Einleitung
Einleitung
Obwohl alle Mikroorganismen des Menschen als Parasiten anzusehen sind, werden in der
Humanmedizin nur Infektionen mit Ein- und Mehrzellern, ausgenommen Pilze und Algen,
als Parasitosen verstanden. Trotz dieser Einschränkung ist schätzungsweise ein Drittel
der Weltbevölkerung Träger von Protozoen, Protisten und Helminthen wie Amöben, Lamblien,
Blastocystis hominis, Haken-, Spul- und Peitschenwürmern sowie Pärchen- und Leberegeln.
Eine krankheits- oder therapiebedingte Immunsuppression verändert den Krankheitsverlauf
dieser Parasitosen nicht wesentlich. Sie können jedoch den Gesundheitszustand der
Kinder zusätzlich beeinträchtigen. Hakenwurmbefall oder eine Schistosomiasis können
eine ausgeprägte Anämie verursachen, wie auch eine Giardiasis zu einer Malabsorption
führen kann. Eine Eradikation der Parasiten vor oder zu Beginn einer onkologischen
Therapie erscheint dann sinnvoll. Entsprechend sollte bei Symptomen und möglicher
Exposition eine Diagnostik durchgeführt werden, um eine adäquate Therapie beginnen
zu können.
Die geringe Inzidenz von Parasitosen bei pädiatrisch-onkologischen Patienten ist vermutlich
für die geringe Anzahl von Publikationen zu diesem Thema verantwortlich. In Gebieten
mit hoher Prävalenz intestinaler Parasitosen ist der Befall bei Kindern mit Leukämie
im Vergleich zu Gesunden eher geringer [30].
In dieser Übersicht werden die Parasitosen vorgestellt, die bei Immunsuppression schwere
Krankheitsbilder hervorrufen können. Dabei kann es sich um Neuinfektionen, aber insbesondere
auch um die Reaktivierung oder Exazerbation einer latenten, weitgehend asymptomatischen
Infektion handeln [6]
[39]. Aufgrund der geringen Inzidenz gibt es keine kontrollierten Therapiestudien. Daher
werden die antiparasitären Therapien empfohlen, die bei Kindern ohne oder mit Immunsuppression
anderer Ätiologie sowie bei immunsupprimierten Erwachsenen in kontrollierten Studien
erfolgreich waren. Sofern nicht anders kommentiert, entsprechenden die Therapieempfehlungen
daher dem Evidenzgrad A I oder A II.
Strongyloidiasis
Strongyloidiasis
Epidemiologie
Diese Helmintheninfektion wird durch Zwergfadenwürmer verursacht, die als Parasiten
bei vielen Tieren vorkommen. Es sind aber nur zwei Arten der Gattung Strongyloides
humanpathogen: die weltweit, aber insbesondere in feucht-warmen Gebieten vorkommende
Spezies S. stercoralis sowie die nur in Afrika und Papua Neuguinea auch bei Hunden
und Affen beobachtete Art S. fuelleborni [15].
Als Besonderheit weisen die Zwergfadenwürmer einen parasitären und einen frei lebenden
Lebenszyklus auf. Die 2 mm langen und 50 µm breiten, adulten Würmer leben in den Lieberkühn-Krypten
des menschlichen Dünndarms, wo sie sich von Mikroorganismen ernähren [22]. Sie setzen parthenogenetisch („Jungfernzeugung”) pro Tag bis zu 10 Eier frei, aus
denen innerhalb kurzer Zeit rhabditiforme, nicht-infektiöse Larven schlüpfen. Diese
werden mit dem Kot ausgeschieden. Nach etwa 4 Tagen und zwei Häutungen entstehen filariforme,
infektiöse Larven, die keine Nahrung mehr aufnehmen können. Wenn sie innerhalb von
1 bis 2 Wochen keinen passenden Wirt finden, sterben sie. Aus den ausgeschiedenen
Larven können sich aber auch frei lebende männliche und weibliche erwachsene Würmer
entwickeln, die sich paaren. Die vom Weibchen abgelegten Eier können sich nur zu rhabditiformen
und nach Häutung zu infektiösen Larven entwickeln [15].
