intensiv 2006; 14(5): 232-235
DOI: 10.1055/s-2006-926972
Pflege

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Arbeitszeit nach dem EuGH-Urteil - lässt sich das umsetzen?

Wolfgang Klein1
  • 1Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg
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Publication Date:
06 October 2006 (online)

Zusammenfassung

Infolge des EuGH Urteils (Jaeger) vom 9.9.2003 [1], in dem eindeutig festgelegt wurde, dass Bereitschaftsdienst Arbeitszeit ist, wurde das neue deutsche Arbeitszeitgesetz (ArbZG) [2] am 1.1.2004 in Kraft gesetzt. Die bis dahin geltenden Arbeitszeitmodelle sollten schnellstmöglich den neuen Bestimmungen angepasst werden. Dass dies nicht so ohne weiteres zu bewerkstelligen war, zeigt die jüngste Verlängerung der Übergangsregelung um ein Jahr bis zum 31.12.2006. Die Fragestellung vor diesem Hintergrund lautet also nicht nur ob, sondern auch welche Arbeitszeiten bzw. Arbeitszeitmodelle lassen sich unter den derzeit geltenden Vorschriften umsetzen. Für die Intensivstationen ergab sich aus dem ArbZG kein wesentlicher Handlungsbedarf. Die Funktionsabteilungen mit ihren vielfältigen Aufgaben und unterschiedlichsten Strukturen wurden aber insbesondere durch die Vorgaben der Tages- und Wochenhöchstarbeitszeiten und der Ruhezeitregelung trotz aller Ausnahmeregelungen gezwungen, ihre bis dato gültigen Arbeitszeitmodelle anzupassen (erst recht im Geltungsbereich des TVÖD [3], der den Rahmen nochmals einengt). Für die Mitarbeiter stand neben der Entlastung eher der finanzielle Aspekt einer Umgestaltung der Arbeitszeit im Vordergrund. Diese Aspekte gelten insbesondere dort, wo bisher im Anschluss an den Bereitschaftsdienst weitergearbeitet wurde.

Auf der Basis einer Strukturanalyse sollte nach Absprache mit allen beteiligten Berufsgruppen der einzelnen Abteilungen ein abteilungsübergreifendes Konzept erarbeitet werden, das trotz aller ökonomischen Zwänge die Qualität der Patientenversorgung erhält, die finanziellen Veränderungen berücksichtigt und für die Gesamtorganisation stimmig ist. Aufgrund der Komplexität der Sachlage und der Vielzahl an Beteiligten ist das Hinzuziehen von externem Sachverstand sinnvoll. Eine Vielzahl von Modellen ist mittlerweile auch im Internet veröffentlicht, die, auf die jeweilige Situation angepasst, sinnvoll erscheinen. (www.lasi.osha.de [4], www.arbeitszeitberatung.de [5] usw.). Wir präferieren ein Modell aus versetzten Diensten mit Nacht- und Wochenendbereitschaftsdiensten, das auch angepasst unter TVÖD-Bedingungen funktioniert. Die finanziellen Verluste halten sich in Grenzen, da im Gegensatz zur bisherigen Praxis die Ruhezeiten zum Teil durch Abfeiern zuvor erbrachter Mehrarbeit gewährleistet werden. Als Fazit zeigt sich, dass eine Umsetzung individuell möglich ist. Je nach Größe und Gegebenheit des Krankenhauses ist dies jedoch nicht ohne personelle und/oder organisatorische Verbesserungen zu realisieren.

Literatur

  • 1 Urteil EuGH vom 9.9.2003 in der Rechtssache „Jaeger”, basierend auf der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23.11.1993, der Richtlinie 2000/34/EG in der geänderten Fassung und dem Urteil EuGH vom 3.10.2000 in der Rechtssache „Simap”. 
  • 2 ArbZRG. 
  • 3 TVÖD. 
  • 4 LASI. Veröffentlichung LV 30: Arbeitszeitgestaltung in Krankenhäusern - Arbeitszeitproblematik am Beispiel des ärztlichen Dienstes. 2. Auflage. Düsseldorf; Eigenverlag des „Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik” 03/2005
  • 5 http://www.arbeitszeitberatung.de. 
  • 6 Herrmann L. Bereitschaftsdienst am Scheideweg. Methodische Grundkenntnisse zur Entwicklung positiver Perspektiven.  Der Personalrat. 2006;  3 111-114
  • 7 Herrmann L, Hoff A. Systematische Wege zu einer zukunftsfähigen Arbeitszeit-Organisation im ärztlichen Dienst und im Funktionsdienst. Arbeitszeit: Gesetz - Modelle - Beispiele ku-Sonderheft 2004 6
  • 8 Kösters R. DKG zur Arbeitszeitproblematik der Klinikärzte.  Der Tag (ehemalige DRG-Zeitung). 2006;  1 1
  • 9 Lörcher K. Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit - Arbeitsschutz hat Vorrang. Verdi 01/2004
  • 10 Blum K, Müller U, Offermanns M. Auswirkungen alternativer Arbeitszeitmodelle. Forschungsprojekt des Deutschen Krankenhausinstituts im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft.  Düsseldorf. 02/2004; 

Wolfgang Klein

Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie, Universitätsklinikum des Saarlandes

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66421 Homburg

Email: wolfgang.klein@uniklinik-saarland.de

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