Wie PD Dr. Regina Trollmann, Erlangen, auf der 31. Jahrestagung der Gesellschaft für
Neuropädiatrie vorstellte, erleiden auch heute noch zwei bis vier von 1000 Reifgeborenen
eine Gehirnschädigung durch Sauerstoffmangel unter der Geburt. Die Akutsterblichkeitsrate
liegt dann bei 15-20%, 20-30% leiden an bleibenden Entwicklungsstörungen. Dabei sind
nur zum geringeren Teil akute Komplikationen unter der Geburt (z.B. Nabelschnurkompression,
Plazentablutungen) verantwortlich, sondern vielmehr vorgeburtliche Ursachen, z.B.
eine mütterliche Erkrankung wie Gestose oder Diabetes mellitus, oder Erkrankungen
des Feten. Viele Risikofaktoren können bereits pränatal erkannt werden, so dass eine
gezielte Überwachung und Behandlung von Mutter und Kind erfolgen kann.
Prophylaxe
Prophylaxe
Eine spezifische medikamentöse Behandlung eingetretener Schäden des Gehirns ist derzeit
nicht möglich, wenngleich aus tierexperimentellen Untersuchungen vielversprechende
Ansätze zum Schutz des unreifen Gehirns (Neuroprotektion) entwickelt wurden. Als mögliche
Ansätze erscheinen Medikamente zur Verminderung des programmierten Nervenzelltodes,
zur Blockade von toxischen erregenden Neurotransmittern, z.B. Glutamat, und der Einsatz
von zellwachstumsfördernden Stoffen, die die Regeneration von Zellen und Blutgefäßen
beeinflussen.
Früherkennung
Früherkennung
Aus experimentellen Untersuchungen am Gehirn von neugeborenen Mäusen ergeben sich
Hinweise, dass das Gehirn unter Sauerstoffmangel gleichsam als "akuten Schutzmechanismus"
bestimmte Gene und Eiweiße bilden kann, die der Aufrechterhaltung der Energie-, Sauerstoffversorgung
und Durchblutung dienen. Ein wichtiger Vertreter dieser "Sauerstoffsensoren" ist HIF-1
(Hypoxie-induzierbarer Faktor-1).
Dass diese Gene und Proteine auch bei drohendem oder bereits eingetretenem Sauerstoffmangel
des menschlichen Ungeborenen und Neugeboren aktiviert werden, ließ sich aus Fruchtwasseruntersuchungen
von Risikoschwangerschaften, aus Blutuntersuchungen bei Frühgeborenen mit Hirnblutungen
und Reifgeborenen mit Geburtsasphyxie feststellen. Ein weiterer Ansatz zur Früherkennung
scheint die Untersuchung dieser Gene in der Plazenta bei Geburtsasphyxie zu sein.
Erhöhte Werte von HIF-1-regulierten Faktoren in der Plazenta erwiesen sich in ersten
Untersuchungen an einer noch kleinen Gruppe von Kindern als früher Hinweis für die
Entwicklung einer akuten Gehirnschädigung und wurden als Ausdruck eines "fetalen Stresses",
einer bereits vorgeburtlich drohenden oder bestehenden Sauerstoff-Minderversorgung
angesehen.
Quelle: 31. Jahrestagung der Gesellschaft für Neuropädiatrie (GNP) 21. bis 23. April
2005 im Kongresszentrum Erlangen