Infektiöse Larven bohren sich bei Kontakt durch die intakte Haut des Menschen, gelangen
dann über Lymphe und Blutbahn in die Lunge, wo sie aus dem Blut in die Alveolen und
weiter die Trachea hinaufwandern, um über den Ösophagus in den Dünndarm zu gelangen.
Neben diesem Infektionsweg wird vermutet, dass die Larven auch ohne Lungenpassage
direkt durch das Gewebe in den Dünndarm gelangen können [15]. Bei intestinalem Befall werden pro Tag 0-20 Larven pro Gramm Stuhl ausgeschieden,
was die limitierte Sensitivität des direkten Parasitennachweises im Stuhl erklärt
[37].
Bereits im Darm können infektiöse filariforme Larven entstehen, die über die Darmwand
oder über die perianale Haut wieder in den Wirt eindringen können [15]
[20]. Nach Durchwandern der Lunge entstehen aus ihnen wieder weibliche Würmer, die Eier
und Larven parthenogenetisch produzieren. Diese kontinuierliche Autoinfektion wird
für die über Jahre persistierende chronische Strongyloidiasis verantwortlich gemacht.
Die Immunpathogenese der komplizierten Strongyloidiasis ist bisher weitgehend unverstanden.
Eine anhaltende Immunsuppression und insbesondere eine Kortisontherapie scheint die
Reifung infektiöser Larven im Darm zu begünstigen, die durch den Darm in alle Organe
und Körperhöhlen einwandern können (komplizierte Strongyloidiasis; [23]
[43]).
Klinik
Die Wanderung der Larven durch die Haut kann zu einer wochenlang persistierenden lokalen
Entzündung führen (Larva currens). Einige Tage nach der Infektion können verursacht
durch die Larvenwanderung pulmonale Symptome (Löffler-Syndrom) auftreten. Etwa zwei
Wochen nach Infektion treten Diarrhö, Obstipation, abdominelle Schmerzen auf. Nach
3 bis 4 Wochen sind Larven im Stuhl nachweisbar. Die chronische Infektion ist meist
weitgehend asymptomatisch. Intermittierend können, neben gastrointestinalen Symptomen,
eine rezidivierende, perianale Urtikaria und juckende, kleinflächige Exantheme auftreten
[33].
Kommt es zu einer massiven Vermehrung und Wanderung von Larven, treten vermehrt abdominelle
Schmerzen und Diarrhöen aber auch pulmonale Symptome, wie Husten und Thoraxschmerzen
auf [20]
[28]. Die Symptomatik wird als Hyperinfektionssyndrom oder komplizierte Strongyloidiasis
bezeichnet. Beide Larvenstadien werden im Stuhl und im Sputum nachweisbar, typischerweise
besteht keine (!) Eosinophilie [37]. Die Larven transportieren Darmbakterien auf ihrer Oberfläche und sie verursachen
Darmwandläsionen, die v. a. gramnegativen Bakterien als Eintrittspforte dienen können,
was zur gramnegativen Sepsis führen kann [32]. Die Larven können auch in ZNS, Leber, Gallenblase, Pankreas, Muskulatur und Nieren
wandern [20].
Diagnostik
Eine Eosinophilie im peripheren Blut ist bei etwa die Hälfte der Immungesunden mit
asymptomatischer Strongyloidiasis nachweisbar, während Immunsupprimierte selbst bei
komplizierter Strongyloidiasis in weniger als 20 % eine Eosinophilie (≥ 5 % eosinophile
Granulozyten) aufweisen [22].
Der Nachweis von Larven im Duodenalsekret ist im Vergleich zu einer Stuhluntersuchung
dreimal so sensitiv. Die Untersuchung einer Stuhlprobe mit üblichen Anreicherungsverfahren
wird 15-24 %, und die von drei Proben 50 % der chronischen Infektionen aufdecken.
