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DOI: 10.1055/s-2006-958821
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Doppeldiagnose: Nutzen unter Risperidon in Depotform - Verbesserung von Symptomatik und Compliance
Publication History
Publication Date:
22 January 2007 (online)
- Vergleichsstudie zwischen konventionellem und atypischem Depotpräparat
- Positiver Nutzen unter langwirksamem Risperidon
- Fazit und Ausblick
- Quellen
Bei vielen schizophrenen Patienten kann gleichzeitig ein Missbrauch von Alkohol und anderen Drogen diagnostiziert werden. Dies erschwert die Behandlung und muss bei der Wahl der Medikation berücksichtigt werden. Aufgrund der Therapietransparenz werden bei diesen Patienten daher bevorzugt Depotneuroleptika verordnet ([1], [2]). Langwirksames Risperidon (Risperdal® Consta®), das erste Atypikum in Depotform, bietet hier eine gute Therapiealternative zu konventionellen Depotpräparaten, wie die Ergebnisse einer aktuellen Vergleichsstudie zeigen [3].
Substanzmissbrauch gilt als ein großes Problem in der Schizophrenietherapie. Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 50% der Patienten, die unter einer Schizophrenie leiden, gleichzeitig Drogen wie Cannabis, Alkohol oder Kokain zu sich nehmen, im Vergleich zu circa 12% in der übrigen Bevölkerung [4]. Die Folgen für die Betroffenen können schwerwiegend sein. So gibt es Hinweise darauf, dass Drogenmissbrauch den Ausbruch der Erkrankung beschleunigt, die Symptomatik verschlechtert, die Compliance gegenüber der Therapie reduziert und die Rate der Krankenhauseinweisungen erhöht ([5], [6]). Diese Faktoren müssen bei der Auswahl therapeutischer Maßnahmen unbedingt berücksichtigt werden. So werden in solchen Fällen häufig Depotpräparate verordnet, da diese zur Verbesserung der Therapietreue beitragen können und somit helfen, Exazerbationen und damit letztlich Hospitalisierungen zu vermeiden ([1], [2]). Gleichzeitig werden zur Behandlung schizophrener Patienten zunehmend moderne Antipsychotika mit "atypischem" Wirkprofil eingesetzt, die nicht nur die Positivsymptome effektiv bekämpfen, sondern auch charakteristische Negativsymptome, z.B. Apathie oder Aufmerksamkeitsstörungen, sowie kognitive Defizite verbessern. Zudem sind diese Präparate verträglicher als konventionelle Neuroleptika, was das Auftreten von extrapyramidal-motorischen Störungen (EPMS) betrifft [7].
#Vergleichsstudie zwischen konventionellem und atypischem Depotpräparat
Vor diesem Hintergrund verglichen Rubio et al. das konventionelle Depotneuroleptikum Zuclopenthixol mit langwirksamem Risperidon (Risperdal® Consta®), dem bisher einzigen atypischen Antipsychotikum in Depotform [1]. An der randomisierten, kontrollierten Untersuchung mit offenem Studiendesign nahmen insgesamt 115 schizophrene Patienten teil, bei denen gleichzeitig ein Substanzmissbrauch nachgewiesen worden war. Diese wurden über sechs Monate mit langwirksamem Risperidon (47 mg/15 Tage; n = 57) oder Zuclopenthixoldepot (200 mg/21 Tage; n = 58) behandelt. Der Verlauf des Substanzabusus wurde sowohl durch Patientenbefragungen als auch in Form von wöchentlich durchgeführten Urintests zum Nachweis von Alkohol, Kokain, Opiaten und Cannabis kontrolliert. Den Patienten wurde zudem angeboten, an dem "Substance abuse management model" (SAMM) teilzunehmen, einem Psychotherapieprogramm, das speziell für Schizophreniekranke mit diagnostiziertem Substanzmissbrauch entwickelt wurde und auf einem kognitiv-verhaltenstherapeutischen Ansatz beruht. Die Häufigkeit, mit der ein Patient an diesem Programm teilnahm, wurde dokumentiert und als Maß für dessen Compliance gewertet. Die Therapiesicherheit hinsichtlich motorischer Störungen beurteilten die behandelnden Ärzte anhand der "Extrapyramidal Symptom Rating Scale" (ESRS); die übrigen unerwünschten Ereignisse wurden mit Hilfe der "Udvalk for Klinske Side Effect Rating Scale" erfasst. Den Therapieerfolg bezüglich der klinischen Symptomatik beurteilten die Ärzte auf Grundlage der "Positive and Negative Syndrome Scale" (PANSS) inklusive entsprechender Subskalen.
#Positiver Nutzen unter langwirksamem Risperidon
Die Auswertung der Daten zeigte, dass die Patienten in der Praxis von einer Behandlung mit dem atypischen Depot deutlich mehr profitierten: Hinsichtlich des Substanzmittelmissbrauch als primärem Studienziel erweist sich die Therapie mit langwirksamem Risperidon als effektiver. So werden bei den Patienten, die das atpyische Depotpräparat erhalten, im Durchschnitt signifikant weniger drogenpositive Urintests dokumentiert als bei denjenigen unter Zuclopenthixoldepot (8,67 vs. 10,36, p = 0,005). Die Schizophreniesymptomatik ist insgesamt - bei vergleichbaren Ausgangswerten - in der Risperidongruppe sechs Monate nach Therapiebeginn statistisch signifikant geringer ausgeprägt als bei den Patienten, die das herkömmliche Depotpräparat erhalten (64,93 vs. 74,03 Punkte gemäß PANSS total, p = 0,02). Auch die Negativsymptomatik kann durch die Behandlung mit dem atypischen Depotpräparat signifikant verbessert werden (18,80 vs. 23,81 Punkte gemäß PANSS negativ, p = 0,008, Abb. [1]).

