Z Geburtshilfe Neonatol 2006; 210(4): 153-154
DOI: 10.1055/s-2006-947221
Stellungnahme
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Stellungnahme

Antwort der Autoren auf den Leserbrief von Dr. Nachtrodt und Dr. FeldhahnH. Hummler
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Publication Date:
30 August 2006 (online)

Wir bedanken uns für die kritischen Anmerkungen der Kollegen Nachtrodt und Feldhahn bezüglich unseres Artikels über die Regionalisierung von sehr unreifen Frühgeborenen in Baden-Württemberg [1].

In Anbetracht der kurzen Zeit zwischen Einreichung und Akzeptanz der Publikation wird infrage gestellt, ob ein „adäquates peer-reviewing” stattgefunden hat. Nach Rückfrage beim zuständigen Herausgeber wurde uns mitgeteilt, dass das Manuskript besonders rasch bearbeitet worden war, weil die Publikation als dringlich erachtet wurde. Dennoch war das Manuskript wie üblich von 2 Reviewern kritisch gewürdigt worden; die uns übermittelten Verbesserungsvorschläge konnten wir noch am gleichen Tag einarbeiten.

Weiterhin wird festgestellt, dass im Landeskrankenhausplan 2000 für Baden-Württemberg neben Freiburg auch in Böblingen 20 neonatologische Intensivbetten vorgehalten werden. In diesem Punkt ist uns tatsächlich ein Fehler unterlaufen, welcher uns von der dortigen Klinikleitung bereits kurz nach der Publikation zugetragen wurde. Unser Vorschlag, eine erneute Auswertung unter Berücksichtigung der Böblinger Daten in der Gruppe der „großen Perinatalzentren” durchzuführen, wurde jedoch von dort abgelehnt.

Es wird bemängelt, dass keine Aussage zur Erfassungsvollständigkeit gemacht wird. Eine solche Aussage ist anhand der Daten der Neonatalerhebung Baden-Württemberg bekanntermaßen nicht möglich, da kein Bezug zur Perinatalerhebung hergestellt wird. Es gibt in der BRD nur eine einzige umfassende Arbeit, die die Ergebnisse der Peri- und Neonatalerhebung mit einer großen Fallzahl von Geburten/Frühgeborenen zusammengeführt hat, um die Ergebnisqualität in Abhängigkeit vom Patientenvolumen in Geburts- und Kinderklinik zu analysieren [2]. Diese Arbeit kommt zu dem Schluss, dass die Behandlungsfallzahl der Neugeborenenintensivstation den stärksten prädiktiven Wert für die Mortalität von Frühgeborenen < 29 SSW hat [2].

Unter Bezugnahme auf eine andere Arbeit, in der die Qualität der Kodiermaßnahmen seitens der Ärzte der Kinderklinik Ulm für die Neonatalerhebung untersucht wurde [3] stellen die Autoren die Datenqualität der Neonatalerhebung der Ulmer Kinderklinik und damit unsere Ergebnisse der Analyse der baden-württembergischen Daten insgesamt [1] infrage. Tatsächlich wurde in einer umfassenden Untersuchung festgestellt, dass die Qualität der Datenerhebung seitens der Ulmer Ärzte im Vergleich zu einer Dokumentationskraft deutlich schlechter war [3]. Der Inhalt dieses Manuskriptes war dem Herausgeber selbstverständlich bekannt. Das Zielkriterium Mortalität war jedoch gänzlich unbeeinflusst durch Kodierfehler; beim Zielkriterium „Intraventrikuläre Hirnblutung” (IVH) gab es lediglich Verschiebungen zwischen IVH Grad 3 und Grad 4, zwischen IVH Grad 1 und Grad 2, bzw. zwischen keiner Hirnblutung und IVH Grad 1. Beim Zielkriterium „Periventrikuläre Leukomalazie” (PVL) erhielten zwei Ulmer Kinder aufgrund einer in den ersten Lebenstagen diagnostizierten periventrikulären Echogenitätserhöhung fälschlicherweise die Diagnose PVL, obwohl sie in späteren sonographischen Untersuchungen keine Zysten entwickelten. Die Fehler der Ulmer Daten sind also zuungunsten der großen Perinatalzentren in die Neonatalerhebung und in die Auswertung unserer Studie [1] eingegangen. Eine Korrektur für diese Fehler hätte die Unterschiede zwischen den fünf Zentren und den übrigen Kliniken vergrößert.