Die Anlage einer Kultur zum Nachweis der aus dem Stuhl auswandernden Larven hat bei
Untersuchung von drei Proben eine Sensitivität von 96 % [34]. Bei komplizierter Strongyloidiasis gelingt der direkte mikroskopische Nachweis
auch aus Sputum und BAL-Proben, aus Pleuraflüssigkeit und selten aus Blut- oder Liquorproben.
Die radiologische Diagnostik ist wenig spezifisch, da alveoläre, interstitielle, diffuse
und lokalisierte, uni- wie auch bilaterale Lungeninfiltrate beschrieben wurden. Selten
kommt es zur Kavernenbildung oder Abszedierung [37].
Der Nachweis von Antikörpern wies in einer Studie bei erwachsenen Immunsupprimierten
eine Sensitivität von 68 %, eine Spezifität von 89 % und einen positiven Vorhersagewert
von 48 % auf [35]. Bei Kindern aus Gebieten mit hoher Prävalenz von Helmintheninfektionen muss mit
kreuzreagierenden Antikörpern gerechnet werden, so dass eine deutlich geringere Spezifität
zu erwarten ist.
Therapie
Die ein- bis zweimalige Gabe von Ivermectin in einer Dosierung von je 200 µg/kg KG
auf nüchternen Magen an zwei aufeinander folgenden Tagen oder im Abstand von 14 Tagen
führt in 77 bis 100 % zur Heilung [18]
[24]
[27]. In einem Fall unzureichender enteraler Resorption wurde die komplizierte Strongyloidiasis
durch eine einmalige subkutane Injektion des Ivermectins erfolgreich therapiert [5]. Bei anhaltender Infektion wird alternativ die wöchentliche Gabe für vier Wochen
empfohlen. Bei fehlender Eradikation einer asymptomatischen Infektion kann die Dosis
therapiebegleitend einmal pro Monat gegeben werden [15]. Alternativ, aber in Studien minder wirksam, wird Albendazol in der Dosierung von
2 × 7,5 mg/kg KG pro Tag für drei Tage (max. 2 × 400 mg/die) gegeben, bei komplizierter
Erkrankung auch über 21 Tage und als Rezidivprophylaxe bei fehlender Eradikation einmalig
7,5 mg/kg KG (max. 400 mg) pro Monat [15]
[24]. Die orale Gabe von Tiabendazol [36] weist eine erhebliche Rate gastrointestinaler und psychiatrischer Nebenwirkungen
auf, so dass sie nicht mehr empfohlen wird.
Screening
Aufgrund der geringen Inzidenz der Erkrankung in Deutschland kommt ein Screening nur
bei Kindern aus oder mit einer Reiseanamnese in Länder mit geringem Hygienestandard
und hoher Prävalenz von Helmintheninfektionen in Betracht. Jedoch muss aufgrund früherer
Helmintheninfektionen mit unspezifischen Reaktionen in der Immundiagnostik gerechnet
werden. Nur bei Eosinophilie vor Chemotherapie und Herkunft aus einem möglichen Endemiegebiet
sollte gezielt mittels Stuhlkultur nach einer latenten Strongyloidiasis gesucht werden.
Prävention
Das Tragen festen Schuhwerks und die Benutzung von Latrinen ist die wesentliche Prävention
einer Strongyloidiasis. Bei komplizierter Strongyloidiasis werden infektiöse Larven
mit dem Stuhl aber vor allem auch im Sputum ausgeschieden, so dass das Tragen von
Einmalhandschuhen bei Patientenkontakt und bei der Gewinnung von Proben unabdingbar
ist, um Infektionen des Personals zu vermeiden.
Protozoonosen
Protozoonosen
Bedeutsam für immunsupprimierte Patienten sind Infektionen mit Protozoen, die taxonomisch
den Apicomplexa (Sporozoa) zugeordnet werden. Im Gegensatz zu Lamblien, Amöben und
anderen intestinalen Einzellern vermehren sich diese Erreger intrazellulär. Sie besitzen
mit Rhoptrien Zellorganellen, die ihnen das schnelle Eindringen in Wirtzellen ermöglicht.
