Psychiatrie und Psychotherapie up2date 2007; 1(2): 89-102
DOI: 10.1055/s-2006-951943
Organische psychische Störungen
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Frontotemporale Demenz

Markus  Weih, Christos  Sidiropoulos, Jens  Wiltfang
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Publication Date:
16 April 2007 (online)

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Kernaussagen

Einleitung

  • Zum erweiterten Konzept der frontotemporalen Demenz gehören neurodegenerative Syndrome wie die Picksche Atrophie, die frontotemporale Lobärdegeneration, die frontotemporale Lobärdegeneration mit Motoneuronenerkrankung, die kortikobasale Degeneration und die frontotemporale Demenz mit Parkinsonismus (Chromosom 17). Diese Erkrankungen können ineinander übergehen oder sich miteinander kombinieren.

Epidemiologie

  • Die frontotemporale Demenz ist die zweithäufigste präsenile Demenz, mit einem Anteil zwischen 3 % und 10 % aller Demenzfälle. Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen. Meistens sind die Patienten 45 - 65 Jahre alt, die mittlere Überlebensdauer beträgt 6 - 8 Jahre.

Neuropathologie und Genetik

  • Es gibt keine eindeutige Korrelation zwischen den neuropathologischen Befunden der Patienten und dem klinischen Bild.

  • Genetische Loci, die mit der FTD assoziiert sind, wurden auf Chromosomen 3, 9 und 17 entdeckt. Apo E ist kein Risikofaktor für die FTD.

Klinisches Bild

  • Bei der frontotemporalen Demenz treten frühzeitig und fortschreitend Veränderungen der Persönlichkeit und/oder der Sprache auf, mit erheblicher Beeinträchtigung der sozialen und beruflichen Kompetenz.

  • Abnormes Verhalten ist ein wesentlicher Bestandteil des klinischen Bildes der frontotemporalen Demenz. Frühzeitiger Verlust der Krankheitseinsicht, sexuelle Enthemmung, Hyperoralität, Antriebsminderung, Witzelsucht und verarmte Sprachproduktion sind einige der möglichen Verhaltensauffälligkeiten.

  • Exekutive Dysfunktion ist ein charakteristisches Merkmal der frontotemporalen Demenz. Im Gegensatz zur DAT bleiben Gedächtnis und Visuokonstruktion relativ lange erhalten.

  • Somatische Symptome sind bei der FTD durchaus möglich, wie Erscheinen von Primitivreflexen, Parkinsonismus, Inkontinenz und labilem Blutdruck.

  • Die wichtigste Differenzialdiagnose der frontotemporalen Demenz stellt die Demenz vom Alzheimertyp mit frontaler Beteiligung dar.

Diagnostik

  • Neuropsychologische Untersuchungen sind bei der diagnostischen Abklärung der frontotemporalen Demenz hilfreich, aber alleine nicht ausreichend.

  • Wichtigste diagnostische Methoden, neben dem klinischen Befund, sind derzeit bildgebende Verfahren wie die MRT und SPECT. Bei der MRT ist eine häufig asymmetrische frontotemporale Atrophie ohne wesentlichen Befall des Hippokampus darstellbar, wobei die SPECT-Untersuchung eine frontotemporale Minderbelegung zeigt.

  • Ein spezifischer Liquor-Biomarker ist derzeit nicht bekannt. Die momentan verwendeten Biomarker erlauben keine zuverlässige Differenzialdiagnose.

Therapie

  • Eine ätiologische Therapie der FTD gibt es nicht. Die medikamentösen Ansätze können eine Linderung der Symptomatik erzielen.

  • Da bei der FTD eine Dysfunktion des serotonergen Systems postuliert wird, können SSRIs eingesetzt werden. Zwanghaftes Verhalten, Depressionen und Stereotypien können sich bessern.

  • Bei psychotischen Symptomen sollte die Behandlung mit typischen oder besser atypischen Neuroleptika erfolgen. Für Cholinesterasehemmer gibt es meist keine Indikation.

Literatur

1 Palilalie = zwanghaftes Wiederholen

2 Echolalie = zwanghaftes Nachsprechen von Wörtern und Sätzen

Dr. PD Markus Weih, MME

Psychiatrische und Psychotherapeutische Klinik
Universität Erlangen-Nürnberg

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