Balint Journal 2006; 7(4): 109-116
DOI: 10.1055/s-2006-951760
Medizin und Kultur
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Freud Ernst nehmen” - Erfahrungen mit einer ungewöhnlichen Anwendung der Balint-Gruppen-Methode im Lehmbruck-Museum Duisburg

J. Döser, G. Mallitz, M. Steinbrecher
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Publication Date:
28 November 2006 (online)

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Zusammenfassung

Der Aufsatz beschreibt die Anwendung der Balint-Gruppen-Methode im Museum. In deren Mittelpunkt steht nicht die Schilderung einer Arzt-Patient-Begegnung, sondern die Konfrontation mit einem Gemälde von Max Ernst. Es trägt den Titel „Die Versuchung des hl. Antonius“. Der Verlauf dieser Gruppenarbeit verdeutlicht, wie wertvoll die Balint-Methode auch in anderen Arbeitsfeldern sein kann. Durch die Ermutigung zur freien Assoziation jenseits gelehriger Interpretationsvorgaben inspiriert die Balint-Gruppe zum subjektiven, individuellen „Hören mit dem dritten Ohr“ bzw. „Sehen mit dem dritten Auge“ und erweitert so die Wahrnehmung um ihre unbewussten Dimensionen. Auf diese Weise vertieft sich der Blick in die Kunst und das Leben und legt in einer verstehenden Form deren Wechselwirkung in der existentiellen Wirklichkeit des Einzelnen offen. Sigmund Freud und Max Ernst, der Wissenschaftler und der Künstler, arbeiten am selben Ziel: an der Freisetzung der Wahrnehmung aus den gegenläufigen Kräften der seelischen Abwehr und der einschüchternden Routine gesellschaftlicher Konventionen.

Abstract

Instead of describing the physician-patient relationship, the Balint group method is applied in museums focussed on the confrontation with one of the paintings of Max Ernst entitled: ”The Temptation of Saint Anthony”. This illustrates how valuable the Balint method can be when used in other fields of work. By encouraging free associated beyond the academic interpretations, the Balint Group method inspires a subjective, individual ”listening with the third ear” or, ”seeing with the third eye” and expands perception to include unconscious dimensions. In this way, insight into art and into life itself is deepened and exposes reciprocal influences on the existential reality of every individual in an understanding manner. Sigmund Freud and Max Ernst, the scientist and the artist, worked on the same goals: on the release of perception from the contrary powers of psychic defence and the intimidating routine of social conventions.

Dr. Johannes Döser

Unterer Pustenberg 14

45239 Essen

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