
geführten Übungsbehandlung unter Einschluss passiver und aktiver Bewegungsübungen
begonnen; ansonsten war den Patienten der schmerzorientierte Einsatz des betroffenen
Armes erlaubt; auf eine Immobilisierung wurde verzichtet. Bei Entlassung wurde grundsätzlich
die Fortsetzung der Physiotherapie empfohlen. Ausgeschlossen wurden Patienten mit
begleitendem höhergradigen Schädel-Hirn-Trauma (II°/III°) und Begleitverletzungen
wie zum Beispiel ipsilateralen Rippenfrakturen, die relevanten Einfluss auf die Nachbehandlungsphase
nehmen können. Ausgeschlossen wurden weiterhin drei Patienten, bei denen Revisionseingriffe
(Reosteosynthese: 2, Implantation einer Oberarmkopfprothese: 1) notwendig geworden
waren. Wir untersuchten alle Patienten mit proximalen Oberarmfrakturen im Rahmen einer
weiteren laufenden Studie nach 6 Wochen, 6 und 12 Monaten klinisch und radiologisch
nach. Eingeschlossen wurden nur Patienten, bei denen diese Daten komplett verfügbar
waren. Zur klinischen Untersuchung gehört die Erhebung des funktionellen Status unter
Verwendung des Constant-Scores (max. 100 Punkte: Beweglichkeit - 40 P., Kraft - 25
P., Aktivitäten des täglichen Lebens - 20 P. und Schmerzen - 15 P.) [[2 ], [19 ]]. Da ein Teil der Patienten in der Anamnese verschiedene Vorschädigungen der Gegenseite
aufwies, wurde keine Auswertung anhand des seitenadaptierten Constant-Scores vorgenommen.
Durch das hohe Einschlussalter und ein in beiden Gruppen vergleichbares Durchschnittsalter
war der Vergleich beider Gruppen auch über den nicht alterskorrigierten Constant-Score
möglich. Die Ermittlung des Constant-Scores ist bei dementen Patienten nicht unproblematisch,
aber prinzipiell geeignet, da er Funktion und Aktivitäten des täglichen Lebens als
objektive Parameter stärker berücksichtigt als den Schmerz als subjektives Kriterium.
Subjektive Scores sind nur eingeschränkt vergleichbar, da sie aufgrund reduzierter
Ansprüche des alten Menschen gegenüber objektiven relativ besser ausfallen. Ebenso
ist der Versorgungssituation des Patienten (häuslich allein, häuslich mit Angehörigen,
Altenheim, Pflegeeinrichtung) eine Beeinflussung des subjektiven Resultates zu unterstellen.
Auf eine gesonderte Auswertung der radiologischen Ergebnisse haben wir aufgrund der
bekannten Diskrepanz zwischen radiologischem und klinischem Resultat verzichtet [[4 ], [13 ]].
Ein Problem bestand in der Differenzierung kooperationsfähiger und nicht-kooperationsfähiger
Patienten. Hierzu existieren weder Definitionen, Publikationen noch etablierte Scoringsysteme
in der unfallchirurgisch-orthopädischen Literatur. Da diese Untersuchung nicht als
prospektive Untersuchung angelegt war, war ein geriatrisches Assessment ärztlicherseits
nicht erhoben worden. Im Rahmen einer Voruntersuchung haben wir bereits auf zwei in
der Krankenpflege etablierte Scoresysteme (Barthel-Index, Norton-Skala) zurückgegriffen,
die in unserer Klinik im Pflegebereich regelhaft bei allen Patienten höheren Alters
direkt bei der stationären Aufnahme erhoben werden [[11 ], [14 ]]. Der Barthel-Index dient der Einschätzung der Selbstversorgungsfähigkeit des Patienten
über die Erfassung grundlegender Alltagsfunktionen. Er beinhaltet 10 Items, mit denen
als Maximum 100 Punkte als Ausdruck einer uneingeschränkten Eigenständigkeit erreicht
werden können: Essen, Aufsetzen und Umsetzen, Sich-Waschen, Toilettenbenutzung, Baden/Duschen,
Aufstehen und Gehen, Treppensteigen, An-/Auskleiden, Stuhlinkontinenz, Harninkontinenz.
