Mit modernen bildgebenden Verfahren lassen sich bei schizophrenen Patienten hirnmorphologische
Veränderungen feststellen. Auch die Einblicke in die pathophysiologischen Vorgänge
werden immer genauer. Konkrete Konsequenzen für die Therapie: möglichst früh beginnen
und möglichst mit einem Atypikum ([1], [2], [3]).
Bei der Schizophrenie handelt es sich pathophysiologisch um ein Zusammenspiel von
genetischen Faktoren und Umweltfaktoren auf die Funktionen von Zellen, Proteinen und
Synapsen (Abb. [1]). "Wichtig sind Gen-Zell-Umwelt-Interaktionen", erläuterte Professor Dr. Dieter
Braus, Hamburg [4]. Auf Neurotransmitterebene liegt der Schizophrenie eine Dysfunktion der striatären
dopaminergen Neurotransmission zugrunde [5]. Und dort greifen auch die in der Therapie eingesetzten Antipsychotika an. Doch
Braus betonte, dass das dopaminerge System hochsensibel sei und seine natürliche Funktion
möglichst auch unter einer antipsychotischen Therapie annähernd erhalten werden sollte.
Wird das dopaminerge System nämlich komplett lahmgelegt, lässt sich zwar die Psychose
wirksam behandeln. Das Risiko für Nebenwirkungen steigt jedoch, kognitive Einbußen
können verstärkt werden, die Negativsymptomatik - und damit die Hauptprobleme in der
Schizophrenietherapie - werden jedoch kaum beeinflusst. Denn das ist laut Braus ohnehin
nicht die Psychose, sondern Kognition, Negativsymptomatik, und das "day-to-day-living".
Keine Änderung des Hirnvolumens unter Atypika
Keine Änderung des Hirnvolumens unter Atypika
Deshalb ist wichtig, welche Effekte eine antidopaminerge Therapie auf die natürlichen
Funktionen des Dopaminsystems besitzt. Und hier gibt es deutliche Unterschiede zwischen
typischen und atypischen Neuroleptika [6]. So kommt es unter Haloperidol zu einer Schwächung der D2-sensiblen Funktion im präfrontalen Kortex, nicht dagegen in den D1- oder nicht-dopaminergen Domänen. Der Blick auf hirnmorphologische Veränderungen
zeigt ebenfalls Unterschiede. Patienten, die nach einer ersten schizophrenen Psychose
mit einem Typikum behandelt wurden, zeigen eine progrediente Volumenminderung, "entsprechend
dem Verlauf unter Plazebo". Dagegen lässt sich unter Atypika kein fortschreitender
Untergang der grauen Substanz feststellen.
Reward-System nicht lahmlegen
Reward-System nicht lahmlegen
Weitreichende Konsequenzen hat die dopaminerge Dysfunktion auch auf das Reward-System,
das im Kernbereich des ventralen Striatums liegt. Dieses Motivationssystem, das den
Grundtonus für Motivation und Antrieb vorgibt, ist bei schizophrenen Patienten gehemmt.
Typika legen das Reward-System völlig schachmatt, während unter Atypika das Reward-System
in seiner Funktion weitgehend erhalten bleibt [7]. Werden schizophrene Patienten von einem typischen Neuroleptikum auf das Atypikum
Risperidon umgestellt, lässt sich eine Aktivität wie bei gesunden Kontrollpersonen
erreichen [8].
Früh diagnostizieren und behandeln
Früh diagnostizieren und behandeln
Hirnmorphologische Veränderungen treten schon früh im Krankheitsverlauf auf, nämlich
bereits zu einem Zeitpunkt, an dem der Patient noch völlig asymptomatisch ist. Diese
frühen Veränderungen sprechen für eine möglichst frühzeitige Diagnose und Therapie.
"Es geht darum, den Patienten möglichst früh zu erfassen und zu behandeln." Ein verzögerter
Behandlungsbeginn ist dagegen folgenschwer. Er korreliert mit verzögerter und unvollständiger
Remission der Symptomatik, längerer stationärer Behandlungsbedürftigkeit und höherem
Rezidivrisiko, geringerer Behandlungstreue sowie erhöhtem Depressions- und Suizidrisiko,
erläuterte Braus [9]. Für die Therapie empfehlen sich atypische Neuroleptika wie Risperidon, die möglicherweise
die Hirnmorphologie günstig beeinflussen und das dopaminerge System zwar "einbremsen",
so Braus, aber nicht komplett inhibieren ([7], [8]). Eine sinnvolle Therapieoption stellt in dem Zusammenhang das atypische Depotpräparat
Risperdal® Consta® dar: Erste Zwischenergebnisse einer Langzeituntersuchung zeigen,
dass langwirksames Risperidon bereits in der Frühphase der Erkrankung eine gute Alternative
zu oralen Antipsychotika darstellen kann [10].
Dr. Beate Fessler