Depressive Erkrankungen weisen die höchste Prävalenz aller psychischen Störungen auf
und liegen auch in der Häufigkeitsskala aller Erkrankungen an vorderer Stelle [3]
[39]. Bewährte pharmakotherapeutische und psychotherapeutische Interventionen stehen
zur Verfügung, dennoch bleiben viele depressive Erkrankungen unzulänglich behandelt.
Ein großes Problem besteht auch hinsichtlich der Compliance bei antidepressiver Medikation.
Entsprechende Untersuchungen konnten zeigen, dass bis zu 60 % aller Patienten die
begonnene antidepressive Medikation bereits drei Wochen nach Behandlungsbeginn wieder
von sich aus beenden [4]
[28].
Auf der Suche nach weiteren effektiven, tolerablen und für die Betroffenen akzeptablen
Behandlungsmethoden wurde die antidepressive Wirkung körperlicher (sportlicher) Aktivitäten
entdeckt [14]
[20]
[30]
[36]
[39]
[50]. In den kontrollierten, randomisierten Studien wurde dabei vorwiegend aerobe Dauerleistung
„running” oder „walking” untersucht. Die zeitliche Intensität der Übungen lag zwischen
drei bis fünf Mal pro Woche und 20 bis 60 Minuten pro Trainingseinheit. Die Dauer
der Therapiestudien schwankte zwischen sechs und 20 Wochen. Untersuchungen an Patienten
mit bipolaren Störungen liegen nicht vor. Die diagnostische Operationalisierung und
die Erfassung der Symptomausprägung erfolgte mit sehr unterschiedlichen Instrumenten.
Diese reichen von DSM-IV (Diagnostic and Statistcal Manual of Mental Disordes) über
RDC (Research Diagnostic Criteria) bis zu BDI (Beck Depression Inventory) und CIS
(Clinical Inteview Scale).
Über welche physiologischen, neurobiologischen Mechanismen neuromuskuläre Aktivität
zu antidepressiven Effekten führt bzw. führen kann, ist noch nicht geklärt. Basierend
auf den bekannten biologischen Depressionstheorien, werden in der vorliegenden Arbeit
entsprechende Hypothesen erstellt.
Untersuchungen
Untersuchungen
Nahezu alle der zahlreichen Untersuchungen [13]
[14]
[20]
[30]
[36]
[38]
[39]
[50] kommen zu positiven Ergebnissen. Viele Untersuchungen weisen, wie in den Arbeiten
von Brosse et al. [14], Craft et al. [20] und Lawler et al. [36] ausführlich dargestellt, erhebliche methodische Mängel auf. Auch finden sich nur
vier methodisch einwandfreie Studien mit diagnostisch klar definierten Patientenkollektiven
[13]
[30]
[38]
[50]. Die Arbeiten enthalten in der Regel keine Diskussion plausibler, neurobiologischer
Hypothesen hinsichtlich der (vermuteten) antidepressiven Effektivität körperlichen
Trainings. In der Übersichtsarbeit von Brosse et al. [14] wird der mögliche Einfluss neuromuskulärer Aktivität auf Neurotransmittersysteme,
neuroendokrine Funktionen und Endorphine diskutiert.
Martinsen et al. [38] und Veale et al. [50] fanden in kontrollierten Untersuchungen mit Patientengruppen [Tab. 1] gemessen am BDI signifikante Verbesserungen in der Therapiegruppe gegenüber der
Kontrollgruppe. Blumenthal et al. [13] sowie Greist et al. [30] verglichen Laufgruppen mit jeweils zwei Kontrollgruppen. Diese waren zum einen eine
medikamentös behandelte Gruppe und eine Gruppe mit Lauftherapie und Medikation, bzw.
eine Gruppe mit zeitlich begrenzter Psychotherapie (insgesamt zehn Sitzungen mit zeitlichem
Limit pro Sitzung) und eine Psychotherapiegruppe (insgesamt zehn Sitzungen) ohne zeitliche
Begrenzung pro Sitzung. Alle Gruppen verbesserten sich im Verlauf signifikant, signifikante
Unterschiede zwischen den Gruppen fanden sich nicht.
