Notfall & Hausarztmedizin (Hausarztmedizin) 2005; 31(9): B 374
DOI: 10.1055/s-2005-919730
Blickpunkt

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Chronische Rücken- und Kreuzschmerzen - COX-2-Hemmer bereichern therapeutische Optionen

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Publikationsdatum:
08. November 2005 (online)

 
Inhaltsübersicht

Chronische Rücken- und Kreuzschmerzen ziehen in Europa jeden fünften Erwachsenen in Mitleidenschaft und zählen zu den häufigsten muskuloskelettalen Schmerzen überhaupt. Am höchsten ist die Prävalenz in Norwegen, am niedrigsten in Spanien, Deutschland rangiert im Mittelfeld. Meist sind die Schmerzsyndrome mäßig bis stärker ausgeprägt und schmälern die Lebensqualität zum Teil erheblich. Am häufigsten sind Menschen in der fünften und sechsten Lebensdekade betroffen.

Chronische Schmerzen im Rücken- und Kreuzbereich wirken sich auch negativ auf die Arbeitsfähigkeit aus. So ergaben Umfragen in Großbritannien, dass rund 6% der Angestellten im Monat zuvor mindestens einen Arbeitstag versäumt hatten. Auf das Jahr der Umfragen extrapoliert, bedeutet das einen Verlust von ungefähr 52 Millionen Arbeitstagen, berichtete Prof. Marc C. Hochberg, Baltimore, Maryland. Die Mehrzahl der Schmerzgeplagten bleibt der Arbeit weniger als eine Woche fern. Doch immerhin knapp ein Zehntel ist länger als einen Monat arbeitsunfähig. Chronische Rückenschmerzen sind also mit immensen direkten und indirekten Kosten verbunden.

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Schmerzen bekämpfen und Funktionen wiederherstellen

Chronische Rücken- und Kreuzschmerzen sind in aller Regel mechanisch bedingt. Als Ursachen kommen degenerative Diskopathie, hypertrophe Spondylosis, Spondylolithesis, Osteoarthrose der Facettengelenke und Stenosen des Spinalkanals in Betracht. Differenzialdiagnostisch zu berücksichtigen sind das Cauda-equina-Syndrom, das dissezierende Aneurysma der Aorta abdominalis, die vertebrale Osteomyelitis, Malignome einschließlich multipler Myelome und systemische Entzündungen wie die Spondylitis ankylosans.

Liegen dem chronischen Rücken- und Kreuzschmerz keine strukturellen Störungen oder lokale oder systemische Entzündungsprozesse zugrunde, zielt die Therapie in erster Linie darauf ab, die Schmerzen zu stillen und die Funktionen wiederherzustellen. Für die Pharmakotherapie eignen sich NSAR einschließlich der selektiven COX-2-Inhibitoren, Muskelrelaxanzien sowie trizyklische Antidepressiva. Die nichtpharmakologische Therapie umfasst Übungsprogramme, Massagen und kognitive Verhaltenstherapie. Die aktuelle Datenlage besagt, dass die Kombination pharmakologischer und nichtpharmakologischer Maßnahmen einen additiven therapeutischen Effekt nach sich zieht.

Im Unterschied zu nichtselektiven NSAR sind selektive COX-2-Hemmer wie Etoricoxib gastrointestinal deutlich besser verträglich. In zwei plazebokontrollierten Studien, die jeweils über drei Monate liefen, gelang der Nachweis, dass Etoricoxib (Arcoxia®) in einer einmaligen Tagesdosis von 60 bzw. 90 mg in puncto Schmerzreduktion Plazebo signifikant überlegen ist, betonte Prof. José Antonio Pereira da Silva, Coimbra, Portugal. Teilnehmer der Studien waren Patienten mit chronischen, unspezifischen Rücken-/Kreuzschmerzen. Etoricoxib bewirkte darüber hinaus eine signifikante Verbesserung der Lebensqualität und der Gesamtbeurteilung.

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Wirksamkeit auch bei Spondylitis ankylosans

Dass auch Patienten mit Spondylitis ankylosans, alias Morbus Bechterew, von Etoricoxib profitieren, belegt eine doppelblinde Parallelgruppenstudie, in der 387 Patienten 52 Wochen lang mit täglich 90 oder 120 mg Etoricoxib oder mit 1000 mg Naproxen behandelt wurden. Während der ersten sechs Wochen erhielt ein Teil der Patienten auch Plazebo. Beide Dosen des COX-2-Hemmers und Naproxen waren in den drei primären Endpunkten Plazebo überlegen, berichtete Prof. Tore K. Kvien, Oslo.

Die drei primären Endpunkte waren die Beurteilung der Rückenschmerzen und die Globalbeurteilung der Krankheitsaktivität durch den Patienten sowie der BASFI (Bath Ankylosing Spondylitis Functional Index). Es fiel auf, dass Etoricoxib dem Naproxen in allen drei Endpunkten überlegen war, und zwar nicht nur bei der Analyse nach sechs Wochen, sondern auch am Studienende nach einem Jahr. Auch bei den sekundären Endpunkten schnitten die Patienten mit 90 und 120 mg Etoricoxib besser ab.

Die Response-Kriterien nach ASAS (Assessment in Ankylosing Spondylitis International Working Group) wurden nach sechswöchiger Behandlung von 65% der Patienten erfüllt, die mit Etoricoxib therapiert worden waren. Von der Vergleichsgruppe erfüllten 52,5% und von der Plazebogruppe 20,4% die ASAS-Kriterien. Laut aktueller Datenlage bietet Etoricoxib nach Kviens Einschätzung eine hoch wirksame Option für die Symptomenkontrolle beim M. Bechterew.

Karl B. Filip, Landsberg am Lech

Quelle: Symposium "Spine and Back Pain: The Evolution of Improved Therapies" anlässlich des EULAR-Kongresses in Wien, Juni 2005. Veranstalter: MSD SHARP & DOHME GMBH, Haar