Notfall & Hausarztmedizin (Hausarztmedizin) 2005; 31(7/08): B 360-B 361
DOI: 10.1055/s-2005-915489
Interview

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Qualitätsmanagement in der Arztpraxis

PraxismanagementPeter Hellebrand
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
16. August 2005 (online)

Inhaltsübersicht #

Zusammenfassung

Seit einem Jahr beteiligt sich die Gemeinschaftspraxis Dr. Peter Hellebrand und Dr. Franz Düttmann in Eschweiler am Qualitätszirkel der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein. Alle fünf Wochen treffen sich niedergelassene Mediziner der Region, um Behandlungsabläufe und die Praxisorganisation zu optimieren. Die Ergebnisse werden zusammengetragen und in einem so genannten Handbuch festgehalten.

? Was erarbeiten Sie im Qualitätszirkel zum Qualitätsmanagement in der Arztpraxis?

Dr. Peter Hellebrandt: Wir legen zu standardisierten Behandlungsabläufen Vorschriften an, die in Form eines Handbuches festgeschrieben werden, sodass auch neue Mitarbeiter nur ins Handbuch schauen müssen um zu sehen, wie bestimmte Behandlungsabläufe standardisiert bearbeitet werden müssen. Dabei wird jeder Handgriff, jede Tätigkeit in der Arztpraxis unter die Lupe genommen. Im Augenblick haben wir 20- 25 Abläufe im Qualitätszirkel besprochen. Das betrifft alles: Telefonannahme, Labormedizin, Laborabnahme, EKG-Schreiben, Blutzucker, die so genannten Dextro OGT-Bestimmungen, Durchführung von diabetologischen Fußuntersuchungen und vieles mehr.

? Wo spüren Sie in Ihrer Praxis besonders, dass sich Praxisabläufe oder die Praxisorganisation durch das Qualitätsmanagement verbessert haben?

Hellebrandt: Zum Beispiel bei Diabetikern, die zum ersten mal in meine Praxis kommen. Im Rahmen des Qualitätsmanagements ist der Ablauf wie folgt: Zuallererst werden die Daten, noch bevor die Patientin oder der Patient zu mir in die Sprechstunde kommen, von meiner Diabetesberaterin erhoben. Bereits vorhandene Laborwerte werden eingegeben und es erfolgt, falls noch nicht vom Hausarzt geschehen, eine Untersuchung der Risikostruktur, das heißt eine Untersuchung, ob ein Diabetischer Fuß oder eine Sehschwäche vorliegt. Erst danach kommt die Patientin oder der Patient in meine Sprechstunde. Dieser Behandlungsablauf ist im Handbuch festgeschrieben. Der Vorteil: Ich habe bereits beim Erstkontakt mit dem Diabetiker einen Überblick über seinen Gesundheitszustand und kann damit direkt die Therapie und Behandlungsstrategie vorgeben. Damit ist auch die Anzahl der Überstunden spürbar zurückgegangen.

? Können Sie auch bei dem Wunsch der Patienten, die Wartezeiten in den Arztpraxen zu verkürzen erste Erfolge erzielen?

Hellebrandt: Natürlich. Wir haben zwar eine Terminpraxis, lassen aber genügend Freiräume für Akutpatienten, die ohne Termin kommen. So lassen sich die Wartezeiten ohne große Probleme verkürzen. Das steigert die Patientenzufriedenheit in meiner Praxis ganz erheblich.

? Es gibt unterschiedliche Zertifizierungen beim Qualitätsmanagement in der Arztpraxis. An welchem System nehmen Sie teil?

Hellebrandt: Meine Praxis nimmt an dem so genannten Qualitätsmanagement-System qu.no, der KV-Nordrhein teil. In unserem Qualitätszirkel erarbeiten wir eine Art Handbuch. Wenn dies fertig ist, melden wir uns zu einem Audit an. Ein unabhängiger Arzt von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ist als zugelassener Tutor tätig. Er überprüft, ob das Handbuch tatsächlich vorhanden ist und an allen Arbeitsplätzen vorliegt. In einem Praxistest werden die Abläufe dann entsprechend überprüft.