Verbindliches fehlt bezüglich der anzuwendenden Methode, d.h. es bleibt offen, ob
Dauerlauf, Walken, Schwimmen, Laufbandtraining, Tanzen, Turnen, Gymnastik, Krafttraining
etc. das geeignete Mittel ist (meist wurde aerobes Dauerleistungstraining - Laufen
- untersucht). In welcher zeitlichen Einzelintensität, wie oft pro Tag oder Woche
und für wie lange insgesamt zu trainieren ist, um die besten antidepressive Effekte
zu erzielen, ist ebenfalls ungeklärt. Für das antidepressive Mittel „körperliche Aktivität”
gibt es also noch keine indikativen „Präparate” und keine „Dosierungen”.
Abgesehen von diesen Unklarheiten bestehen auch noch immer grundsätzliche Zweifel
hinsichtlich der Effektivität. Die meisten Untersuchungen erfüllen nicht die Kriterien,
die an methodisch einwandfreie, replizierbare Untersuchungen zu stellen sind. Es fehlen
operationalisierte Diagnostik, valide und reliable Psychopathometrie, Kontrollgruppen,
Cross-over-Design und Follow-up-Untersuchungen. Lawlor et al. [36], die in ihrer Übersicht nach gründlicher Vorauswahl 17 „randomisierte, kontrollierte
Untersuchungen” einer kritischen Analyse unterzogen haben, kommen zu dem Schluss,
dass „die meisten Studien von minderer Qualität sind, kein Follow-up-Design haben
und an einer mangelhaft operationalisierten, nicht klinischen Population vorgenommen
wurden”. Sie schreiben weiter, „körperliches Training mag bei der depressiven Symptomreduktion
kurzfristig wirksam sein, die Wirksamkeit an einer klinischen Population bleibt ungeklärt”.
Zu ähnlich kritischen Beurteilungen kommen Brosse et al. [14] und Craft et al. [20] in ihren Übersichten. Brosse et al. stellen fest, dass in den vergangenen zehn Jahren
lediglich drei randomisierte klinische Studien zu diesem Thema publiziert wurden,
und nur eine dieser Untersuchungen eine ausreichend große Fallzahl sowie Nachuntersuchungen
vorweisen kann.
Kurzfristige, mit der Trainingsdauer korrelierende, antidepressive Effekte werden
aber auch von den Kritikern für wahrscheinlich gehalten. Auf die zugrunde liegenden
biologischen Wirkmechanismen solcher Effekte gehen aber auch sie nicht oder nur kurz
und unvollständig ein.
Orientiert man sich an den verschiedenen Theorien zur Pathophysiologie der Depression
[Tab. 2], eröffnen sich, insbesondere basierend auf Ergebnissen tierexperimenteller Untersuchungen,
verschiedene Erklärungsmodelle für die antidepressiven Effekte körperlicher Aktivität.
Neurobiologische Mechanismen neuromuskulärer Aktivität
Neurobiologische Mechanismen neuromuskulärer Aktivität
Bisher kann keine Neurotransmitter- und Rezeptorstörung für sich genommen, keine hormonelle
Störung, kein pathologisch-anatomischer Befund und kein Befund der funktionellen Bildgebung
allein die Pathophysiologie der Depression mit ihren affektiven, kognitiven und vegetativ-somatischen
Symptomen erklären.
Andererseits gibt es genügend klare Hinweise dafür, dass das limbische System - Amygdala-Hippocampuskomplex,
Gyrus Cinguli - der präfrontrale Kortex, der Thalamus und hypothalamische Neuronenensembles
sowie die direkte und indirekte monoaminerge Neurotransmission in diesen Arealen der
Pathophysiologie der Depression zugrunde liegen.
Sowohl aus der humanmedizinischen Forschung wie insbesondere aus tierexperimentellen
Untersuchungen liegen Ergebnisse vor, welche die antidepressiven Effekte körperlicher
Aktivität verständlich machen können:
Neurotransmitter- und Rezeptorstörungen
Stand der neurobiologischen Forschung ist, dass neurochemischen Störungen der Reizübertragung
im ZNS eine ausschlaggebende Rolle bei der Ätiopathogenese depressiver Erkrankungen
zukommt. Die Hypothese einer verminderten serotonergen und/oder noradrenergen Neurotransmission
wird durch die Pharmakodynamik der Antidepressiva gestützt. Auch die Neurotransmitter
Dopamin, Acetylcholin und GABA sowie Signaltransduktionssysteme scheinen von Bedeutung
zu sein [43].
Die Hypothese, dass körperliche Aktivität Synthese und Stoffwechsel der zerebralen
Monoamine beeinflusst, unterstützen tierexperimentelle wie auch humane Untersuchungen.
