Das Thema der postpsychotischen Depression bei schizophrenen Patienten wurde vor Jahren
insbesondere im Zusammenhang mit der eventuellen depressiogenen Wirkung konventioneller
Neuroleptika intensiver diskutiert als heute. Jedoch zeigt auch die gegenwärtige klinische
Erfahrung, dass postpsychotische Depressionen nicht allein pharmakogen, sondern auch
morbogen weiterhin ein relevantes Phänomen darstellen. Diagnostisch müssen sie zur
Negativsymptomatik [Tab. 1] abgegrenzt werden, therapeutisch muss der Einsatz von Antidepressiva abgewogen werden,
wobei die Gefahr besteht, dass diese ein psychotisches Rezidiv auslösen können. Gegebenenfalls
kann auch ein Mood-Stabilizer verordnet werden. Konzeptionell taucht hier das „Gespenst”
der Einheitspsychose auf, von der man post-kraepelinianisch immer hoffte, dass es
aus dem Reich der Psychiatrie verschwunden wäre. Wenn affektive Beschwerdebilder wie
Depressionen oder Manien mit psychotischen Symptomen wie Wahn einhergehen können,
wenn es eine nosologische Entität der schizoaffektiven Störung gibt, die beides in
sich vereinigt, und wenn eine ganze Reihe von affektiven Symptomen und Syndromen im
akuten Querschnitt, aber auch als z.B. postpsychotische Depression im Verlauf schizophrener
Erkrankungen auftreten können, so liegt die Vorstellung nahe, dass endogene Psychosen
nicht dichotomisch, sondern nur als zwei Seiten einer Medaille als Kontinuum konzeptionalisiert
werden können. Entsprechende neurobiologische und genetische Modelle werden gegenwärtig
diskutiert [18]. Unklar ist auch, warum sich das psychopathologische Zustandsbild im Rahmen schizophrener
Erkrankungen nach Abklingen der psychotischen Symptomatik in Richtung einer postpsychotischen
Depression ändert. Im Rahmen jahrelang verlaufender schizophrener Erkrankungen kann
es zu postremissiven Erschöpfungsdepressionen kommen (ein früher mehr verwendeter
Begriff für die postpsychotische Depression bei schizophrenen Patienten). Ob der Patient
depressiv wird und sich leer fühlt, weil die „Buntheit” der Psychose abklingt, bzw.
der ungeheure Stress der akuten psychotischen Episode nachlässt und damit das Erschöpfungsgefühl
spürbar wird, ist wie die Frage mit der Henne und dem Ei schwierig zu beantworten.
Viele Patienten bemerken erst nach Abklingen der psychotischen Symptomatik, welche
beruflichen, familiären und persönlichen Belastungen (wieder) auf sie zu kommen, während
der Psychose waren diese Probleme dagegen zweitrangig und von der Psychose überlagert.
Was sich neurobiologisch in dieser Verlaufsdynamik, die zur Hervorbringung der postpsychotischen
Depression führt, abspielt, kann nur vermutet werden. Eventuell spielt hier der Wechsel
von einer phasenhaft häufig erhöhten dopaminergen Neurotransmission im mesolimbischen
Verstärkungssystem (ventrales Striatum) während der akuten Psychose zu einer eher
niedrigen dopaminergen (und vermutlich auch serotonergen) Stoffwechsellage, durch
Abklingen der akuten Erkrankung bedingt und/oder durch die Gabe der neuroleptischen
D2-Blocker. Eine niedrige dopaminerge Stoffwechsellage ist offenbar, vor allem wenn
sie präfrontal auftritt, bei der schizophrenen Negativsymptomatik beteiligt. Auch
bei der Depression spielt der Dopaminmangel eine Rolle [7].