Intrazellulär kommt es zu einer ungeschlechtlichen Vermehrung (Schizogonie) mit Freisetzen
von Merozoiten, die weitere Zellen befallen. Auch ohne Symptome im Rahmen der Erstinfektion
kann zu einer latenten, asymptomatischen Infektion kommen, die vermutlich über die
zelluläre Immunität kontrolliert wird. Bei Immunsuppression kann es zu einer Reaktivierung
mit Exazerbation und Dissemination kommen. Für die vermutlich bekanntesten Vertreter
dieser Parasitengruppe, den Plasmodien, Erreger der Malaria, wird eine latente, unter
Immunsuppression reaktivierte Erkrankung nicht beschrieben, aber für Kryptosporidien,
andere intestinale Kokzidien, Leishmanien und Toxoplasmen.
Intestinale Kokzidiosen
Intestinale Kokzidiosen
Nach oraler Aufnahme infektiöser, umweltresistenter Oozysten werden im oberen Dünndarm
Sporozoiten freigesetzt, die Darmzellen invadieren. Es kommt zu einer lokalen Infektion,
die zu Diarrhöen führt, gelegentlich von Fieber begleitet ist und bei Immungesunden
spontan sistiert. Ursächlich sind Arten der Gattung Cryptosporidium, wie C. parvum
(früher: C. parvum, boviner Typ oder Genotyp 2), C. hominis (ehemals C. parvum, humaner
Typ oder Genotyp 1), C. meleagridis, sowie Isospora belli und Cyclospora cayetanensis
[17]. Während Kryptosporidien weltweit verbreitet sind, wurden die beiden letztgenannten
humanpathogenen Kokzidien bisher nur in bestimmten sub- und tropischen Regionen beschrieben.
Eine Persistenz zumindest der Kryptosporidien wird aufgrund klinischer Beobachtungen
und molekularbiologischer Untersuchungen angenommen.
Klinik
Wässerige, unblutige profuse Diarrhöen mit abdominellen Beschwerden, Übelkeit, Erbrechen
und Fieber bei der Kryptosporidiose sind die typischen Symptome der intestinalen Kokzidiosen.
Bei anhaltendem T-Zell-Defekt (HIV-Infektion, Hyper-IgM-Syndrom) können die Kryptosporidien
retrograd das Gallengangsepithel befallen, Cholezystitis und sklerosierende Cholangitis
verursachen, die zur Leberzirrhose führt. In Einzelfällen wurden disseminierte Erkrankungen
und Pneumonien beschrieben.
Diagnostik
Zum Nachweis der etwa 5 µm großen Oozysten von Cryptosporidium spp. ist die Stuhluntersuchung
mittels modifizierter Ziehl-Neelsen-Färbung, Antigen-Elisa, Immunfluoreszenz oder
PCR geeignet [1]. Die 8-10 µm großen Cyclospora-Oozysten weisen ebenso wie die bis 30 µm großen Isospora-Oozysten
eine diagnostisch verwertbare Autofluoreszenz auf [2]
[16]. Zudem können Oozysten von Isospora mittels Jodfärbung im Stuhl detektiert werden.
Der Nachweis spezifischer Serum-Antikörper hat keine diagnostische Bedeutung.
Therapie
Eine kurative Therapie der Kryptosporidiose ist bisher nicht bekannt. Eine Reduktion
der Symptome wird durch die Gabe von Paromomycin (25-35 mg/kg KG min 2-4 Dosen, max.