Letztere liefern allerdings nur Daten über Plasmaspiegelerhöhungen der Monoamine und
entsprechender Metaboliten [16]
[17]
[37]
[50]. Rückschlüsse auf ZNS-Konzentrationen von Neurotransmittern sind anhand dieser Befunde
nur bedingt möglich.
In einer Untersuchung wird über erhöhte periphere freie Fettsäuren und erhöhtes freies
Tryptophan als Effekt körperlichen Trainings berichtet [11]. Die Autoren spekulieren, dass eine vermehrte Verfügbarkeit der Aminosäurenvorläufer
im ZNS die Syntheserate für Serotonin erhöhen könnte.
In tierexperimentellen Untersuchungen konnte mittels verschiedener Bewegungsmethoden
(Laufrad, Stufenklettern, Schwimmen) eine signifikante Erhöhung zerebraler Monoamine
ausgelöst werden, verbunden mit positiven Verhaltenseffekten [22]
[25]. Bemerkenswerterweise führte Stufenklettern zu einer selektiven Vermehrung von präfrontalem
Noradrenalin, während Schwimmen in einer erhöhten serotonergen Neurotransmission resultierte.
Diese Befunde müssen insofern kritisch betrachtet werden als die Versuchstiere unter
„erzwungenen” Bedingungen Leistung erbracht haben, sozusagen in Stresssituationen.
Die Ergebnisse könnten also weniger durch die körperliche Aktivität als vielmehr durch
die Stressexposition erklärt sein [21].
Neuroendokrine Störungen
Neuroendokrine Störungen
Alterationen hormoneller Achsen finden sich bei etwa der Hälfte aller depressiven
Patienten. Veränderungen in den hypothalamisch gesteuerten Regelkreisen, die die Ausschüttung
der Kortikoide (HPA-Achse), der Schilddrüsenhormone (HPT-Achse) und des Wachstumshormons
kontrollieren, sind vielfach nachgewiesen [47].
Nachdem der HPA- und HPT-Regelkreis an der Pathophysiologie der Depression beteiligt
sind, könnten Interventionen, die auf diesen Mechanismus zielen, antidepressive Effekte
haben [34]. Körperliches Training kann in der Tat die Stressanfälligkeit des HPA-Regelkreises
stabilisieren. [12]
[52]. Da depressive Zustände häufig von einer HPA-Hyperaktivität gekennzeichnet sind,
könnte eine entsprechende HPA-Regelkreis-Normalisierung auch antidepressive Effekte
beinhalten. Dieser mögliche antidepressive Effekt kann aber nur für einen Teil depressiver
Patienten von Bedeutung sein, da nur in etwa der Hälfte der Fälle die erwähnte Hyperaktivität
der HPA-Achse vorliegt [1].
Eine Verringerung der HPA-Überaktivität - sowohl der depressionsimmanenten wie der
stressinduzierten - ist nicht nur aus Sicht der hormonellen Pathophysiologie von Bedeutung,
sondern auch mit Blick auf hirnmorphologische Konsequenzen.
Während eine vorübergehende erhöhte Glukokortikoidausschüttung im Rahmen einer Stressreaktion
physiologisch sinnvoll ist, führt eine anhaltende Hypersekretion zu hirnmorphologischen
Veränderungen, vor allem im limbisch-hippocampalen Bereich [10]
[33]. Insbesondere nimmt die Synthese von BDNF (brain derived neurotrophic factor) unter
vermehrter Glukokortikoidausschüttung signifikant ab [10]
[15]
[29]. Die Atrophie funktionstragender hippocampaler Nervenzellen und die damit einhergehende
Dysfunktion mit Blick auf die physiologische Fähigkeit des Hippocampus, die HPA-Achse
zu hemmen, führt schließlich zu einem Circulus vitiosus von anhaltend erhöhten Glukokortikoidspiegeln
und hippocampalem Nervenzelluntergang. Intensives körperliches Training kann über
erhöhte BDNF-Synthese [18]
[19]
[27] diesem pathologischen Kreislauf entgegenwirken, was mittelbar in antidepressiver
Effektivität resultieren könnte.
Eine latente oder manifeste Hypothyreose wird als depressionsdisponierender Faktor
erachtet [6]. Schilddrüsenhormonsubstitution gilt als probates Mittel bei der Behandlung therapierefraktärer
Depressionen [2]
[5]
[7]. Über modulierende Einflüsse von Dauerleistungstraining oder körperlicher Aktivität
allgemein auf den HPT-Regelkreis oder die Schilddrüsenfunktion liegen keine Ergebnisse
vor.
Durchblutungs- und Stoffwechselanomalien
Durchblutungs- und Stoffwechselanomalien
Funktionelle bildgebende Verfahren wie PET und SPECT, die die Bestimmung der regionalen
Hirndurchblutung ermöglichen, zeigen bei Depressionen eine Reduktion der Hirndurchblutung
und des Hirnstoffwechsels in anterioren Regionen, insbesondere im linken dorsolateralen
präfrontalen Kortex. Des weiteren fielen Veränderungen von Durchblutung und Stoffwechsel
im Bereich des anterioren und posterioren Cingulums und des medialen präfrontalen
Kortex auf [40]
[45].
Globale oder regionale zerebrale Perfusionsstörungen spielen für die aktuellen pathophysiologischen
Depressionsmodelle im Gegensatz zum Glukosemetabolismus keine nennenswerte Rolle [9]
[23]. Zu letzterem liegen widersprüchliche Ergebnisse vor, wobei je nachdem ein frontaler
oder ein cingulärer Hypo- oder Hypermetabolismus als depressionstypisch postuliert
wird [24]
[26]
[35].
Intensive körperliche Aktivität führt u.a. zu signifikanter zerebraler Durchblutungssteigerung
von regional unterschiedlicher Intensität [32]. Vermehrte Durchblutung führt unmittelbar zu einem intensiveren Angebot aller nervenzellphysiologisch
und -anatomisch notwendigen Substanzen und hat damit einen neuroprotektiven und -reparativen
Effekt. Mittelbar könnte sich dies in einer Normalisierung verschiedenster depressiogener
neuropathologischer und neuropathophysiologischer Gegebenheiten manifestieren.
Strukturelle Veränderungen
Eine Poststroke Depression korreliert eher mit anterioren und linkshirnigen Läsionen
[31]. Potenziell vulnerable Regionen scheinen der Amygdala-Hippocampuskomplex, der Gyrus
cinguli, der präfrontale Kortex und die verbindenden Faszikel zu sein [46].
Neurogenese (Zytoarchitektur/ Neuroplastizität)
Tierexperimentelle Befunde lassen darauf schließen, dass ein Mindestmaß an neuromuskulärer
Aktivität notwendig ist, um physiologische Werte von BDNF (Brain Derived Neurotrophic
Factor) und damit das Potenzial der Neuroplastizität zu sichern [29]
[42]
[44]. Es konnte gezeigt werden, dass bei Ratten unter Laufbandbelastung schon nach kurzer
Zeit der neurotrophe Faktor (BDNF) speziell im Hippocampus hochsignifikant zunahm
[18]
[19]
[42]. BDNF-mRNA und BDNF-Proteine fanden sich aber auch vermehrt im Gyrus dentatus, im
Hilus und in der CA3-Region. Vergleichbares wurde auch in cerebellären und kortikalen
Regionen festgestellt [10].
Adulte Neurogenese findet auch im menschlichen Gehirn statt [27]. Zusammen mit der Neubildung von Dendriten und Synapsen begründet dies das enorme
neuroplastische Potenzial. Der Umstand, dass körperliche Aktivität höchstwahrscheinlich
auch beim Menschen die BDNF-Genexpression in besonderem Maße fördert, wäre für die
Depressionsbehandlung - und nicht nur für diese - von großer Wichtigkeit. Sowohl das
neuroprotektive wie das neurogenetische BDNF-Potenzial speziell im hippocampalen Bereich
spielen eine erhebliche Rolle mit Blick auf verschiedene Dimensionen der Pathophysiologie
der Depression. Körperliches Training könnte also mittelbar über BDNF-Stimulation
zur Normalisierung der HPA-Aktivität bei depressiven Zuständen beitragen und damit
einem möglichen depressiogenen Pathomechanismus entgegenwirken. Der Umstand, dass
es auch unter antidepressiver Medikation zu einer deutlichen Zunahme hippocampaler
BDNF-mRNA-Konzentrationen kommt, stützt die Vermutung, dass darin ein (noch nicht
weiter geklärter) antidepressiver Mechanismus gründet [48].