Postpsychotische Depressionen bei schizophrenen Patienten sind psychiatriegeschichtlich
bereits seit dem 19. Jahrhundert gut bekannt [13]. Kahlbaum lieferte 1863 die erste klinische Beschreibung dieses Phänomens bei 26
Patienten. Obwohl Kraepelin affektive und schizophrene Erkrankungen dichotom betrachtete,
berichtete er auch affektive Veränderungen bei Beginn der Dementia praecox. Bleuler
fasste in seiner Unterteilung zwischen Haupt- und akzessorischen Symptomen die depressive
Symptomatik neben Wahn und Halluzinationen bei den sekundären Symptomen auf. Mayer-Gross
betonte Mitte der 1950er-Jahre, dass das Vorliegen einer Depression oder Manie im
Zusammenhang charakteristischer schizophrener Symptome die Diagnose einer Schizophrenie
keineswegs ausschließt oder schwächt.
Neuroleptika als Auslöser?
Neuroleptika als Auslöser?
Die Prävalenz postpsychotischer Depressionen, aber auch von Suiziden, nahm mit der
Einführung der Neuroleptika zu [10]. Da sich die depressiven Zustandsbilder vor allem als akinetische Symptome manifestierten,
wurde vermutet, dass sie allein durch Neuroleptika ausgelöst werden [26]. Frühe Längsschnittuntersuchungen ergaben jedoch, dass depressive Symptome bei nahezu
allen schizophrenen Patienten mit einer akuten Exazerbation nach Rückbildung der psychotischen
Symptomatik auftreten und dass Antidepressiva keinen Effekt hierauf haben [2]. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass nicht nur moderne, sondern auch konventionelle
Neuroleptika sowohl die psychotische als auch die depressive Symptomatik verbessern
[12]. Die Lebenszeitprävalenz von postpsychotischen Depressionen bei schizophrenen Patienten
liegt bei ungefähr 60 % [19]. Depressive Syndrome im Rahmen schizophrener Erkrankungen treten dabei vor allem
in der akuten Phase der Erkrankung auf, vermutlich weniger nach Remission. Später
im Verlauf manifestiert sich möglicherweise die Symptomatik, die akut als depressive
in Erscheinung tritt, eher als Negativsymptomatik manifestieren. Suizidalität und
suizidales Verhalten sind sehr häufig bei schizophrenen Patienten. Ungefähr 10 % der
Patienten überleben die ersten zehn Jahre der Erkrankung nicht, vor allem junge Männer
am Beginn der Erkrankung. Rund 60 % der schizophrenen Patienten, die einen Suizid
dann begehen, litten nach einer Untersuchung von Roy vor ihrem Tode an depressiven
Symptomen [22]. Vor allem die Prodromalphase, in der das Vollbild der psychotischen Störung noch
nicht vorhanden ist, ist im Durchschnitt durch eine depressive Symptomatik charakterisiert.
Häufig wird daher zunächst die Diagnose einer Depression gestellt. Nach Häfner et
al. [9] ist die Depression im Frühverlauf der Schizophrenie eine eher basale und unspezifische
Folge und Reaktion einer über Jahre gestörten Hirnentwicklung. Bei Fortschreiten dieser
dysfunktionalen, wenn nicht degenerativen Hirnstörung kommt es dann zu den psychotischen
Zustandsbildern und Schizophrenie.
Bei der postpsychotischen Depression scheint es sich also in erster Linie um ein transientes,
phasenhaft auftretendes Phänomen zu handeln, bei der depressiver Affekt und ein deutlicher
sozialer Rückzug in der Folge der Remission einer floriden psychotischen Symptomatik
auftreten [17]. Dabei beginnt die postpsychotische Depression bei schizophrenen Patienten nicht
plötzlich, sondern ist eine sich dann schärfer akzentuierende Fortsetzung bereits
aufgetretener depressiver Symptome. Auch wenn die Prävalenzangaben in der Literatur
stark schwanken, erleiden vermutlich nur etwa 60 % der Patienten im Laufe ihrer Erkrankung
mindestens einmal eine postpsychotische Depression. Damit stellt sich die Frage, ob
diese Patienten auf eine besondere Weise charakterisiert sind. Chintalapudi et al.