Die Norton-Skala wird zur Erfassung des Dekubitus-Risikos eingesetzt und umfasst 9
Items, mit denen maximal 36 Punkte als Ausdruck eines minimalen Risikos erreichbar
sind. Bei 25 Punkten und weniger ist von einem relevanten Dekubitus-Risiko auszugehen;
in diesen Fällen wird eine Dekubitus-Prophylaxe geplant und durchgeführt. Folgende
Faktoren werden bewertet (1 - 4 Punkte): Bereitschaft zur Kooperation/Motivation,
Alter, Hautzustand, Zusatzerkrankungen, körperlicher Zustand, geistiger Zustand, Aktivität,
Beweglichkeit, Inkontinenz. Für unsere Fragestellung waren die Kriterien „Bereitschaft
zur Kooperation/Motivation“ und „geistiger Zustand“, mit denen maximal 8 Punkte zu
erreichen sind, von Bedeutung. Wir haben deshalb Patienten, die in der Norton-Skala
< 5 Punkte und (!) im Barthel-Index < 51 Punkte erreicht haben, als „nicht kooperationsfähig“
eingeordnet.
Zur statistischen Auswertung wurde der Wilcoxon-Mann-Whitney-U-Test zum Vergleich
der Ergebnisse beider Gruppen sowie der Wilcoxon-Singned-Ranks-Test zum Vergleich
der Resultate zu den drei Untersuchungszeitpunkten innerhalb der beiden Gruppen angewandt
(StatXact 5©, Cytel Software Corporation, Cambridge, MA, USA).
Ergebnisse
Ergebnisse
Eingeschlossen wurden 60 Patienten, die im Zeitraum von 7/2003 bis 6/2005 behandelt
worden waren. Das Durchschnittsalter lag bei 77,8 (70 - 93) Jahren. 43 Patienten (71,7
%) waren weiblichen und 17 (28,3 %) männlichen Geschlechts. Die rechte Seite war in
37 (61,7 %) und die linke in 23 Fällen (38,3 %) betroffen. Es handelte sich um 26
(43,3 %) 2-Fragment- und 43 (56,7 %) 3-Fragment-Frakturen nach Neer. An Begleitverletzungen
waren SHT I° (7) und ipsilaterale Radiusfrakturen (3) zu verzeichnen. Die stationäre
Verweildauer betrug im Mittel 10,2 (7 - 15) Tage (Tab. [1 ]).
Tab. 1 Datenübersicht der Gesamtgruppe (n = 60) sowie der Gruppe kooperativer (K-Gruppe,
n = 32) und nicht-kooperativer Patienten (NK-Gruppe, n = 28)
Gesamtheit (n = 60)
K-Gruppe (n = 32)
NK-Gruppe (n = 28)
Alter (Jahre)
77,8 (70 - 93)
76,3 (71 - 93)
78,2 (70 - 91)
Geschlecht
männlich
weiblich
17 (28,3 %)
43 (71,7 %)
10 (31,3 %)
22 (68,7 %)
7 (25,0 %)
21 (75,0 %)
Seite
rechts
links
37 (61,7 %)
23 (38,3 %)
18 (56,3 %)
14 (43,7 %)
19 (67,9 %)
9 (32,1 %)
Frakturtyp
2-Fragment
3-Fragment
26 (43,3 %)
34 (56,7 %)
14 (43,8 %)
18 (56,2 %)
12 (42,9 %)
16 (57,1 %)
Begleitverletzungen
SHT I°
Radiusfraktur
7 (11,7 %)
3 (5,0 %)
3 (9,4 %)
1 (3,1 %)
4 (14,3 %)
2 (7,1 %)
Barthel-Index (Punkte)
57,6 (23 - 100)
73,6 (51 - 100)
38,3 (23 - 50)
Norton-Skala (Punkte)
5,1 (2 - 8)
7,1 (5 - 8)
2,7 (2 - 4)
Verweildauer (Tage)
10,2 (7 - 15)
9,3 (7 - 13)
12,2 (9 - 15)
Constant-Score (Punkte) (Mittel, Range, SD)
6 Wochen
6 Monate
12 Monate
57,5 (45 - 68) ± 4,9
62,1 (47 - 74) ± 6,8
64,1 (49 - 76) ± 7,8
60,2 (54 - 68) ± 3,2
67,3 (59 - 74) ± 3,7
70,2 (62 - 76) ± 3,9
54,3 (45 - 62) ± 4,6
56,1 (47 - 64) ± 4,2
57,3 (49 - 64) ± 4,7
Kooperationsfähigkeit
Anhand der bei Patientenaufnahme erhobenen Daten des Barthel-Index und der Norton-Skala
wurden 32 Patienten (53,3 %) als kooperationsfähig und 28 (46,7 %) als nicht-kooperationsfähig
eingestuft. Die Mittelwerte dieser beiden Score-Systeme (Barthel/Norton) unterschieden
sich bei den kooperationsfähigen Patienten (73,6 [52 - 93]/7,1 [5 - 8]) und bei den
nicht-kooperationsfähigen Patienten (38,3 [21 - 50]/2,7 [2 - 4]) deutlich voneinander
(Tab. [1 ]). Auch wenn diese Differenzierung sich nur an der (unsererseits willkürlich festgelegten)
unteren und oberen Hälfte der Punkteskala orientierte, war anhand der Mittelwerte
eine deutliche Unterscheidung beider Gruppen in diesen Scores bei jedoch vergleichbarem
Durchschnittsalter erkennbar. Eine direkte Abhängigkeit zwischen dem mittleren Patientenalter
und dem Barthel-Index bzw. der Norton-Skala bestand interessanterweise in den beiden
Gruppen nicht. Keiner der Patienten, der in der Norton-Skala < 5 Punkte erreicht hatte,
wies im Barthel-Index mehr als 50 Punkte auf.
