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DOI: 10.1055/s-2006-932319
Karl F. Haug Verlag, in: MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG
Erhöhter Nüchternblutzucker
Publication History
Publication Date:
12 April 2006 (online)

Risikofaktor für Krebs
Die Bedeutung des Diabetes als Risikofaktor für Krebserkrankungen ist immer noch unsicher. Eine groß angelegte prospektive Kohortenstudie aus Korea mit knapp 1,3 Millionen Teilnehmern zeigt weitere Zusammenhänge auf.
S. H. Jee et al. haben die Daten von 829 770 männlichen und 468 615 weiblichen Versicherten im Alter von 30-95 Jahren ausgewertet (JAMA. 2005; 293: 194-202). Alle Probanden wurden im Zeitraum von 1992-1995 halbjährlich medizinisch untersucht. Dabei erfolgten Bestimmungen des Nüchternblutzuckers sowie Befragungen zu Lebensgewohnheiten und Vorerkrankungen. Die Nachbeobachtung endete 2002. Die Daten wurden mit dem nationalen Sterbe- und Krebsregister bzw. Krankenhausaufzeichnungen korreliert, um die Krebssterblichkeit und -inzidenz für verschiedene Tumorarten zu ermitteln.
In 10 Jahren starben 20 566 Männer und 5907 Frauen an Krebs. Nach Abgleichung von Rauchen und Alkohol erhöhte ein Nüchternblutzucker ≥ 140 mg/dl die Krebssterblichkeit bei Männern um 29 %, bei Frauen um 23 %. Ein hoher Blutzucker war beim Pankreaskarzinom bei beiden Geschlechtern mit einer Verdoppelung des Sterberisikos assoziiert. Bei Männern fanden sich zudem signifikant erhöhte Sterberisiken für Ösophagus- (44 %), Leber- (57 %) und kolorektale Karzinome (31 %), bei Frauen für Leber- (33 %) und Zervixkarzinome (81 %). Die Assoziationen zwischen Nüchternblutzucker und Krebsinzidenz waren ähnlich. Bei Männern und Frauen mit einem Blutzucker ≥ 140 mg/dl war die Krebsinzidenz um 21 % bzw. 24 % höher als bei Personen mit Werten < 90 mg/dl. Die Ergebnisse waren unabhängig vom Body Mass Index. Es bestand ein linearer Trend zwischen steigendem Nüchternblutzucker und wachsenden Mortalitäts- bzw. Inzidenzraten.
Fazit: Die Studie bestätigt einen erhöhten Nüchternblutzucker als unabhängigen Risikofaktor für verschiedene, vor allem gastrointestinale Karzinome. Das Gesamtkrebsrisiko war nur gering erhöht, ebenso die Krebsinzidenz. Allerdings - darauf weisen die Autoren ausdrücklich hin - in einer Population, die weitaus schlanker ist als die westliche.
Kommentar zur Studie: Wie K. A. Cooney und S. B. Gruber von der University of Michigan Medical School in Ann Arbor betonen, sind die Studienergebnisse nicht ohne weiteres auf andere Populationen übertragbar (JAMA. 2005; 293: 235-236). So könne die Bedeutung der Hyperglykämie für das Krebsrisiko in den USA weitaus größer sein als in Korea, da wesentlich mehr Amerikaner an Übergewicht und Diabetes leiden. Künftige Studien müssen zeigen, ob es gelingt, die Krebssterblichkeit durch Blutzuckersenkungen positiv zu beeinflussen.