[6] fanden in einer indischen Untersuchung, dass die Patienten, die eine postpsychotische
Depression erleiden, durch einen schwereren Verlauf ihrer Gesamterkrankung mit häufigerem
und intensiverem Auftreten von sowohl psychotischer als auch depressiver Symptomatik
sowie durch eine höhere Zahl von Hospitalisationen gekennzeichnet sind. Dies bestätigten
auch die Untersuchungen von an der Heiden et al. [1]. Huppert et al. [11] fanden, dass das Auftreten von Depressionen bei schizophrenen Patienten vor allem
mit der Einschränkung von Lebensqualität korreliert war. Darüber hinaus wurde beobachtet,
dass postpsychotische Depressionen insbesondere bei Patienten mit einer paranoiden
Schizophrenie im Vergleich zu denen mit einer nicht-paranoiden schizophrenen Erkrankung
auftreten [5]. Auch das mögliche Involviertsein depressiver Episoden bei der Entwicklung stärkerer
kognitiver Leistungseinbußen wird diskutiert [25]. Möglicherweise erbringen hier genetische Untersuchungen in den nächsten Jahren
mehr Aufschluss.
Postpsychotische Depression - Depression im Intervall
Postpsychotische Depression - Depression im Intervall
Dass eventuell der Begriff „postpsychotische Depression” unglücklich gewählt ist,
und man lieber eine postpsychotische Depression bei schizophrenen Patienten auf der
einen Seite von dem Auftreten einer Depression (oder eines depressiven Syndroms) irgendwann
im Intervall, d.h. auch in der residualen und chronischen Phase der Erkrankung abtrennen
sollte, reflektieren auch die Klassifikationssysteme (z.B. [Tab. 2]). Im DSM-IV kann eine majore Depression und eine Schizophrenie nicht gleichzeitig
diagnostiziert werden. Im Appendix B des DSM-IV (Forschungskriterien) wird die postpsychotische
Depression als Auftreten depressiver Symptome, die die Kriterien einer majoren Depression
erfüllen, irgendwann in der residualen Phase der Schizophrenie beschrieben. Die residuale
Phase, die der akuten psychotischen Phase folgt, und die entweder chronisch verlaufen
oder zur vollständigen Remission führen kann, ist durch Negativ- und abgeschwächte
Positivsymptome charakterisiert. Eine Depression im Sinne von DSM-IV tritt vorzugsweise
während und nach der Remission der akuten psychotischen Symptomatik auf, kann jedoch
zur Diagnose eines depressiven Syndroms als prodromales Zeichen eines drohenden psychotischen
Rückfalls herangezogen werden. Depressive Symptome treten oft im Vorfeld einer erneuten
psychotischen Exazerbation auf, jedoch fehlen ihnen diagnostische Spezifität und prädiktive
Kraft. Im ICD-10 hat die postpsychotische Depression im Gegensatz zu DSM-IV mit F20.4
eine eigene Ziffer und wird hier definiert als: „Eine unter Umständen länger anhaltende
depressive Episode, die im Anschluss an eine schizophrene Erkrankung auftritt. Einige
„positive” oder „negative” schizophrene Symptome müssen noch vorhanden sein, beherrschen
aber das klinische Bild nicht mehr. Diese depressiven Zustände sind mit einem erhöhten
Suizidrisiko verbunden.” Das entscheidende Kriterium bei ICD-10 im Gegensatz zu DSM-IV
ist, dass die allgemeinen Kriterien für eine Schizophrenie während der letzten zwölf
Monate erfüllt gewesen sein müssen, d.h. nur in diesem Zeitraum können postpsychotische
Depressionen als solche mit F20.4 diagnostiziert werden. ICD-10 schlägt vor, dass
eine depressive Episode (F32.x) dann diagnostiziert werden sollte, wenn die depressive
Symptomatik erst auftritt, nachdem der Patient keine schizophrenen Symptome mehr aufweist.
