Notfall & Hausarztmedizin (Notfallmedizin) 2005; 31(10): A 445
DOI: 10.1055/s-2005-922834
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Vom Anfänger zum routinierten Ausdauersportler - Kompetente Trainingsberatung für sportwillige Patienten

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Publication Date:
30 November 2005 (online)

 
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Viele, die sich zum Joggen entschließen, haben seit 20 oder 30 Jahren keinen Sport mehr betrieben oder sind zuvor kaum mal 30 Minuten am Stück gegangen. Je nach Fitness-Zustand und Alter sollte man deshalb für den Anfang nur ganz kurze Belastungen empfehlen. "Das kann in der ersten Zeit durchaus bedeuten, dass nicht länger als ein bis zwei Minuten am Stück gejoggt wird und die gesamte Trainingseinheit nur fünf bis 30 Minuten dauert. Darauf sollte man Anfänger unbedingt hinweisen, um unnötige Frustrationen zu vermeiden", betont Dr. med. Birgit Friedmann, ehemalige Weltmeisterin im 3000-Meter-Lauf und Oberärztin in der Abteilung für Sportmedizin der Universitätsklinik Heidelberg.

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Wichtig: Laufpartner suchen

Äußerst hilfreich sind feste Trainingstermine, zum Beispiel in Form eines Trainingsplanes. Als sinnvollen Trainingsumfang empfiehlt die Sportmedizinerin drei bis vier Einheiten à 30 bis 40 Minuten. Unterschätzt wird auch immer wieder der Ratschlag, nicht alleine anzufangen. "Sowohl Lauftreffs als auch feste Trainingspartner sind beim Joggen eine sinnvolle Empfehlung", hebt Friedmann hervor, "denn soziale Kontakte erhöhen erfahrungsgemäß immens die Wahrscheinlichkeit, dass Patienten auch tatsächlich beim Ausdauersport bleiben."

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Monotonie ist tödlich!

Wichtig sind außerdem ein paar kompetente Hinweise zur optimalen Belastung. "Für den Anfang haben sich Lauf-Geschwindigkeiten bewährt, bei denen noch eine Unterhaltung möglich ist, aber man trotzdem ins Schwitzen gerät", so Friedmann. Allerdings sollten die Belastungen langfristig variiert werden. "Wer immer die gleiche Strecke im gleichen Tempo läuft, wird sich nicht verbessern, sondern eher verschlechtern und den Spaß am Laufen verlieren." "Der überwiegende Anteil des Trainings sollte im regenerativen und extensiven Bereich in Form des langsamen Dauerlaufs stattfinden", so Friedmann. Dagegen sollten höhere Belastungen wie der Tempo-Dauerlauf nicht zu häufig erfolgen, die aber dennoch wichtig sind und immer wieder eingestreut werden sollten.

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Pulsgesteuertes Training

Für ambitioniertere Sportler bietet sich schließlich das pulsgesteuerte Training an, bei dem die optimale Belastung anhand der Herzfrequenz ermittelt wird. Voraussetzung ist dabei die Bestimmung der maximal erreichbaren Herzfrequenz. Grob abschätzen lässt sich dieser Wert mit der Faustformel 220 minus Lebensalter. Deutlich genauer ist allerdings die individuelle Ermittlung mit einem einfachen Test: 15 bis 20 Minuten aufwärmen und dann drei Läufe mit höherer Intensität über jeweils drei Minuten durchführen. "Zumindest der letzte Lauf sollte mit der höchstmöglichen Belastung erfolgen. Direkt im Anschluss wird der Puls gemessen, der dann als maximale Herzfrequenz anzusehen ist", erläutert Friedmann. Für normale Freizeitsportler ergeben sich daraus drei empfehlenswerte Trainingsbereiche. Die niedrigste Belastung ist der regenerative beziehungsweise langsame Dauerlauf, bei dem sich die Herzfrequenz zwischen 65 und 75% des Maximal-Pulses bewegt, was bei einer maximalen Herzfrequenz von beispielsweise 180 Schlägen pro Minute einem Puls von 117 bis 135 entspricht. Die nächst höhere Stufe ist der mittlere oder extensive Dauerlauf, bei dem die Herzfrequenzen zwischen 75 und 80% des Maximal-Pulses liegen. Der dritte Bereich ist der intensive Dauerlauf beziehungsweise Tempo-Dauerlauf, bei dem Herzfrequenzen zwischen 85 und 90% des maximalen Pulses zum Einsatz kommen. Noch höhere Belastungen mit Herzfrequenzen bis zu 95 oder sogar 100% sind in aller Regel nur für professionellere Sportler zu empfehlen, zum Beispiel im Rahmen eines umfangreichen Marathon-Trainings.

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Anfänger über 35 zum Gesundheits-Check

Bevor man seinen Patienten allerdings zu einem Ausdauertraining rät, ist ein Gesundheits-Check nach Einschätzung von Friedmann vor allem für Anfänger und Wiedereinsteiger ab dem 35. Lebensjahr zu empfehlen. Ratsam sind solche Untersuchungen auch, wenn Risikofaktoren für Herzkreislauf-Erkrankungen vorliegen, also zum Beispiel Rauchen, Bluthochdruck, Dyslipidämien oder ein Diabetes mellitus. Neben einem EKG sollte dabei insbesondere ein Belastungstest auf dem Fahrrad-Ergometer oder Laufband stattfinden, um eine mangelnde Belastbarkeit des Herzens auszuschließen und ein erhöhtes Risiko für kardiale Rhythmus-Störungen, Herzinfarkte oder einen plötzlichen Herztod zu erkennen.

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Patienten zur Pulsuhr raten?

Sportler fragen immer wieder, ob für ein ordentliches Ausdauer-Training eine Pulsuhr notwendig ist. Immerhin lässt sich damit die Herzfrequenz komfortabel via Brustgurt erfassen und per Funk auf die Uhr am Handgelenk übertragen. Grundsätzlich ist eine solche Anschaffung nicht unbedingt notwendig, da sich die Herzfrequenz auch mit einer normalen Armbanduhr und dem Tasten an der Halsschlagader bestimmen lässt. Trotzdem sind Pulsuhren in vielen Fällen eine wertvolle Hilfe, da eine solche Anschaffung nicht nur bei technikbegeisterten Ausdauer-Sportlern zu einem deutlichen Motivationsschub führt. Außerdem kann eine Pulsuhr das Training spürbar vereinfachen, weil das Laufen für die Pulsmessungen nicht mehr unterbrochen werden muss. Zudem müssen keine teueren Luxus-Ausführungen gekauft werden. Einfache Modelle, die schon zwischen 10 und 20 Euro angeboten werden, sind oft völlig ausreichend.

Dr. med. Karl Eberius, Heidelberg