Notfall & Hausarztmedizin (Hausarztmedizin) 2005; 31(11): 512
DOI: 10.1055/s-2005-923689
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Hypertonie-Therapie - Ohne Compliance kein therapeutischer Erfolg

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Publication Date:
02 January 2006 (online)

 
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Ältere Hypertoniker sind oft multimorbide, benötigen multiple Medikationen und leiden unter Nebenwirkungen der medikamentösen Behandlung. Dadurch reduziert sich ihre Lebensqualität, was wiederum zu einer mangelnden Compliance führt. Bei vielen Hypertonie-Patienten bleibt daher eine Blutdrucksenkung auf die empfohlenen Zielwerte unerreicht. So gelingt eine zufriedenstellende Blutdrucksenkung nur bei maximal 40% der Hochdruckpatienten, mit einer erheblichen Abnahme der Erfolgsrate ab dem 60. Lebensjahr, den Zielblutdruck unter 140/90 mmHg zu erreichen.

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Motivationskiller führen zum heimlichen Therapieabbruch

Nach PD Dr. Friedhelm Späh, Krefeld, gibt es hierfür mehrere Ursachen: Einerseits nimmt die Gefäßelastizität kontinuierlich ab, was eine mangelhafte Gefäß-Compliance bedeutet. Über 60-Jährige vergessen häufig die Tabletten-Einnahme. Dabei sind Männer unzuverlässiger als Frauen, Alleinstehende unzuverlässiger als Verheiratete. Trotz neuer Studienergebnisse erhalten ältere Patienten vor allem Diuretika und Betablocker meist als Monotherapie, neue Antihypertensiva wie Calcium-Antagonisten und ACE-Hemmer - idealerweise als Kombination - werden Patienten häufig vorenthalten. Ein weiterer Grund ist, dass keine gleichberechtigte Partnerschaft zwischen Arzt und Patient ("Concordance") besteht. Um die Bindung des Patienten an seine Medikamente zu optimieren ("Adherence"), benötigen beide Partner eine gute Compliance.

Aber auch hohe Tablettenzahlen, komplizierte Therapieanweisungen, ungünstige Nebenwirkungen und eine chronische Behandlung schaden der Motivation und führen zum heimlichen Abbruch der Therapie. Als Beispiel nennt Späh eine fiktive 79-jährige Frau mit den Diagnosen Hypertonie, Diabetes mellitus Typ II, chronische obstruktive Lungenerkrankung, Arthritis und Osteoporose. Behandelt man diese Patientin nach den aktuellen Clinical Practice Guidelines (CPG), so bekommt sie zwölf verschiedene Medikamente pro Tag mit 19 Einzeldosierungen zu fünf verschiedenen Tageszeiten. Trotz einer Leitlinien-gerechten Behandlung sei der medizinische Erfolg eher zweifelhaft, denn nach den Ergebnissen der Compliance-Forschung wird eine dauerhafte Medikamentenbindung durch komplexe Therapieschemata praktisch verhindert.

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Gute Akzeptanz durch Kombinationspräparate

Spürbare Erfolge bei der Hypertonie-Behandlung in Deutschland lassen sich nur erreichen, wenn es gelingt, allen betroffenen Patienten die beeindruckenden Langzeiterfolge einer optimalen Blutdrucksenkung zu vermitteln. Wie Späh berichtete, hat sich die Fixkombination aus einem Calciumantagonisten (z.B. Nitrendipin[1]) und einem ACE-Hemmer (z.B. Enalapril1) in der Hypertonie-Behandlung bewährt. Es gibt Hinweise, dass eine Kombination aus ACE-Hemmer und Calcium-Antagonist die elastischen Eigenschaften der Arterien nicht nur erhält sondern sogar verbessert. Die damit verbundene Senkung des Pulse-Pressures reduziert die Herzinfarkt- und Apoplex-Rate vor allem bei älteren Hypertonikern mit mehrfachen Risikofaktoren. Mehrere Plazebo-kontrollierte Studien belegen die Erfolge der Zweier-Kombination. Die guten Ergebnisse der Plazebo-kontrollierten SYST-EUR-Studie bei der Hypertoniebehandlung mit einer Kombination aus Nitrendipin1 und Enalapril1, die 1997 zum vorzeitigen Studienabbruch führte, sind durch die Ergebnisse der ebenfalls vorzeitig beendeten ASCOT-BPLA-Studie hochaktuell. Auch aus Sicht der Compliance zeigten ACE-Hemmer, Calcium-Antagonisten und Angiotensin-I-Rezeptorblocker in allen Untersuchungen eine bessere Akzeptanz im Vergleich zu Betablockern und Diuretika. Ein direkter Vergleich zwischen Sartan, ACE-Hemmer und Calcium-Antagonist ergibt keine gravierenden Unterschiede in der Compliance und in der systolischen beziehungsweise diastolischen Blutdrucksenkung.

Trotz aller Fortschritte in der medikamentösen Hypertonie-Therapie muss laut Späh eine optimale Blutdruckeinstellung immer wieder neu erarbeitet werden. Man dürfe sich als Arzt nie sicher sein, ob ein Patient noch kooperiert oder nicht. Gelingt es also, die individuelle Compliance zu verbessern, so profitiert jeder Hypertoniker durch eine dauerhafte Adherence und der Arzt gewinnt mit dem Patienten eine lang anhaltende Concordance.

Quelle: Pressemitteilung "CardioMetabolic Care - Therapeutische Lücken schließen" der Merck Pharma GmbH, Darmstadt.

1 Eneas®, Merck Pharma GmbH

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