4 × 500 mg), Azithromycin (10 mg/kg KG am 1. Tag, dann 5 mg/kg/Tag an den Tagen 2-10),
Nitazoxanid (2 × 100 mg/die im Alter von 1-3 Jahren, 4-11 Jahre: 2 × 200 mg/die und
ab 12 Jahren: 2 × 500 mg/die) oder Rinderkolostrum erwartet. In randomisierten Studien
bei Immunsupprimierten, insbesondere HIV-Infizierten, waren die getesteten Substanzen
nicht wirksamer als Plazebo [42]. Bei Kindern mit Hyper-IgM-Syndrom und chronischer Kryptosporidiose führte keines
der genannten Medikamente zur Eradikation, jedoch sistierte die Ausscheidung nach
Immunrekonstitution nach Transplantation (unveröffentlichte Daten). Da Symptomatik
und Ausscheidung bei Immunsupprimierten nach Anstieg der CD4-Zellen ohnehin spontan
sistieren, ist der in Einzelfällen beschriebene erfolgreiche Einsatz von Antibiotika
nur schwer zuzuordnen [31]
[40]
[41].
Isosporiasis und Cyclosporiasis sind bei fehlender Spontanheilung mit üblichen Dosen
Cotrimoxazol (90-120 mg/kg KG × die) über 10 Tage gut therapierbar [29]. Möglicherweise verhindert die PcP-Standardprophylaxe mit Cotrimoxazol eine Reaktivierung.
Prävention
Nur bei Kryptosporidien sind die Oozysten bereits bei Ausscheidung infektiös, so dass
es zu einer direkten Übertragung vom Mensch zu Mensch kommen kann, während die Oozysten
der anderen Gattungen erst extrakorporal sporulieren müssen, um infektiös zu werden.
Bei Anwendung üblicher Hygienestandards können nosokomiale Infektionen vermieden werden.
Haustiere können eine Infektionsquelle der Kryptosporidiose sein, so dass Tiere in
der Umgebung des Patienten untersucht und ggf. vorübergehend anderweitig untergebracht
werden sollten [21].
Viszerale Leishmaniasis
Viszerale Leishmaniasis
Einzeller der Gattung Leishmania werden von Schmetterlingsmücken, auch Sandfliegen
genannt, übertragen. Neben spontan heilenden ausschließlich lokalen Infektionen (kutane
Leishmaniasis) und seltenen anderen Krankheitsbildern, kann es auch zu einer disseminierten
Erkrankung, der viszeralen Leishmaniasis, kommen. Diese ist endemisch im gesamten
Mittelmeerraum, in Ostafrika, in vielen arabischen Ländern, auf dem indischen Subkontinent
sowie in Mittel- und Südamerika. Das Reservoir bilden Hunde und Nagetiere. Nur bei
0,1 bis 1 % der Infizierten kommt es nach wochen- bis monatelanger Inkubation zu einer
symptomatischen Erkrankung mit typischerweise zweigipfligem täglichen Fieber. Es kommt
zur Hepatosplenomegalie, Panzytopenie und Hypergammaglobulinämie. Unbehandelt verläuft
die viszerale Leishmaniasis innerhalb von 6 bis 12 Monaten in mehr als 90 % letal.
Unter Immunsuppression, bei Leukämie-Patienten typischerweise während der Erhaltungstherapie,
kann eine latente Infektion symptomatisch werden [8]
[25].
Diagnostik
Die 3-5 µm großen amastigoten, intrazellulär gelegenen Leishmanien lassen sich mit
üblichen histologischen Färbungen, wie Hämatoxylin-Eosin und Giemsa, in Knochenmarkaspiraten
sowie Organbiopsien (Lymphknoten, Leber- und Milzpunktate), bei disseminierter Erkrankung
selten auch im peripheren Blutausstrich nachweisen. Der Nachweis von spezifischen
Antikörpern mittels Immunfluoreszenz ist diagnostisch wegweisend [13]; bei ausgeprägtem Immundefekt können diese jedoch fehlen. In Einzelfällen sind Herde
in Lymphknoten, Leber und Milz vorhanden, ohne dass Erreger im Knochenmark gefunden
werden ([14]; Bialek: unveröffentlichte Daten).
Ergänzend kann die PCR-Diagnostik aus Biopsien oder Blut versucht werden; in wenigen
Labors ist nach Rücksprache ein Anzuchtversuch auf Spezialmedien möglich.