Gruppenmerkmale
Bezüglich Geschlecht, Seitenverteilung und Frakturtyp unterschieden sich kooperative
(K-Gruppe) und nicht-kooperative Patienten (NK-Gruppe) nicht wesentlich (Tab. [1 ]). Die stationäre Verweildauer war in der NK-Gruppe mit 12,2 (9 - 15) Tagen höher
als in der K-Gruppe mit 9,3 (7 - 13) Tagen. Das Durchschnittsalter der NK-Gruppe lag
mit 78,2 (70 - 91) Jahren nur unwesentlich höher als das der K-Gruppe mit 76,3 (71
- 93) Jahren. Interventionspflichtige Komplikationen traten bei den 60 Patienten nicht
auf; die Konsolidierung wurde bei allen Patienten erreicht. Eine Metallentfernung
wurde aufgrund implantatassoziierter Beschwerden bei insgesamt 6 Patienten innerhalb
der ersten 12 Monate postoperativ durchgeführt (3 × K-Gruppe, 3 × NK-Gruppe). Die
Patienten wurden mit sechs Ausnahmen (2 × K-Gruppe, 4 × NK-Gruppe), die vorübergehend
in eine Einrichtung zur Kurzzeitpflege verlegt wurden, in ihre gewohnte Umgebung (eigene
Wohnung, Seniorenwohnanlage, Altersheim) entlassen. Soweit dieses anhand von Angaben
der Patienten, Angehörigen und Hausärzte zu ermitteln war, erfolgte eine physiotherapeutische
Behandlung nach Entlassung in der K-Gruppe bei 17/32 (50,0 %) und in der NK-Gruppe
bei 12/28 (42,9 %) der Patienten über einen Zeitraum von 3 - 6 Wochen.
Funktionelle Resultate
Für die Zeitpunkte 6 Wochen, 6 und 12 Monate postoperativ ergaben sich für alle 60
Patienten folgende Werte (Mittelwert ± SD, Minimum - Maximum, SD = Standardabweichung):
57,5 ± 4,9 (45 - 68) - 62,1 ± 6,8 (47 - 74) - 64,1 ± 7,8 (49 - 76) (Tab. [1 ]). Diese zeigten das bekannte Phänomen, dass sich die Schulterfunktion nach proximalen
Humerusfrakturen über einen Zeitraum von 12 Monaten verbessern kann, bevor ein endgültiges
Resultat erreicht wird. Die Gegenüberstellung der beiden Gruppen ergab folgende Werte
(Abb. [1 ]):
Abb. 1 Constant-Score der kooperativen (Koop) und nicht-kooperativen Patienten (Nkoop) zu
den Nachuntersuchungszeitpunkten 6 Wochen, 6 und 12 Monate postoperativ.
K-Gruppe: 60,2 ± 3,2 (54 - 68) - 67,3 ± 3,7 (59 - 74) - 70,2 ± 3,9 (62 - 76) Punkte.
NK-Gruppe: 54,3 ± 4,6 (45 - 62) - 56,1 ± 4,2 (47 - 64) - 57,3 ± 4,7 (49 - 64) Punkte.