Zusammenfassend stellen wir fest, dass die Ergebnisse unserer Analyse durch die vorgebrachten Einwände nicht eingeschränkt werden. Unter Berücksichtigung der in der Arbeit diskutierten methodischen Einschränkungen bleiben wir bei der Aussage, dass unsere Ergebnisse zusammen mit der Untersuchung aus Niedersachsen [2] und anderen internationalen Studien [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11] [12] die These unterstützen, dass durch Regionalisierung der Versorgung von extrem unreifen Frühgeborenen auf wenige Perinatalzentren in Baden-Württemberg sowohl Mortalität als auch Morbidität reduziert werden könnte.

H. D. Hummler, Ulm

C. Poets, Tübingen

M. Vochem, Stuttgart

R. Hentschel, Freiburg

O. Linderkamp, Heidelberg

Literatur

  • 1 Hummler H D, Poets C, Vochem M, Hentschel R, Linderkamp O. Mortalität und Morbidität sehr unreifer Frühgeborener in Baden-Württemberg in Abhängigkeit von der Klinikgröße. Ist der derzeitige Grad der Regionalisierung ausreichend?.  Z Geburtshilfe Neonatol.. 2006;  210 6-11
  • 2 Bartels D B, Wypij D, Wenzlaff P, Dammann O, Poets C F. Hospital volume and neonatal mortality among very low birth weight infants.  Pediatrics.. 2006;  117 2206-14
  • 3 Hummler H D, Sander E, Schmid S. Datenerhebung für die Qualitätssicherung in der Neonatologie.  Wer dokumentiert genauer: Ärzte oder spezielle Dokumentationskräfte? Z Geburtshilfe Neonatol.. 2006;  210 67-75
  • 4 Warner B, Musial M J, Chenier T, Donovan E. The effect of birth hospital type on the outcome of very low birth weight infants.  Pediatrics. 2004;  113 35-41
  • 5 Cifuentes J, Bronstein J, Phibbs C S, Phibbs R H, Schmitt S K, Carlo W A. Mortality in low birth weight infants according to level of neonatal care at hospital of birth.  Pediatrics. 2002;  109 745-751
  • 6 Phibbs C S, Bronstein J M, Buxton E, Phibbs R H. The effects of patient volume and level of care at the hospital of birth on neonatal mortality.  JAMA. 1996;  276 1054-1059
  • 7 Yeast J D, Poskin M, Stockbauer J W, Shaffer S. Changing patterns in regionalization of perinatal care and the impact on neonatal mortality.  Am J Obstet Gynecol. 1998;  178 131-135
  • 8 Bode M M, O'shea T M, Metzguer K R, Stiles A D. Perinatal regionalization and neonatal mortality in North Carolina, 1968 - 1994.  Am J Obstet Gynecol.. 2001;  184 1302-1307
  • 9 Sanderson M, Sappenfield W M, Jespersen K M, Liu Q, Baker S L. Association between level of delivery hospital and neonatal outcomes among South Carolina Medicaid recipients.  Am J Obstet Gynecol.. 2000;  183 1504-1511
  • 10 Menard M K, Liu Q, Holgren E A, Sappenfield W M. Neonatal mortality for very low birth weight deliveries in South Carolina by level of hospital perinatal service.  Am J Obstet Gynecol.. 1998;  179 374-381
  • 11 Johansson S, Montgomery S M, Ekbom A, Olausson P O, Granath F, Norman M, Cnattingius S. Preterm delivery, level of care, and infant death in sweden: a population-based study.  Pediatrics. 2004;  113 1230-1235
  • 12 Rogowski J A, Horbar J D, Staiger D O, Kenny M, Carpenter J, Geppert J. Indirect vs direct hospital quality indicators for very low-birth-weight infants.  JAMA. 2004;  291 202-209

DR. PD H. Hummler

Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin

Sektion Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin

Eythstraße 24

89075 Ulm

Email: helmut.hummler@uni-ulm.de

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