Therapie
Basierend auf einigen Therapiestudien empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin
und Internationale Gesundheit e. V. (DTG, [9]) liposomales Amphotericin B als Medikament der 1. Wahl, in einer Dosierung von 3
mg/kg KG pro Tag für 5 bis 10 Tage. Bei Immungesunden beträgt die Heilungsrate fast
100 %, jedoch werden bei Immunsupprimierten Rezidive nach Chemotherapiezyklen gesehen.
In Einzelfällen wurden diese durch einmalige wöchentliche Gabe von 3 mg liposomalen
Amphotericin B verhindert (unveröffentlichte Daten bei Erwachsenen). Die früher üblichen
Antimonpräparate und Pentamidin sollten wegen ihrer potenziell letalen Nebenwirkungen
nur noch in Einzelfällen verwendet werden. Seit Dezember 2004 ist das oral applizierbare
Miltefosin (Impavido®) zur Therapie der viszeralen Leishmaniasis in Deutschland zugelassen.
Nach vierwöchiger Therapie wurden Heilungsraten von über 90 % beschrieben, jedoch
gibt es bisher keine Daten bei immunsupprimierten Kindern [38].
Screening
Wesentlich ist die Reiseanamnese, d. h. ob jemals oder während der Therapie Endemiegebiete
bereist wurden, um bei Auftreten entsprechender Symptome die Leishmaniasis differenzialdiagnostisch
zu erwägen. Die Immundiagnostik ist zum Screening ungeeignet, da sich mit ihr latente
Infektionen weder nachweisen noch ausschließen lassen.
Toxoplasmose
Toxoplasmose
Verursacht wird diese weltweit verbreitete Erkrankung durch Toxoplasma gondii. Der
einzige bekannte Endwirt ist die Katze. Erstmalig infizierte, nicht-immune Katzen
scheiden 9 × 14 µm große Oozysten aus, die nach Sporulation an der Außenwelt innerhalb
von Tagen infektiös werden. Durch orale Aufnahme infektiöser Oozysten mittels Katzenkot-kontaminierter
Nahrung, möglicherweise auch Wasser sowie über unzureichend gegartes oder rohes zystenhaltiges
Fleisch von Schweinen, Schafen, selten Rindern und Pferden, wird der Mensch infiziert
[10]. Er fungiert als Zwischenwirt, d. h. die aus den Oozysten freigesetzten Sporozoiten
vermehren sich ungeschlechtlich vermutlich sowohl in Darmzellen als auch in Zellen
des Monozyten-Makrophagen-Systems. Die bananenförmigen 4-7 µm langen und 2-4 mm breiten
Tachyzoiten verursachen eine Zellschädigung mit lokaler Entzündung und Nekrose. Im
weiteren Verlauf kommt es zur Bildung von intrazellulären Zysten vorwiegend in der
Skelett-, Herz- und Zwerchfellmuskulatur und im Gehirn. Diese gegen die Wirtsimmunität
weitgehend resistenten Gewebszysten erreichen bis zu 300 µm Durchmesser und beinhalten
Tausende von so genannten Bradyzoiten. Sie sind durch einen langsamen Stoffwechsel
charakterisiert, behalten aber ihre Infektiösität über Jahre. Bei reduzierter Abwehrlage
können Bradyzoiten aus den Zysten freigesetzt werden, die sich zu Tachyzoiten umwandeln,
deren rasche Vermehrung sowohl zur lokalen Entzündung und Nekrose als auch zu einer
disseminierten Infektion führen kann.
Klinik
Die postnatal erworbene Toxoplasmose des Immungesunden verläuft meist weitgehend asymptomatisch,
kann aber mit einer zervikalen Lymphadenopathie, Allgemeinsymptomen, einer Begleithepatitis
einhergehen und in seltenen Fällen auch zu einer Chorioretinitis führen. Mit Ausnahme
der Chorioretinitis ist die selbstlimitierende Erkrankung selten therapiebedürftig.
