Deutsche Zeitschrift für Onkologie 2006; 38(3): 130-131
DOI: 10.1055/s-2006-952059
Forschung
Neues aus der Onkologie
Karl F. Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Nicht-invasive Urinanalyse mit DiaPat

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Publication Date:
21 September 2006 (online)

Vor wenigen Jahren wurde die Diagnose mit DiaPat zur Früherkennung von Prostata- und Blasenkrebs sowie Nephropathien von Prof. Hermann Haller und Prof. Harald Mischak an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) entdeckt. Dort gehört das nicht-invasive Verfahren bereits zum klinischen Alltag.

Ein DiaPat (=%diagnostisches Pattern) beruht auf der umfassenden Proteomanalyse von Patientenurin. Es handelt sich also um eine nicht-invasive, risiko- und schmerzfreie Diagnostik. Der Patient muss zur Diagnose eines Prostata- oder Blasenkarzinoms nur seine Urinprobe beim Hausarzt abgeben (oder direkt an DiaPat, Hannover, senden). Die bisher übliche Gewebebiopsie kann entfallen, besonders nach einem positiven PSA-Test. Zukünftig empfiehlt Prof. Mischak zuerst eine DiaPat-Analyse mit Patientenurin durchzuführen. Die Urinprobe wird im DiaPat-Labor mit Kapillar-Elektrophorese (CE) und Massenspektroskopie (MS) analysiert. Bis zu 1.500 verschiedene Proteine werden aus dem Urin abgetrennt, isoliert und dargestellt. Die jeweils erhaltenen Proteinmuster liefern ein Schaubild, auf denen z.T. bereits mit bloßem Auge zu erkennen ist, ob ein Patient an Prostata- oder Blasenkrebs oder auch an einer Nephropathie erkrankt ist [s. Abb.]. Zur größeren Absicherung des Laborergebnisses wird das neue Proteinmuster mit den in einer Datenbank gespeicherten Proteinmustern gesunder und kranker Patienten verglichen. Dieser Online-Abgleich mit einer speziell entwickelten Software führt zu der hohen, über 90%igen Sicherheitsquote der Diagnose mit DiaPat.

Zwei DiaPat-Proteinprofile aus dem Urin eines gesunden und eines kranken Patienten. Deutlich mit bloßem Auge zu erkennen sind die Unterschiede in der bildgebenden Darstellung, die noch klarer als bei Ultraschall hervortreten. Sind die Proteinprofile visuell nicht sehr markant voneinander zu unterscheiden, so hilft der Software-Abgleich mit den gespeicherten Proteinprofilen der Datenbank. Der Patient, dessen Urin für diese Analyse untersucht wurde, hat eine chronisch-entzündliche Nierenerkrankung. (Foto: DiaPat)

Wann empfiehlt sich eine Diagnose mit DiaPat?

Jederzeit kann bei einem Hausarzt oder in der Klink direkt beim Anbieter ein DiaPat-Prostata- oder -Blasenkrebstest bestellt werden. Das Probenset für die Urinprobe, die zurückzusenden ist, kommt per Post. Nur wenige Tage nach Eingang der Probe im Labor wird das Diagnoseergebnis mitgeteilt. Bei einem negativen Befund können Arzt und Patient zu über 90 % sicher sein, dass keine Krebserkrankung vorliegt. Der dadurch beruhigte Patient kann, nach Rücksprache mit seinem Arzt, auf eine Biopsie verzichten. Mit einer Gewebeentnahme verbundene Kosten und Risiken (u. U. Krankenhausaufenthalt) könnten somit eingespart werden.

Bisher werden nur in ärztlich begründeten Ausnahmefällen (Hufeisenniere, nur eine Niere, Transplantat etc.) die Kosten einer DiaPat-Diagnose von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Ansonsten wird die Analyse als IGe-Leistung zu einem Preis von 280 Euro abgerechnet. Der gleiche Betrag wird für eine DiaPat-Diagnose von Blasenkrebs in Rechnung gestellt. Eine doppelte Diagnoseuntersuchung auf Prostata- und Blasenkrebs wird günstiger angeboten.

Die moderne Medizin kann durch den Einsatz von DiaPat immer mehr auf Biopsien verzichten. Diese sind für den Onkologen und Urologen zwar Routineeingriffe, für Risikopatienten jedoch nicht unproblematisch. Übrigens gewähren Gewebeentnahmen nur einen Sicherheitskoeffizienten von ca. 60-70 %, berichtet Prof. Mischak. Die feine Hohlnadel kann sehr kleine Prostatakarzinome durchaus verfehlen und die Biopsie kann in diesem Fall falsch-negative Resultate liefern. Nach einem DiaPat-Diagnoseverfahren ist die Lage ungleich klarer: Die ersten Studienergebnisse ergaben eine Sicherheitsquote von über 90 %. Bei einem negativen Befund können die Kosten und eventuellen gesundheitlichen Risiken einer Prostatabiopsie entfallen, womit sich auch der Preis des neuen, nicht-invasiven Diagnoseverfahrens deutlich relativiert.

Ein DiaPat nach einem positiven PSA-Test!

Gewöhnlich wird für Männer mit hohem Erkrankungsrisiko der PSA-Test angeboten. Es handelt sich um eine Blutuntersuchung, d.h. dem Patienten wird eine Blutprobe entnommen, die auf erhöhte PSA-Werte untersucht wird. Bei PSA-Werten von 4-10 ng/ml ist weiterer Diagnosebedarf angesagt. Meistens erfolgt hier eine Prostatabiopsie, und hier sieht Prof. Mischak ein enormes Potenzial für sein risikoarmes, nicht-invasives DiaPat. Denn erhöhte PSA-Werte, die bisher unweigerlich zu einer Prostatabiopsie führten, sind keinesfalls, so Prof. Bernd Wulich, Uniklinik Homburg/Saar, auf der letzten „Medica”, untrügliches Zeichen eines vorhandenen Prostatakarzinoms. Nur in 30 % der Fälle mit erhöhten PSA-Werten hatten die Patienten auch tatsächlich ein Prostatakarzinom, 70 % hatten keines, berichtet Prof. Wulich. Für eine Mehrheit der PSA-getesteten Patienten wäre also eine Prostatabiopsie nicht nötig gewesen. In Zukunft wäre hier eine Urin-Proteomanalyse mit DiaPat der richtige Weg, weil risikolos mit 90%iger Sicherheit ein Prostatakarzinom auszuschließen ist.

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ), Heidelberg, berichtet von durchschnittlich 10-15 % falsch-positiven Resultaten nach einem PSA-Test, d.h. auch in diesen Fällen fand sich kein Prostatakarzinom. Auch hier wäre die sich automatisch anschließende Prostatabiopsie nicht nötig, sondern der den Patienten schonende nächste Schritt wäre eine nicht-invasive Diagnose mit DiaPat mit Ausschlusssicherheit eines Prostatakarzinoms.

DiaPat kann auch für andere Körperflüssigkeiten wie Blut, Sputum oder Liquor angewendet werden. Derzeit forschen die Entdecker an einem Einsatz von DiaPat bei Morbus Alzheimer.

Weitere Informationen im Internet unter

URL: http://www.diapat.de

Richard E. Schneider

Tübingen

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