? Gibt es auch Probleme in der Umsetzung des Qualitätsmanagements in Ihrer Praxis?

Hellebrandt: Natürlich gibt es Probleme. Und zwar immer dann, wenn ein Mitarbeiter oder ich selbst nicht an die standardisierten Abläufe denkt und in die alte Struktur zurückfällt. Wichtig ist, dass sich immer wieder alle dazu ermahnen, gemäß des erarbeiteten Handbuchs zu arbeiten. In regelmäßigen Abständen müssen Besprechungen darüber abgehalten werden, wo es mit der Umsetzung noch hakt und was es zu verbessern gilt. Also hier ist Teamarbeit gefragt.

? Welche Ergebnisse, welche Erleichterungen im Ablauf Ihrer täglichen Arbeit bringt das Qualitätsmanagement mit sich?

Hellebrandt: Zum einen wird Zeit eingespart, aber auch Kosten, zum Beispiel bei der Laborentnahme, und die Termine mit den Patienten werden - wie gesagt - zum großen Teil eingehalten, wenn ich nicht gerade zu einem Akutbesuch weg bin.

? Wie können jetzt Kosten im Labor gespart werden?

Hellebrandt: Indem die Patienten gezielt von mir Laboruntersuchungen bekommen. Es wird also nicht einfach gesagt: Wir kontrollieren das Cholesterin noch mal in drei Wochen oder fünf Wochen oder sechs Wochen, sondern die Patienten werden mir kurz vorgestellt und ich gebe ihnen dann je nach Laborbefund einen Laborzettel mit. Hier kann der Patient den Termin und den Befund ablesen. Teure Doppel- und Mehrfachuntersuchungen können so vermieden werden.

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Einrichtungsinternes Qualitätsmanagement

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Verbesserung der Patientenversorgung und Praxisorganisation

Mit dem GKV-Modernisierungsgesetz sind auch niedergelassene Vertragsärzte aufgefordert, ein so genanntes einrichtungsinternes Qualitätsmanagement nach § 135a SGB V einzuführen. Ziel ist die kontinuierliche Verbesserung der Patientenversorgung und Praxisorganisation. Dazu werden sämtliche Dienstleistungen, Arbeitsabläufe und Praxisbereiche in einzelnen Schritten systematisch hinterfragt. Außerdem soll die Erstellung von Diagnosen oder die Gestaltung des Behandlungsprozesses bestimmten Qualitätsvorgaben folgen. Auch der Behandlungserfolg steht auf dem Prüfstand: Hat die Therapie zur Heilung geführt oder hat sie nicht geholfen? Dazu gehört auch, dass Patienten die Möglichkeit haben, Kritik und Verbesserungsvorschläge anzubringen.

Neben einer besseren Behandlungsqualität sollen aber auch Arzthelferinnen motiviert werden. Dazu gehören beispielsweise eine angemessene Arbeitsorganisation und akzeptable Arbeitszeiten sowie regelmäßige Teilnahme an Fortbildungen.

Bislang wurden die Rahmenvorgaben für die Gestaltung des systematischen Qualitätsmanagements für Arztpraxen noch nicht festgelegt. Niedergelassenen Ärzten steht es frei, im Rahmen der Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses ein eigenes Qualitätsmanagement-System zu entwickeln oder aber auf bereits ausgearbeitete Konzepte zurückzugreifen. Beispielsweise wurde das „qu.no-Qualitätsmanagementsystem” der KV Nordrhein extra für Arztpraxen entwickelt.

Um die Qualität der Praxisorganisation zu überprüfen, kann eine Zertifizierung der Arztpraxis erfolgen, die jedoch gesetzlich nicht gefordert wird. Medizinspezifische Zertifizierung ermöglichen zum Beispiel das „KTQ-System” der Gesellschaft für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen oder das europäische „EFQM-Excellence-Modell” der European Foundation für Quality Management. Beide Modelle sind in deutschen Krankenhäusern bereits eingeführt. Auch das „QEP-System”, das von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung entwickelt und erprobt wurde, ist speziell auf Arztpraxen zugeschnitten.

Quelle: Pressemeldung des Redaktionsbüro Gesundheit - Ein Service des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung.