Zwischen 1997 und 2004 hat die Zahl der in Deutschland gemeldeten Hepatitis-C-Infektionen
tendenziell zugenommen ([4]). Eine akute Hepatitis-C-Infektion verläuft oftmals asymptomatisch und bleibt daher
in vielen Fällen unerkannt und unbehandelt. Sofern es zu keiner spontanen Ausheilung
kommt, nimmt die Hepatitis-C-Infektion nach etwa sechs Monaten einen chronischen Verlauf.
In Abhängigkeit davon, wie schnell die Erkrankung fortschreitet, kann es ohne geeignete
Therapie im Verlauf von Jahren zu schwer wiegenden Leberschäden in Form einer Leberzirrhose
und in der Folge sogar zur Entstehung eines hepatozellulären Karzinoms kommen. Die
Inzidenzrate des hepatozellulären Karzinoms hat in den letzten 30 Jahren kontinuierlich
zugenommen: Im Vergleich erkrankten Ende der 1970er Jahre doppelt so viele Menschen
an Leberkrebs wie Ende der 1990er Jahre ([3]).
"Aufgrund des in den meisten Fällen langsamen chronischen Verlaufs der Infektion wird
die HCV-assoziierte Mortalitätsrate nach aktuellen Schätzungen in den USA in den nächsten
Jahren weiterhin deutlich zunehmen und dort in 2014 mit knapp 30000 Todesfällen ihren
vorläufigen Höhepunkt erreichen", gab PD T. Berg, Berlin, zu bedenken ([1], [8]).
Unterschiede des Interferon-Respons
Unterschiede des Interferon-Respons
Bei der antiviralen Behandlung des Hepatitis-C-Virus hat sich mittlerweile die Kombinationstherapie
aus Peginterferon alfa-2b (PegIntron®) plus Ribavirin (Rebetol®) als Standard etabliert.
"Eine aktuelle Langzeitverlaufsstudie belegt, dass auch Jahre nach Ende der Therapie
bei weniger als 1% aller behandelten Patienten mit andauerndem virologischen Ansprechen
("sustained virologic response", SVR) Hepatitis-C-Viren im Blut nachweisbar waren
([5]). Diese Patienten können daher als von der chronischen Hepatitis C geheilt betrachtet
werden", erklärte Berg.
Er betonte außerdem, dass die antivirale Kombinationstherapie somit auch eine entscheidende
Bedeutung für das zukünftige Ausmaß der hepatischen Dekompensationen habe: Würden
die HCV-Patienten keiner Behandlung unterzogen, läge die Zahl der Patienten mit Leberdekompensation
im Jahr 2035 in den USA bei etwa 150000. Durch den Einsatz der Kombinationstherapie
ließe sich diese Zahl auf nur noch 55000 Fälle um knapp zwei Drittel reduzieren ([2]).
Fortschritte durch Pegylierung der Interferone
Fortschritte durch Pegylierung der Interferone
Hiermit hat die Therapie der chronischen Hepatitis C in den letzten 15 Jahren deutliche
Fortschritte erzielt. Konnten 1990 mit der 24- beziehungsweise 48-wöchigen Interferon-Monotherapie
nur 8-12% der Patienten geheilt werden, so liegen die anhaltenden Remissionsraten
unter der Kombinationstherapie mit Peginterferon plus Ribavirin heute bei über 60%
(bei 80% der empfohlenen Therapiedauer und Medikamentendosis). Dazu beigetragen haben
sowohl die Pegylierung der Interferone, die zu einer verlängerten Wirksamkeit führt,
als auch die zusätzliche Gabe des Nukleosidanalogons Ribavirin.
Trotz der großen Fortschritte bleibt der Leberzustand des HCV-Patienten der wichtigste
prognostische Parameter für den Behandlungserfolg. Der Entzündungs-, Fibrose- und
Zirrhosegrad haben deutliche Auswirkungen auf die Ansprechraten. Aus diesem Grund
ist eine frühzeitige Therapie der HCV-Infektion weiterhin von hoher Bedeutung. Fortgeschrittenes
Alter und Alkoholmissbrauch sind weitere ungünstige prognostische Parameter für ein
anhaltendes Ansprechen auf die Therapie. "Die genannten Faktoren sollten zur Bestimmung
der individuellen HCV-Therapie herangezogen werden, die bei gutem Nebenwirkungsmanagement
zu hohen anhaltenden Ansprechraten und damit zur Heilung der Hepatitis-C-Infektion
führen kann", fasste Berg zusammen.
Virologisches Ansprechen von zahlreichen Faktoren abhängig
Virologisches Ansprechen von zahlreichen Faktoren abhängig
Bei der Individualisierung der Hepatitis-C-Therapie spielt vor allem der Genotyp der
HCV-Infektion eine wichtige Rolle. Die HCV-Genotypen 2 und 3 gelten im Vergleich mit
den HCV-Genotypen 1 und 4 als einfacher zu therapieren. Der HCV-Genotyp 1 hat mit
einem Anteil von 50-70% in Deutschland die höchste Prävalenz.
