DO - Deutsche Zeitschrift für Osteopathie 2006; 4(03): 33
DOI: 10.1055/s-2006-957042
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„Ansätze zu einer Theorie osteopathischen Denkens und Handelns” - Internationales Symposium Hamburg

Cristian Ciranna-Raab
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Publication Date:
06 December 2006 (online)

Übersetzt von Markus Vieten

Es lag etwas in der Luft, und wenn man aus dem Fenster schaute, konnte man meinen, dass dieses Gefühl von dem wolkenverhangenen und regnerischen Himmel stammte, der im Frühjahr oft über Hamburg anzutreffen ist. Doch wenn man sich wieder dem Plenum zuwandte, merkte man, dass es wahrscheinlich durch die acht Personen zu Stande kam, die sich hier Anfang April vor einer kleinen Hörerschaft zusammengefunden hatten, um über „Ansätze zu einer Theorie osteopathischen Denkens und Handelns” zu sprechen.

Torsten Liem, D.O., begann mit einer Einführung in die „entwicklungsdynamischen und holistischen Prinzipien der Osteopathie.” Er sprach über die Bedeutung einer Betrachtung des menschlichen Körpers als sich entwickelnde und interagierende holarchische Einheit. Er betonte dabei die objektive Ebene von Gewebe und Physiologie ebenso wie die subjektive Bewusstseinsebene (von Patient und Osteopath) und die interkulturellen und biosozialen Aspekte in der osteopathischen Diagnose und Therapie.

Max Girardin, D.O., der seine geliebte Pfeife für eine Weile beiseite legte, sprach über die „Evolutionsmedizin in der Osteopathie”. Er hob die Rolle der Biologie als „Mutter” aller Wissenschaften hervor, die sich mit dem Leben befassen, und kombinierte die Evolutionsbiologie mit den philosophischen Betrachtungen von A.T. Stills klassischen osteopathischen Prinzipien.

Nach der Kaffeepause entführte Jane Stark, D.O., die Zuhörer ins Ende des 19. Jahrhunderts mit „More than just bones”. Wer war der Begründer der Osteopathie und was seine wirkliche Absicht? Stammen die Prinzipien, die Osteopathen tagtäglich anwenden, von diesem Mann? Es war eine wunderbare Darstellung von Stills Sprache und versetze das Publikum ins Staunen über Dinge, die eigentlich als gesichert galten.

Den Vormittag beendeten Peter Sommerfeld, D.O., mit philosophischen Betrachtungen über das „Diagnostische und therapeutische Handeln - eine strukturelle Analyse”. Er zeigte darin den Unterschied zwischen osteopathischen und medizinischen Methoden in Diagnose und Therapie auf und ging auf die zu Grunde liegenden Konzepte und klassischen philosophischen Interpretationen ein.

Nach dem Mittagessen zeigte Peter Wührl, D.O., welche bedeutende Rolle Bewusstsein und Aufmerksamkeit in der Interaktion zwischen Patient und Therapeut spielen. Er beschrieb auch zwei Hauptkonflikte der praktischen Aufmerksamkeit (innerhalb des klinischen Settings) „Projektion und Inkorporation” und reflektierte über Denken und Handeln in der Osteopathie.

Dr. Matthias Flatscher erklärte als Philosoph - und einziger nicht osteopathischer Referent - das Konzept des „Dualismus” und seine Bedeutung für die Betrachtungsweise des menschlichen Körpers. Er präsentierte ein phänomenologisches Konzept, um den Menschen in der Gesamtheit seiner körperlichen Existenz zu verstehen.

Gerald Kaschowitz, D.O., referierte über den kommunikativen Teil der osteopathischen Interaktion. Er zeigte auf, wie das osteopathische Denken und Handeln zwischen der Individualität einer osteopathischen und einer beliebigen Behandlung unterscheidet.

Schließlich zeigte Walter L. McKone, D.O., in engagierter Weise, wie das osteopathische Denken und Handeln sich aus philosophischer, historischer und literarischer Sicht darstellt. Er unterstrich, wie wichtig es ist, die Osteopathie in diesem Kontext zu verstehen, um sie zu ihren nicht kartesianischen, goetheanischen Ursprüngen zurückzuführen.