Deutsche Zeitschrift für Onkologie 2006; 38(2): 69
DOI: 10.1055/s-2006-932355
Forschung
Neues aus der Onkologie
Karl F. Haug Verlag, in: MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Lokalisiertes Prostatakarzinom: Ist die aggressive Therapie gerechtfertigt?

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Publication Date:
04 July 2006 (online)

Hintergrund: Bisher ist ungewiss, wie die geeignete Therapie für Patienten mit lokalisiertem Prostatakarzinom aussieht. Eine Studie legte in der Vergangenheit eine zunehmende Krebsmortalität bei Männern nahe, die 15 Jahre nach Diagnosestellung noch leben.

Methoden: P. C. Albertsen et al. hatten bereits 1998 eine Arbeit mit widersprüchlichem Ergebnis vorgelegt, in der sie über den Verlauf bei 767 Patienten mit lokalisiertem Prostatakarzinom berichteten, die nur mit Antiandrogenen behandelt oder beobachtet worden waren. Der Zeitraum hatte sich damals über 15 Jahre erstreckt. Die Autoren führten diese Untersuchung weiter und veröffentlichten jetzt die Ergebnisse 20 Jahre nach Diagnosestellung (JAMA. 2005; 293: 2095-2101). Hierfür hatten sie retrospektiv Daten aus Tumorregistern und Krankenakten gesammelt. Der mediane Beobachtungszeitraum betrug 24 Jahre. Die Autoren bestimmten in Abhängigkeit von Tumorgrad und Alter bei Diagnosestellung die Wahrscheinlichkeit, am Prostatakarzinom zu sterben.

Ergebnisse: Die Mortalitätsrate betrug während des ersten Zeitraums von 15 Jahren 33 auf 1000 Personen-Jahre, in der weiteren Beobachtungszeit 18 pro 1000 Personen-Jahre. Diese Zahlen unterschieden sich nach Anpassung bezüglich der Histologie statistisch nicht signifikant. Es zeigte sich, dass Patienten mit gut differenzierten Tumoren nur ein geringes Risiko haben, innerhalb von 20 Jahren nach Diagnosestellung am Karzinom zu sterben. Bei einem „Gleason Score” von 2-4 waren dies 6 Todesfälle auf 1000 Personen-Jahre. Anders dagegen Patienten mit wenig differenzierten Karzinomen: Bei einem „Gleason Score” von 6-8 betrug die Todesrate bereits während der ersten 10 Jahre 121 auf 1000 Personen-Jahre. Ein Score von 5 oder 6 ging entsprechend mit einem dazwischen liegenden Risiko einher.

Folgerung: Die jährliche Mortalitätsrate bei lokalisierten Prostatakarzinomen scheint nach Aussage der Autoren 15 Jahre nach Diagnosestellung konstant zu bleiben, was eine aggressive Therapie bei gut differenzierten Tumoren in Frage stellt.

Dr. med. Johannes Weiß

Bad Kissingen

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