Sowohl die Symptome insgesamt als auch die Negativsymptome besserten sich im Vergleich zum Zuclopenthixoldepotpräparat unter dem atypischen Depotantipsychotikum Riperdal® Consta® nach 6 Monaten statistisch signifikant
Die Behandlung mit Risperidon in Depotform wirkt sich auch positiv auf die Compliance aus. Während unter der herkömmlichen Therapie ein Patient durchschnittlich knapp 18 mal an dem psychotherapeutischen Programm teilnimmt, besuchen diejenigen unter dem modernen Präparat im Schnitt beinahe 20 Sitzungen. Fast 93% dieser Patienten werden daher auch als "gut compliant" eingestuft, nehmen also an über 75% der Sessions teil. Gleichzeitig wurde die Therapie mit langwirksamem Risperidon von den Patienten besser vertragen: Die EPMS-Rate lag niedriger (1,24 vs. 2,85 Punkte gemäß ESRS, p = 0,05). Auch sonstige unerwünschte Ereignisse traten signifikant seltener auf.

Fazit und Ausblick
Bei schizophrenen Patienten mit komorbidem Substanzabusus lassen sich durch die Gabe von langwirksamem Risperidon die Positiv- und Negativsymptomatik und dadurch begleitend auch der Drogenmissbrauch erheblich wirkungsvoller bekämpfen als durch eine Behandlung mit dem klassischen Depotpräparat Zuclopenthixol. Gleichzeitig zeigten die Patienten unter dem atypischen Depot ein vorteilhafteres Verhalten für psychotherapeutische Interventionen, zeigten also diesbezüglich eine höhere Compliance.
Diese Erkenntnisse stehen in Einklang mit Empfehlungen der Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN), die in den aktuellen S3-Leitlinien veröffentlicht sind [7]. Demzufolge sollten "bei Vorliegen komorbider Substanzstörung Atypika bevorzugt werden" (Empfehlung Nr. 137). Darüber hinaus wird "vor dem Hintergrund einer reduzierten Compliance der Einsatz von Depotpräparaten" generell als sinnvoll erachtet (Empfehlung Nr. 136).
Risperidon in Depotform, das als einziges Präparat die Vorzüge einer Depotbehandlung mit denen eines atypischen Wirkprofils verbindet, stellt in Fällen einer Doppeldiagnose "Schizophrenie und Substanzmissbrauch" somit eine sinnvolle Therapiestrategie dar. Hinzu kommt, dass die langfristige Verbesserung der Schizophrenie-symptomatik, z.B. hinsichtlich Kognition und Negativsymptome, letztlich auch zu einer gesteigerten Lebensqualität beitragen kann.
#Quellen
- 01 Glazer VM . et al . Depot neuroleptic therapy: an underutilized treatment opinion. J Clin Psychiatry. 1992; 53 426-33
- 02 Ziedonis DM . et al . Motivation to quit using substances among individuals with schizophrenia: implications for a motivation-based treatment model. Schizophr Bull. 1997; 23 229-38
- 03 Rubio G . et al . Long-acting injectable risperidone compared with zuclopenthixol in the treatment of schizophrenia with substance abuse comorbidity. Can J Psychiatry. 2006; 51(8) 531-9
- 04 Regier DA . et al . Comorbidity of mental disorders with alcohol and other drug abuse. Results from the Epidemiologic Catchment Area Study. JAMA. 1990; 264 273-9
- 05 Linszen DH . et al . Cannabis abuse and the course of recent-onset schizophrenic disorders. Arch Gen Psychiatry. 1994; 51 273-9
- 06 Dixon L . Dual diagnosis of substance abuse in schizophrenia: prevalence and impact on outcomes. Schizophr Res. 1999; Suppl 35 93-100
-
07 Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde DGPPN (Hrsg.). S3-Praxisleitlinien in Psychiatrie und Psychotherapie. Band 1 - Behandlungsleitlinie Schizophrenie. Darmstadt: Steinkopff-Verlag, 2005.
Quellen
- 01 Glazer VM . et al . Depot neuroleptic therapy: an underutilized treatment opinion. J Clin Psychiatry. 1992; 53 426-33
- 02 Ziedonis DM . et al . Motivation to quit using substances among individuals with schizophrenia: implications for a motivation-based treatment model. Schizophr Bull. 1997; 23 229-38
- 03 Rubio G . et al . Long-acting injectable risperidone compared with zuclopenthixol in the treatment of schizophrenia with substance abuse comorbidity. Can J Psychiatry. 2006; 51(8) 531-9
- 04 Regier DA . et al . Comorbidity of mental disorders with alcohol and other drug abuse. Results from the Epidemiologic Catchment Area Study. JAMA. 1990; 264 273-9
- 05 Linszen DH . et al . Cannabis abuse and the course of recent-onset schizophrenic disorders. Arch Gen Psychiatry. 1994; 51 273-9
- 06 Dixon L . Dual diagnosis of substance abuse in schizophrenia: prevalence and impact on outcomes. Schizophr Res. 1999; Suppl 35 93-100
-
07 Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde DGPPN (Hrsg.). S3-Praxisleitlinien in Psychiatrie und Psychotherapie. Band 1 - Behandlungsleitlinie Schizophrenie. Darmstadt: Steinkopff-Verlag, 2005.

Sowohl die Symptome insgesamt als auch die Negativsymptome besserten sich im Vergleich zum Zuclopenthixoldepotpräparat unter dem atypischen Depotantipsychotikum Riperdal® Consta® nach 6 Monaten statistisch signifikant
