Ernährung & Medizin 2006; 21(4): 155
DOI: 10.1055/s-2006-957082
Editorial
© Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Keine „Magic Bullets” in Sicht

E. Purucker
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Publication Date:
04 January 2007 (online)

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Zur Zeit kann von der Einnahme von Resveratrol nur abgeraten werden

Resveratrol heißt der letzte Schrei auf dem Markt der Wunderdrogen. Allen Ernstes wird hier wachen Auges der Traum vom Schlaraffenland, die Völlerei ohne Reue, geträumt und in Aussicht gestellt. Aus Experimenten mit Hefen, Fadenwürmern, Zebrafischen, Taufliegen und zuletzt Mäusen resultieren Hinweise, dass der Inhaltsstoff der Weintraube eine lebensverlängernde Wirkung hat sowie die negativen Folgen einer fettreichen hyperkalorischen Ernährung auf die Sterblichkeit vermeiden kann - nicht aber das Übergewicht. Obgleich Untersuchungen an höher entwickelten Säugetieren oder gar dem Menschen noch überhaupt nicht vorliegen und daher keinerlei Informationen über mögliche Nebenwirkungen oder Folgen einer Langzeiteinnahme existieren, boomt der Markt über die Internetadressen gewaltig. Dies ist definitiv als gefährlich und leichtsinnig zu betrachten, da die komplexen Auswirkungen auf den programmierten Zelltod von Adipozyten und Beeinflussungen des Insulinhaushaltes ohne viel Phantasie gravierende Nebenwirkungen hervorrufen könnten.

Patienten und Klienten in Ernährungsberatungen sollte daher ganz klar und unmissverständlich zum gegenwärtigen Zeitpunkt von der Einnahme von Resveratrol abgeraten werden. Es ist anzunehmen, dass Resveratrol - ähnlich wie Vitamine, Spurenelemente und zahlreiche andere Nahrungsinhaltsstoffe - nur im Konzert mit einem ganzen Cocktail wohlausgewogener Einzelstoffe wirkt.

In diese Richtung geht auch die Schlussfolgerung von Roland Bitsch, der die Bedeutung der Polyphenole in der Ernährung des Menschen in dieser Ausgabe von Ernährung & Medizin übersichtlich erläutert: „Als Schlussfolgerung kann daher postuliert werden, dass eine Zufuhr von pflanzlichen Polyphenolen im Verbund mit anderen Sekundärstoffen durch die große Auswahl an Obst und Gemüse die beste Garantie für eine gesundheitliche Prävention bietet”.

Die wichtigste therapeutische Empfehlung, die wir unseren Patienten und Klienten geben müssen, ist und bleibt die „gesunde Lebensführung” mit ausreichend körperlicher Bewegung und einer abwechslungsreichen Mischkost. Kann dies umgesetzt werden, öffnet sich für viele zwar nicht der Weg ins Schlaraffenland, aber sicher in ein entspanntes Leben ohne Angst vor erhöhtem Mortalitätsrisiko.