Der Hippocampus ist von herausragender Bedeutung für kognitive Prozesse, insbesondere
für die Organisation des deklarativen Gedächtnisses. Dyskognitive Symptome sind in
vielen Fällen integraler Bestandteil depressiver Erkrankungen [8]. Zumindest die Besserung solcher depressiver Teilsymptome wäre über die wiederholt
erwähnte trainingsinduzierte BDNF-Aktivierung und die damit einhergehende adulte hippocampale
Neurogenese unmittelbar zu erklären [27]
[49].
Fazit
Fazit
Hinsichtlich des geeigneten („antidepressiven”) Typs körperlicher Aktivität sprechen
klinische Untersuchungen [18]
[19]
[32]
[33] und tierexperimentelle Untersuchungen [29]
[42]
[44]
[49] dafür, dass positive neurotrope Effekte nicht über statische oder anaerobe Leistungen
[38] zu erzielen sind, sondern durch aerobe dynamische Dauerleistungen. Hollmann et al.
[33] beschreiben die „allgemeine aerobe dynamische Ausdauer” als eine „dynamische Beanspruchung
unter Einsatz von mehr als mindestens 1/6 der gesamten Skelettmuskulatur über eine
Zeitspanne von mindestens fünf Minuten mit einer Belastungsintensität unterhalb von
70 % der individuellen Höchstleistungsfähigkeit”.
Die Vermutung, dass körperliche Aktivität im Allgemeinen und gezieltes sportliches
Dauerleistungstraining im Besonderen nicht nur gut für die körperliche Verfassung
sind, sondern auch Geist und Seele beflügeln, reicht bis in die Antike („mens sana
in corpore sano”). Die klinische Psychiatrie der jüngeren Vergangenheit und Gegenwart
mit ihrer Zentrierung auf Psychotherapie und Pharmakotherapie sieht Spiel und Sport
eher als allgemeine euthyme Beschäftigungsmaßnahme und misst ihr bisher keine spezifisch-therapeutische
Effektivität zu. Die ersten Untersuchungen zum Thema Depressivität und körperliche
Aktivität kamen auch nicht aus der psychiatrischen Forschungsrichtung, sondern seitens
der Sportphysiologie [39]. Dies hat sich in jüngster Zeit geändert. Zu zuverlässigen und schlüssigen Ergebnissen
ist man dennoch noch nicht gekommen. In Sachen körperlicher Aktivität und neurobiologische
Effekte kamen in den letzten Jahren bemerkenswerte Hinweise aus der experimentellen
Neurophysiologie. Vor allem die Untersuchungen, die für einen engen Zusammenhang zwischen
körperlicher Aktivität, Neurogenese und Neuroplastizität sprechen, liefern vielversprechende
Ausblicke auch für die humane Neurowissenschaft.
Die präventive, therapeutische und rehabilitative Bedeutung von Sport und Bewegung
für z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Übergewicht, Bluthochdruck und Diabetes mellitus
ist längst unbestritten. Mit Blick auf Gehirngesundheit und damit auch psychische
Gesundheit öffnet sich nunmehr eine neue Dimension, deren Bedeutung noch nicht abzuschätzen
ist.
Tab. 1 Kontrollierte, randomisierte Studien an depressiven Patienten mit operationalisierter
Diagnose
Autoren
|
Gesamtgruppe
|
Untersuchungsgruppen und Art der Intervention
|
Dauer der Studie
|
Ergebnis
|
Blumenthal et al. |
156 |
-
Lauftraining
-
Medikation
-
Lauftraining und Medikation
|
16 Wo. |
Keine Unterschiede zwischen den Gruppen |
Greist et al. |
49 |
-
Lauftraining
-
zeitlich (pro Sitzung) begrenzte Psychotherapie
-
zeitlich (pro Sitzung) unbegrenzte Psychotherapie
|
12 Wo. |
Keine Unterschiede zwischen den Gruppen |
Martinsen et al. |
49 |
-
Lauftraining
-
Routineversorgung
|
9 Wo. |
Therapiegruppe signifikant besser als Kontrollgruppe |
Veale et al. |
83 |
-
Lauftraining
-
Routineversorgung
|
12 Wo. |
Therapiegruppe signifikant besser als Kontrollgruppe |
Tab. 2 Pathophysiologische und pathoanatomische Grundlagen der Depression
-
Neurotransmitter- und Neurorezeptor-Hypothesen
-
Neuroendokrine Hypothesen
pothalamus-Hypophysen-Nebennierenrindenachse
pothalamus-Hypophysen-Schilddrüsenachse
-
Durchblutungs- und Stoffwechselanomalien
-
Strukturelle Veränderungen
Neurogenese/Neuroplastizität
|