D.h. nach ICD-10 müssten Depressionen im Intervall bei schizophrenen Patienten, die
länger als zwölf Monate keine akute psychotische Exazerbation mehr hatten, eher als
eine rein affektive, also depressive Episode charakterisiert werden. Hier sollte für
„ICD-11” tatsächlich überlegt werden, ob es sinnvoll ist, zwei Kategorien von depressiven
Beschwerdebildern bei schizophrenen Patienten zu schaffen, die der eindeutig postpsychotisch
auftretenden Depression und die der Depression im Intervall. Die Übernahme der weiten
Definition von DSM-IV erscheint dagegen nicht unbedingt sinnvoll. Die Untersuchung
von Bressan et al. [3] unterstützt diese Sichtweise. Diese Autoren fanden, dass bei den schizophrenen Patienten
mit einer depressiven Symptomatik, die die Kriterien einer majoren Depression erfüllten,
die Kriterien von DSM-IV zutrafen, während dies nur bei 10 % der Patienten für ICD-10
der Fall war. Es gab daher keinen Unterschied zwischen der Auftretenswahrscheinlichkeit
von Depressionen bei den untersuchten schizophrenen Patienten zwölf Monate nach der
letzten psychotischen Episode und außerhalb dieser Zeitperiode. Die Autoren kommen
zu der Schlussfolgerung, dass sinnvolle Kriterien für depressive Episoden bei schizophrenen
Patienten eine zeitliche Relation zu den psychotischen Episoden vermeiden sollten.
Dies ist insbesondere sinnvoll, wenn man die Langzeitperspektive über Jahrzehnte bei
schizophrenen Patienten betrachtet. Patienten, die langfristig an einer residualen
und chronischen Schizophrenie leiden und bei denen es kaum noch zum Auftreten akuter
psychotischer Phasen kommt, weisen bis zu 70 % „postpsychotische” Depressionen auf,
die unabhängig von der neuroleptischen Therapie sind [20]. Auch rein klinisch betrachtet, stellt das Auftreten depressiver Symptome bei Abklingen
einer akuten psychotischen Phase eine andere diagnostische und therapeutische Herausforderung
dar als die depressiven Bilder im Intervall. Postpsychotisch ist der „Umschlag” in
die Depression oft sehr deutlich an der stark einsetzenden depressiven Verstimmung,
sozialem Rückzug, Schlafstörungen, Hoffnungslosigkeit und aufkommenden Suizidideen
zu sehen. Medikamentös stellt sich hier häufig die Frage, ob das gewählte Neuroleptikum
oder ein zweites, vielleicht eher auch ein gegen Angst und Depression wirkendes atypisches
Neuroleptikum die Symptomatik beherrscht oder ein Antidepressivum hinzugefügt werden
muss, das wiederum die Gefahr der Reexazerbation in sich birgt. Die Depression im
Intervall bei schizophrenen Patienten macht es dem Kliniker oft schwer, aufgrund ihrer
sich langsam entwickelnden Manifestation eine sichere Differenzialdiagnose zur Negativsymptomatik
zu treffen. Therapeutisch neigt man hier zum raschen Einsatz von Antidepressiva, zumal
auch diese im Falle einer eher bestehenden Negativsymptomatik hilfreich sein können.
Ob das Vorgehen von DSM-IV zur Differenzialdiagnose einer Depression bei schizophrenen
Patienten von prominenter Negativsymptomatik wie Apathie, Anhedonie und sozialer Rückzug,
nämlich das Kriterium A1 für majore Depression (depressive Stimmung) und A2 (Interessenverlust),
wirklich ausreicht, bleibt dahingestellt. Wissenschaftliche Studien scheinen eher
keine Überlappung zwischen depressiven und negativen Symptomen bei schizophrenen Patienten
insbesondere psychopathologisch (eher zwischen Negativsymptomatik und den somatisch-vegetativen
Symptomen der Depression) zu finden [8]. Klinisch stellt sich dies jedoch oft anders dar.
Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnostisch ist eine postpsychotische Depression abzugrenzen von einer
akuten Psychose selbst, in der eine ganze Reihe von depressiven Symptomen auftreten
kann, insbesondere im Rahmen der Erstmanifestation. Auf der anderen Seite muss das
Vorliegen einer eher rein affektiven Erkrankung im Sinne einer majoren Depression
(z.B. mit wahnhaften Zügen) ausgeschlossen sein, insbesondere bei Patienten, bei denen
das eindeutige Vorliegen einer schizophrenen Störung in der Vergangenheit eher fraglich
ist. Differenzialdiagnostisch muss weiterhin die depressiogene Wirkung typischer Neuroleptika
mit erwogen werden, aber auch von einigen Atypika, die eine starke D2-Blockade aufweisen. Atypika, die stärker auch andere Neurotransmittersysteme wie
das serotonerge, noradrenerge etc. beeinflussen (wie Aripiprazol, Clozapin, Quetiapin,
Ziprasidon), weisen dagegen offenbar eine eigene therapeutische Wirkung auf Depression
und Suizidalität auf. Viele schizophrene Patienten (vermutlich um die 50 %) leiden
zusätzlich an manifesten somatischen Erkrankungen. Solche Erkrankungen, insbesondere
die systemisch verlaufenden wie Hypothyreoidismus, Niereninsuffizienz, Krebs, Tuberkulose,
HIV etc, und/ oder auch ihre Behandlung mit psychotrop wirksamen Substanzen können
ebenfalls Depressionen auslösen, bzw. sie unterhalten. Bei ebenfalls ungefähr 50 %
der Patienten wird vermutet, dass sie Missbrauch mit Alkohol oder Drogen wie Cannabis
und Kokain betreiben [4]. Solche Drogen, ihr Gebrauch und auch ihr Entzug, verursachen affektive Veränderungen
wie depressive und dysphorische Verstimmungen.
Pharmakologische Behandlung
Pharmakologische Behandlung
Der Einsatz von Antidepressiva bei der postpsychotischen Depression, d.h. bei Depressionen
bei schizophrenen Patienten, die unmittelbar nach der Remission der psychotischen
Episode auftreten, scheint wenig sinnvoll zu sein [15]
[27]. Empfohlen wird die Optimierung der neuroleptischen Medikation, d.h. ein Wechsel
auf ein auch antidepressiv wirksames atypisches Neuroleptikum wie Quetiapin, Ziprasidon
oder Aripiprazol. Warum atypische Neuroleptika insgesamt besser zur Behandlung auch
der depressiven und ängstlichen Symptomatik geeignet sind, wird in erster Linie auf
ihr pharmakologisches Profil zurückgeführt [21], das direkte antidepressive Eigenschaften und nicht indirekte über die Reduktion
der Positivsymptomatik verspricht. Je nach Medikament [Tab. 3], aber teilweise auch für die gesamte Substanzgruppe kann ein 5-HT1A-Agonismus (der vermutlich für Depression und Angst entscheidendste Mechanismus bei
den oben genannten Atypika), Blockade der Noradrenalin- und Serotoninwiederaufnahme
(vor allem bei Ziprasidon und Zotepin), geringe D2-Blockade, parzieller D2-Agonismus (Amisulprid, Apripiprazol), selektive Beeinflussung des präsynaptischen
Dopamin-Autorezeptors, Loose-binding-Konzept (als Hypothese), 5-HT2-Antagonismus oder limbische Selektivität (vor allem für das ventrale Striatum) beobachtet
werden. Bisher wurde jedoch nur für Olanzapin eine (mit Haloperidol) kontrollierte
Studie zur Wirksamkeit der Atypika bei depressiven Symptomen durchgeführt [16]. Zudem sollte der Einsatz von Anticholinergika zur Behandlung einer eventuell nur
subklinisch vorliegenden, Neuroleptika-induzierten akinetischen Depression erwogen
werden. Bei der Depression im Intervall, in der Residualphase, wird schon eher der
Einsatz von Antidepressiva als hilfreich angesehen. So konnten Siris et al. [24] zeigen, dass eine Add-on-Therapie mit Imipramin zu Fluphenazin Plazebo gegenüber
hinsichtlich der Verbesserung der depressiven Symptomatik bei sonst stabilen schizophrenen
Patienten überlegen war. Kontrollierte Studien zur Behandlung von Depressionen im
Rahmen schizophrener Erkrankungen sind jedoch insgesamt selten und konzentrieren sich
eher auf die Trizyklika. So gibt es offenbar bislang keine plazebokontrollierten Studien
zur Wirksamkeit neuerer Antidepressiva wie der SSRI und anderer bei der postpsychotischen
Depression. Klinisch-psychopharmakologisch konnten aber vom Autor günstige Erfahrungen
mit Mirtazapin (und abgeschwächt mit Venlafaxin) bei depressiven Syndromen nach der
Remissionsphase gefunden werden, während SSRIs bei Depressionen im Intervall sinnvoll
sein können, einer Phase, in der die Patienten von der Psychose und von der neuroleptischen
Einstellung her bereits stabil anzusehen sind. Zunehmend sollte bei depressiven Zustandsbildern
bei schizophrenern Patienten auch der Einsatz von Psychotherapie, insbesondere der
kognitiven Verhaltenstherapie, erwogen werden, die offenbar nicht nur zur Verbesserung
der residual-psychotischen, sondern auch der depressiven Symptomatik beiträgt [23].