Die Resultate der beiden Gruppen unterschieden sich zu allen drei Zeitpunkten signifikant
(p < 0,0001) voneinander. Ebenso zeigte die statistische Auswertung, dass die Zunahme
der Score-Werte, mithin die funktionelle Verbesserung innerhalb der ersten 12 Monate
postoperativ in der K-Gruppe signifikant höher (p < 0,0001) als in der NK-Gruppe war.
Diskussion
Diskussion
Abgesehen von wenigen Hinweisen auf Probleme des Patienten im Senium wie Osteoporose,
Demenz und Compliance existieren keine gezielten Untersuchungen zu funktionellen Resultaten
operativ behandelter Oberarmkopffrakturen in Abhängigkeit vom Patientenalter [[13 ]]. Unter dem Begriff „Compliance“ werden Faktoren wie Demenzgrad, Kooperationsfähigkeit
und Motivation subsummiert. Obgleich es im Bereich der Neurologie und geriatrischen
Rehabilitation eine Reihe etablierter Testverfahren zur Evaluation der geistigen und
körperlichen Leistungsfähigkeit gibt, sind vergleichbare Assessments für die Einstufung
von Patienten nach diesen Kriterien in der traumatologisch-orthopädischen Literatur
nicht gebräuchlich. Ein deutlicher Einfluss von Alter und Demenzgrad auf die Einschränkung
der Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL = activities of daily living) ist nachgewiesen
[[1 ]]. Ebenso ist eine Abhängigkeit zwischen Alter und Komorbidität und dem postoperativen
Verlauf sowie funktionellen Resultaten nach proximalen Humerusfrakturen und hüftgelenknahen
Femurfrakturen nachgewiesen [[9 ], [12 ], [13 ], [15 ]]. Lill und Mitarb. [[10 ]] weisen auf den Einfluss von Alter, Osteoporosegrad und Compliance bei der Therapiewahl
in der Versorgung proximaler Humerusfrakturen hin. Auch für den älteren Patienten
wird, insofern der Kopferhalt möglich ist, die interne Osteosynthese vor dem Hintergrund
besserer funktioneller Resultate gegenüber der Humeruskopfprothese empfohlen [[6 ]]. Koukakis und Mitarb. [[9 ]] berichten über 1-Jahres-Resultate nach Einsatz einer winkelstabilen Platte bei
20 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 61,8 (31 - 85) Jahren und ermitteln
einen Constant-Score von 76,1 (30 - 100) Prozent (ohne Hinweis auf alters- oder seitenadaptierte
Score-Werte). Für die Patienten < 65 Jahre beträgt der Score 80,4 (30 - 100) Prozent,
während er unter den Patienten > 65 Jahre mit 72,7 (42 - 100) Prozent schlechter ausfällt.
Hente und Mitarb. [[5 ]] beobachten nach Versorgung von 3- und 4-Fragmentfrakturen bei 28 Patienten mittels
winkelstabiler Platte mit einer deutlichen Ausnahme (</> 55 Jahre) bei den Head-Split-Frakturen
ansonsten keinen signifikanten Einfluss des Patientenalters auf das funktionelle Resultat.
Das mittlere Alter ihrer Patienten liegt bei 60,7 (20 - 84) Jahre, der Constant-Score
beträgt nach durchschnittlich 16,5 Monaten 72 ± 10 (43 - 100) Punkte. Das relativ
niedrige Durchschnittsalter lässt einen hohen Anteil kooperationsfähiger Patienten
vermuten. Betrachtet man Untersuchungen zur Schulterfunktion nach Humeruskopffrakturen,
so ist das Durchschnittsalter der Patienten mit 52 - 64,2 Jahren meist deutlich niedriger
als in der eigenen Patientengruppe (77,8 Jahre) [3, 5, 8, 9, 17, 18]. Stedtfeld und
Mitarb. [18] berichten über 95 mittels proximalem Humerusnagel versorgte Frakturen.