Im Rahmen einer Immunsuppression kann es zu einer Pneumonie, Enzephalitis meist begleitet
von zerebralen Krampfanfällen, Perimyokarditis oder Chorioretinitis kommen. Reaktivierte
oder symptomatische Neuinfektionen werden insbesondere nach Organ-, Knochenmark- und
allogenen Stammzelltransplantationen beobachtet [3]
[7]
[11]
[19]
[26]. In Abhängigkeit von der Sero- und damit Infektionsprävalenz in der Bevölkerung
wird die Inzidenz der Toxoplasmose bei Transplantierten mit 0,3 bis 3 % angegeben
[11]
[44]. Besonders gefährdet sind seronegative Transplantatempfänger, so dass eine Immundiagnostik
bei Spender und Empfänger durchgeführt werden sollte.
Diagnose
Die bei Immungesunden diagnostisch verwertbare Serokonversion mit Nachweis spezifischer
IgM- und/oder IgA-Antikörper sowie ein Titeranstieg im Sabin-Feldman-Test bei bekannter
latenter Infektion sind bei Aplasie nicht hilfreich. Bei Immunsuppression sollte bei
Verdacht auf Toxoplasmose ergänzend der mikroskopische Erregernachweis in einer BAL/im
Sputum versucht werden. Blut, Biopsien und Liquor sind mittels PCR in einem dafür
ausgewiesen Labor zu untersuchen [4]
[12]. Die radiologische Diagnostik mit Nachweis einzelner Kontrastmittelaufnehmender
zerebraler Herde ist verdächtig, aber nicht beweisend für eine ZNS-Toxoplasmose, da
zentrale Lymphome sich ähnlich darstellen. Der mögliche letale Verlauf rechtfertigt
aber eine presumptive antiparasitäre Therapie bis zum sicheren Ausschluss einer Toxoplasmose.
Das gilt auch bei Auftreten von Symptomen o. a. Erkrankungen (Chorioretinitis, Pneumonie,
Perimyokarditis) bei bekannt positiver Toxoplasmose-Immundiagnostik vor Transplantation
oder bei seronegativem Empfänger und positivem Spender.
Therapie
Unverändert ist Pyrimethamin (2 mg/kg KG für 3 Tage, dann 1 mg/kg KG pro Tag, max.
100 mg/die; Daraprim®) in Kombination mit Sulfadiazin (4 × 25-50 mg/kg KG pro Tag;
Sulfadiazin-Heyl®) die Therapie der Wahl. Alternativ, z. B. bei Sulfonamidallergie
oder ausgeprägter cholestatischer Hepatose kann Clindamycin (30 mg/kg KG pro Tag,
max. 4 × 600 mg) mit Pyrimethamin kombiniert werden [11]. Zur Prophylaxe eines Folsäuremangels sind ergänzend täglich 10-25 mg Folinsäure
zu geben. Die Therapie wird üblicherweise drei bis sechs Wochen gegeben. Bei Hirndruckzeichen
und Chorioretinitis wird die zusätzliche Gabe von Steroiden empfohlen [11]. Bei persistierender Immunsuppression wird Cotrimoxazol oder Dapson (1 mg/kg KG,
max. 100 mg täglich) zur Rezidivprophylaxe verwendet.
Prävention
Bei Immunsuppression sollte auf den Genuss von rohem und nicht komplett durchgebratenem
oder gekochtem Fleisch verzichet werden. Ebenso ist der Kontakt zu jungen Katzen,
die nicht ausschließlich Dosenfutter erhalten und ausschließlich im Haus leben, unbedingt
zu meiden. Eine horizontale Übertragung von Mensch zu Mensch ist nicht bekannt. Eine
PcP (Pneumocystis-jiroveci-Pneumonie)-Prophylaxe mit Cotrimoxazol verhindert auch
die Reaktivierung einer Toxoplasmose.
Screening
Mittels Immundiagnostik zu Beginn der Chemotherapie kann eine abgelaufene und damit
latente Toxoplasmose diagnostiziert werden. Nach epidemiologischen Daten entspricht
der Anteil Seropositiver etwa dem Lebensalter, also z. B. 10 % der Zehnjährigen.