Zahlreiche Untersuchungen konnten zeigen, dass die Therapiedauer und die Ribavirindosis
einen Effekt auf die anhaltende virologische Ansprechrate haben. Die Höhe der Viruslast
ist dabei von besonderer Bedeutung: So sprachen HCV-Genotyp-1-Patienten mit hoher
Virämie signifikant schlechter auf die antivirale Therapie an als Patienten mit niedriger
Virämie (65% versus 47% bei 1000-1200 mg Ribavirin über 48 Wochen) ([6]).
Im Jahre 2004 wurde von der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten
(DGVS) die Empfehlung ausgesprochen, HCV-Genotyp-1-Patienten (sowie Genotyp 4, 5 und
6) bei frühem virologischen Ansprechen ("early virological response", EVR) mit einem
Abfall der Viruslast bis Woche 12 um mindestens zwei Log-Stufen über 48 Wochen mit
Peginterferon plus Ribavirin zu therapieren ([10]). "Mittlerweile hat man aber gesehen, dass nicht in erster Linie der HCV-Genotyp
für die Dauer der Therapie entscheidend ist, sondern vielmehr das initiale Ansprechen
unter der antiviralen Behandlung: Umso früher ein Patient HCV-RNA-negativ ist, desto
besser sind seine Chancen auf eine dauerhafte Heilung", betonte Prof. S. Zeuzem, Homburg
(Abb. [1]).
Individuelle Therapie von HCV-Genotyp 1 möglich
Individuelle Therapie von HCV-Genotyp 1 möglich
Die Zulassungserweiterung für Peginterferon alfa-2b bietet daher unter bestimmten
Voraussetzungen als Option eine nur 24-wöchige Therapie bei HCV-Genotyp-1-Patienten
mit niedriger Ausgangsviruslast (< 600000 IE/ml) und HCV-RNA-Negativität in Woche
4 und Woche 24. Die Zulassungsstudie konnte zeigen, dass unter diesen günstigen Umständen
eine Verlängerung der Therapie auf 48 Wochen nicht mit höheren anhaltenden Ansprechraten
verbunden ist: Von den Patienten, die in den Wochen 4 und 24 HCV-RNA-negativ waren,
erreichten 92% eine SVR (Abb. [2]) ([9]).
"Da etwa ein Drittel der HCV-Genotyp-1-Patienten eine niedrige Ausgangsviruslast von
unter 600000 IE/ml hat, kann eine Vielzahl von Betroffenen von der Zulassungserweiterung
profitieren, die einen Fortschritt für die Individualisierung der Hepatitis-C-Therapie
bedeutet", erklärte Zeuzem. Die Halbierung der Therapiedauer ist nur für die Kombinationstherapie
mit Peginterferon alfa-2b plus Ribavirin zugelassen.
Auswirkungen auf Nebenwirkungen und Kosten
Auswirkungen auf Nebenwirkungen und Kosten
"Im Zusammenhang mit der Verkürzung der Therapiedauer ist die Reduktion von Nebenwirkungen
ein entscheidender Vorteil", betonte PD C. Sarrazin, Homburg. Sarrazin erklärte weiter,
dass Nebenwirkungen wie Depressionen, Reizbarkeit und Schlafstörungen, aber auch Übelkeit,
Juckreiz, Hautveränderungen und Haarausfall, die verstärkt in der zweiten Therapiehälfte
- also nach den ersten 24 Wochen - auftreten, zur Dosisreduktion der Medikamente und/oder
zu Therapieabbrüchen führen können. "Durch die mögliche Halbierung der Therapiedauer
werden den Patienten Nebenwirkungen erspart, wodurch sie besser motiviert werden können,
die Therapie zu Ende zu führen. Daraus resultieren wiederum eine seltenere Reduktion
der Medikamentendosis und weniger Therapieabbrüche aufgrund von Unverträglichkeit",
fasste Sarrazin zusammen. Durch die Verkürzung der Behandlung können außerdem auch
die Therapiekosten reduziert werden. Das bedeutet eine erhebliche Einsparung für das
Gesundheitssystem, da auch die Kosten für die Verschreibung von Begleitmedikationen
deutlich verringert werden können. Hinzu kommt, dass viele Patienten unter der antiviralen
Therapie arbeitsunfähig sind und somit ebenfalls mit Einbußen der Produktivität gerechnet
werden muss.
Sarrazin erklärte abschließend, dass die Verkürzung der Therapiedauer zur Verminderung
der Nebenwirkungen, Abbruchraten und Therapiekosten beitrage. Durch eine zukünftige
weitere Individualisierung der Therapiedauer könnten diese günstigen Effekte optimiert
werden. Die Frage, ob eine Individualisierung der Therapie der HCV-Genotyp-1-Patienten
neuer Standard wird, konnte von allen Experten positiv beantwortet werden.
Quelle: Pressekonferenz "Neue Therapieoptionen bei HCV Genotyp 1", veranstaltet von
der essex pharma GmbH, München