Das mittlere Alter der männlichen Patienten liegt mit 61,9 Jahren deutlich unter dem
der weiblichen Patienten mit 72,6 Jahren. Die Ergebnisse dieser Arbeit berücksichtigen
aber im Weiteren diesen Altersunterschied nicht. Vergleicht man die Literaturangaben
zum Constant-Score 12 Monate postoperativ (Typ A - C nach AO, winkelstabile Platte,
proximaler Humerusnagel), so werden Werte von 62 - 85,7 Punkten angegeben [3, 5, 8,
9, 17, 18]. Vor dem Hintergrund eines um nahezu 15 Jahre höheren Durchschnittsalter
der eigenen Patienten ist das Ergebnis aller 60 Patienten 12 Monate postoperativ mit
64,1 Punkten schlechter, was die beschriebene Altersabhängigkeit funktioneller Resultate
nach proximaler Humerusfraktur unterstreicht [9, 15]. Die einzige Arbeit, die sich
speziell mit der Versorgung proximaler Oberarmbrüche bei älteren Patienten (> 60 Jahre)
beschäftigt, stellt Resultate nach Anwendung eines PHN vor [13]. Das Durchschnittsalter
der 39 Patienten liegt hier bei 81 (62 - 102) Jahren. Unter 41 Fakturen finden sich
16-mal 2-Segment-, 22-mal 3-Segment- und dreimal 4-Segmentfrakturen. Nach einem Nachuntersuchungsintervall
von 13 (7 - 21) Monaten beträgt der Constant-Score 57 ± 12 Punkte. Unter den acht
jüngeren Patienten (62 - 72 Jahre) wird mit 64 Punkten ein besseres Ergebnis ermittelt.
Diese Angaben entsprechen den eigenen und bestätigen nochmals die Altersabhängigkeit.
Die Autoren führen die schlechten Resultate unter den nachuntersuchten Patienten auf
einen Anteil von 50 % Patienten mit schlechter Compliance zurück, ohne dass für diese
Differenzierung Kriterien genannt werden. Der genannte Anteil unkooperativer Patienten
entspricht etwa dem Anteil von 46,7 % nicht-kooperationsfähiger unter den eigenen
Patienten. Diese Arbeit ist nach eigenen Recherchen die einzige, die über einen Einfluss
der Patienten-Compliance berichtet [[13 ]]. Aus unserer Sicht nicht sicher zu beurteilen ist der Einfluss der physiotherapeutischen
Nachbehandlung nach Entlassung. So finden sich in der Literatur Hinweise auf einen
eher negativen Einfluss der postoperativen Immobilisierung und die Bedeutung eines
individuellen Rehabilitationsprogramms mit rascher Mobilisierung der Schulter für
das funktionelle Resultat [[7 ], [17 ]]. Die Beobachtung, dass sich die Schulterfunktion auch nach Ablauf der ersten Monate
bei vielen Patienten noch weiter verbessert, obgleich die physiotherapeutische Behandlung
zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen ist, macht einen wesentlichen Einfluss zumindest
fraglich ([[3 ], [18 ]], eigene Ergebnisse).
Schlussfolgerung
Schlussfolgerung
Wir konnten nachweisen, dass sich die funktionellen Resultate proximaler Humerusfrakturen
nach Versorgung mittels PHN zwischen kooperationsfähigen und nicht-kooperationsfähigen
Patienten trotz eines vergleichbaren mittleren Alters beider Gruppen signifikant unterscheiden.
Der Aspekt der Kooperationsfähigkeit bzw. Compliance ist bislang in Untersuchungen
nicht oder nur unzureichend berücksichtigt worden. Vor dem Hintergrund unserer Ergebnisse
stellt sich die Frage, ob die in der Literatur beschriebene Altersabhängigkeit des
funktionellen Resultates unmittelbar durch das Patientenalter oder möglicherweise
indirekt durch die mit steigendem Alter abnehmende Kooperationsfähigkeit begründet
ist. Aufgrund des nachgewiesenen Einflusses dieses Parameters sollte die Patienten-Compliance
bei der Untersuchung funktioneller Ergebnisse proximaler Oberarmfrakturen im höheren
Lebensalter nicht unberücksichtigt bleiben. Hierzu wäre allerdings ein geeignetes
Assessment zur Differenzierung der Kooperationsfähigkeit zu fordern, um zukünftige
Studien auch unter diesem Aspekt vergleichbar zu machen.
Interessenkonflikt
Interessenkonflikt
Der korrespondierende Autor versichert, dass keine Verbindungen mit einer Firma, deren
Produkt in dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt,
bestehen.
Danksagung
Danksagung
Herrn Dr. P. Degens, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin,
BG-Klinik Bergmannsheil, Bochum) danke ich für die Unterstützung bei der statistischen
Auswertung.