Notfall & Hausarztmedizin 2007; 33(12): 596
DOI: 10.1055/s-2007-1022642
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bei akutem Koronarsyndrom, nach Schlaganfall und bei PAVK - Thrombozytenhemmung verhindert kardiovaskuläre Ereignisse

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Publication Date:
21 January 2008 (online)

 
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Auch wenn inzwischen bei vielen Patienten mit Atherosklerose die Errungenschaften der modernen antithrombotischen Therapie eingesetzt werden und Früchte tragen, noch sind nicht alle Betroffenen ausreichend versorgt. Besonders bedroht sind Patienten mit Manifestationen in mehreren Gefäßgebieten - und das waren vor zehn Jahren, so die Daten der CAPRIE[1]-Studie, immerhin etwa ein Viertel, genauer 26 %, der Betroffenen. Die neuen Daten des weltweiten REACH[2]-Registers schätzen den Anteil der Patienten mit polyvaskulärer Erkrankung auf 16 %.

Unter den deutschen Patienten im REACH-Register fand sich ein Anteil von 3,9 % mit einer Atherosklerose in allen drei wichtigen Gefäßgebieten, Patienten also, die neben einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) auch eine koronare Herzkrankheit (KHK) und gleichzeitig eine zerebrovaskuläre Erkrankung aufwiesen, führte Prof. Uwe Zeymer, Ludwigshafen, aus. Diese Gruppe war im deutschen Subkollektiv übrigens dreimal größer als im Gesamtkollektiv. Und das ist nicht zu unterschätzen, denn die Mortalität der Patienten nimmt mit der Zahl der Atherosklerosemanifestationen zu.

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Aktiv nach einer PAVK suchen

Eine besonders schlechte Prognose haben Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit - vor allem aufgrund ihrer hohen kardiovaskulären Ereignisrate. Diese betrug im REACH-Register fast 20 % pro Jahr. Daten des ACOS[3]-Registers zeigen, dass PAVK-Patienten auch nach einem akuten Koronarereignis schlechtere Karten haben als Patienten ohne peripheren Gefäßbefall (Abb. [1]).

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Abb. 1 Ereignisse bei KHK-Patienten nach stattgehabtem akuten Koronarsyndrom

Wenn man sucht, findet man bei 11 % aller KHK-Patienten auch eine Karotisstenose, bei 8-9 % eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (Knöchel-Arm-Index (ABI) < 0,9). Diese Zusatzerkrankungen sind allerdings bei der Hälfte der Männer und bei zwei Dritteln der Frauen gar nicht bekannt, warnte Zeymer. "Wir unterschätzen den Gefäßbefall", so der Kardiologe. Prof. Curt Diehm, Karlsbad, betonte ebenfalls, dass "die PAVK keine Atherosklerosemanifestation zweiter Klasse" sei. Dennoch suchen nur 10-50% der Betroffenen jemals einen Arzt auf, unter anderem, weil nur jeder zehnte PAVK-Patient auch Symptome zeigt.

In der Überlebenswahrscheinlichkeit unterschieden sich symptomatische und asymptomatische PAVK-Patienten in der getABI-Studie[4] allerdings kaum, so Diehm. Vielmehr hing das Überleben eindeutig von der Höhe des Knöchel-Arm-Index ab. Daher der Rat der Experten: Nach einer PAVK muss man bei Gefäßpatienten im klinischen Alltag aktiv suchen.

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PAVK zweitklassig behandelt

Doch damit nicht genug. Leider wird die PAVK wie eine Krankheit zweiter Klasse behandelt, wie ebenfalls aus der getABI-Studie hervorgeht: Thrombozytenfunktionshemmer zum Beispiel erhielten zwar rund drei Viertel der Patienten mit zerebrovaskulärer Erkrankung oder koronarer Herzerkrankung, aber nur etwas über 50 % der PAVK-Patienten. Noch schlechter sah die Versorgung mit CSE-Hemmern und Betablockern aus.

Alle Substanzen gehören jedoch selbstverständlich zur Sekundärprävention - und zwar für asymptomatische PAVK-Patienten gleichermaßen wie für symptomatische. Patienten mit Atherosklerose in drei Gefäßgebieten sollten zudem eine duale Plättchenhemmung mit Clopidogrel (z.B. Iscover®) plus Acetylsalicylsäure (ASS) erhalten. Aber auch das bekommt nur etwa jeder Zweite.

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Facetten der antithrombozytären Therapie

Die Antithrombotikatherapie beim akuten Koronarsyndrom (ACS) wird immer weiter optimiert, spann Prof. Harald Darius, Berlin, den Faden weiter. "ASS ist ein gesetzter Spieler in der ACS-Therapie", so der Kardiologe. Clopidogrel senkt die Ereignisrate nach akutem Koronarsyndrom ebenfalls signifikant und zwar kurzfristig (30 Tage) um 21 % und langfristig (ein Jahr) um 18 %, wie die Daten der CURE[5]-Studie dokumentieren. Der Effekt war dabei unabhängig von der Art der akuten Therapiestrategie.

Im Rahmen einer perkutanen Intervention kann eine Vorbehandlung der ACS-Patienten mit einem Clopidogrelbolus die kumulative Ereignisrate innerhalb von 30 Tagen signifikant senken, so eine aktuelle Studie von Szuk et al. Es gibt auch Hinweise darauf, dass ein Bolus von 600 mg die Plättchenfunktion noch etwa vier Stunden länger hemmt als 300 mg. In der CURRENT-OASIS-7[6]-Studie werden deshalb jetzt ein Hochdosis- und ein Normaldosis-Regime bei Patienten mit Nicht-ST-Elevationsinfarkt (NSTEMI) und instabiler Angina pectoris verglichen, die für eine Intervention in den ersten 24 Stunden vorgesehen sind.

Dr. Angelika Bischoff, München

Quelle: Wissenschaftliches Symposium "Atherothrombose als generalisiertes Krankheitsbild" auf der 31. Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, veranstaltet von der Bristol-Myers Squibb GmbH, München

01 Clopidogrel versus Aspirin in Patients at Risk of Ischaemic Events

02 REduction of Atherothrombosis for Continued Health

03 Acute COronary Syndrome

04 German Epidemiological Trial on Ankle Brachial Index

05 Clopidogrel in Unstable angina to prevent Recurrent Events

06 Clopidogrel Optimal Loading Dose Usage to Reduce Recurrent Events/Optimal Antiplatelet Strategy for Intervention

01 Clopidogrel versus Aspirin in Patients at Risk of Ischaemic Events

02 REduction of Atherothrombosis for Continued Health

03 Acute COronary Syndrome

04 German Epidemiological Trial on Ankle Brachial Index

05 Clopidogrel in Unstable angina to prevent Recurrent Events

06 Clopidogrel Optimal Loading Dose Usage to Reduce Recurrent Events/Optimal Antiplatelet Strategy for Intervention

 
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Abb. 1 Ereignisse bei KHK-Patienten nach stattgehabtem akuten Koronarsyndrom