Tab. 1 Kennzeichen der schizophrenen Negativsymptomatik
Alogie: Verarmung der Sprache; Verlängerung der Antwortlatenz
Affektverflachung: Verarmung des Fühlens sowie der emotionalen Ausdrucks - und Apathie Mangel an Energie
und Antrieb, Interessenlosigkeit, Abschwächung des Willens
Anhedonie: Unfähigkeit, Vergnügen oder Freude zu empfinden
Asozialität: Eingeschränkte oder fehlende Konfliktfähigkeit und dadurch Mangel an sozialen Interaktionen
Aufmerksamkeitsstörungen: Beeinträchtigung der Konzentrationsfähigkeit |
Tab. 2 F20.4 Postschizophrene Depression nach ICD-10
Eine unter Umständen länger anhaltende depressive Episode, die im Anschluss an eine
schizophrene Krankheit auftritt. Einige „positive” oder „negative” schizophrene Symptome
müssen noch vorhanden sein, beherrschen aber das klinische Bild nicht mehr. Diese
depressiven Zustände sind mit einem erhöhten Suizidrisiko verbunden.
Wenn der Patient keine schizophrenen Symptome mehr aufweist, sollte eine depressive
Episode diagnostiziert werden (F32.-).
Wenn floride schizophrene Symptome noch im Vordergrund stehen, sollte die entsprechende
schizophrene Unterform (F20.0-F20.3) diagnostiziert werden. |
Tab. 3 Rezeptorprofile atypischer Neuroleptika im Vergleich zu Haloperidol (in-vitro-Inhibitionskonstanten
Ki in nmol/l)
Rezeptor
|
Haloperidol
|
Amisulprid
|
Aripiprazol
|
Clozapin
|
Olanzapin
|
Quetiapin
|
Risperidon
|
Ziprasidon
|
D1
|
210 |
> 10000 |
265 |
85 |
31 |
455 |
430 |
525 |
D2
|
0,7 |
3 |
0,45 |
126 |
11 |
160 |
4 |
5 |
D3
|
2 |
3 |
0,8 |
473 |
49 |
340 |
10 |
7 |
D4
|
3 |
> 10000 |
44 |
35 |
27 |
1600 |
9 |
32 |
5-HT1A
|
1100 |
> 10000 |
4,4 |
875 |
> 10000 |
2800 |
210 |
3 |
5-HT2A
|
45 |
> 10000 |
3,4 |
16 |
4 |
295 |
0,5 |
0,4 |
5-HT2C
|
> 10000 |
> 10000 |
15 |
16 |
23 |
|
25 |
1 |
Alpha1
|
6 |
> 10000 |
47 |
7 |
19 |
7 |
0,7 |
11 |
H1
|
440 |
> 10000 |
61 |
6 |
7 |
11 |
20 |
50 |
M1
|
> 1500 |
> 10000 |
> 10000 |
1,9 |
1,9 |
120 |
> 10000 |
1000 |