Notfall & Hausarztmedizin (Notfallmedizin) 2005; 31(5): A 200
DOI: 10.1055/s-2005-871710
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Schlaganfall und Herzinfarkt - Vitamintherapie senkt erhöhte Homocysteinwerte

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Publication Date:
24 June 2005 (online)

 
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Nicht nur Rauchen, Hypertonie, Hypercholesterinämie, falsche Ernährung, Adipositas und Bewegungsmangel steigern das Risiko für Schlaganfall und Herzinfarkt. Auch erhöhte Homocysteinwerte im Blut gelten als Risikofaktor für kardio- und zerebrovaskuläre Erkrankungen sowie periphere Gefäßkrankheiten. Im Rahmen der 4th Conference on Hyperhomocysteinemia in Saarbrücken gab Prof. Dr. David S. Wald, Southampton University Hospital, Großbritannien, einen aktuellen Überblick über den Zusammenhang zwischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Hyperhomocysteinämie.

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Vitamintherapie senkt Risiko für Herzkreislauferkrankungen

Die Homocystinurie ist ein genetischer Defekt der Cystathion-β-Synthetase, der dazu führt, dass die Homocysteinkonzentration mehr als fünffach über der durchschnittlichen Plasmakonzentration liegt: 50% der Betroffenen entwickeln bis zu ihrem 30. Lebensjahr okklusive Gefäßerkrankungen. Werden Patienten mit Homocystinurie mit den Vitaminen Folsäure, B6 und B12 behandelt, lässt sich ein Großteil der vaskulären Ereignisse vermeiden. Dies belegten zwei Studien, in denen 54 Träger des Enzymdefekts eine B-Vitamintherapie erhielten. Innerhalb von 14 Jahren fand man unter der Vitamintherapie nur zwei okklusive Ereignisse, anstatt der ohne Therapie zu erwartenden 59 Ereignisse ([1], [2]).

In prospektiven Studien wurden Blutproben von gesunden Personen über einen längeren Zeitraum gesammelt und spätere kardiovaskuläre Ereignisse aufgezeichnet. Eine Metaanalyse von 15 Studien zeigt, dass eine Reduktion des Homocysteinspiegels um 3 µmol/L durch Vitaminbehandlung das Risiko für einen Herzinfarkt um 14% ([3]) und das von Schlaganfall um 20% reduziert ([4]). Wald fand eine klare Dosis-Wirkungs-Beziehung: Je geringer der Homocysteinwert, desto geringer ist das Risiko.

Um zu beweisen ob diese Beziehung kausal ist, rechnete Wald vor, dass für die Primärprävention 100000 Personen über zehn Jahre erforderlich wären, in der Sekundärprävention 20000 Probanden über fünf Jahre, um den Effekt der Homocysteinsenkung durch Vitamintherapie in einer plazebokontrollierten randomisierten Studie zu beweisen (Tab. [1]). Dies sei aber kaum finanzierbar, zumal Vitamine nicht patentierbar sind.

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MTHFR-Polymorphismus: randomisiert nach Mendelschen Regeln

Wald wies darauf hin, dass 10% der Bevölkerung homozygot einen Polymorphismus des MTHFR-Gens haben. Träger der Variante 677TT weisen eine geringere MTHFR-Aktivität auf und haben deshalb einen um durchschnittlich 2,5 µmol/L höheren Homocysteinspiegel als diejenigen mit dem häufigeren CC-Allel, wobei der Unterschied von 2,5 µmol/L recht klein ist. Man benötigt also auch für diese "Mendelsche" randomisierte Studie große Zahlen von Probanden. Wald wertete die verfügbaren Daten von 46 Studien zu Herzinfarkt (12193 Fälle und 11945 Kontrollen) und 33 Studien zu Schlaganfall (6112 Fälle und 8577 Kontrollen) aus. Dabei kam heraus, dass Personen mit CC-Variante ein um 18% verringertes Herzinfarktrisiko ([3]) und ein 25% geringeres Schlaganfallrisiko ([4]) hatten als Träger der MTHFR-Variante mit verringerter Enzymaktivität.

Zur Senkung des Homocysteinspiegels und zur Prävention von Herz-Kreislauferkrankungen können Medivitan®N[1] (parenteral) und Medyn®[1] (Tabletten) eingesetzt werden. Zur Behandlung leichter Hyperhomocysteinämie zwischen 10 und 12 µg/L Plasmakonzentration genügt meist eine orale Behandlung. Bei Homocysteinwerten über 12 µmol/L wird eine parenterale Therapie über vier bis sechs Wochen empfohlen. Ergibt die anschließende Messung des Homocysteinwerts Plasmakonzentrationen von unter 10 µmol/L, kann eine orale Erhaltungstherapie erfolgen.

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Quelle: Bericht zur 4th Conference on Hyperhomocysteinemia, Saarbrücken, April 2005.

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Literatur

  • 1 Kluijtmans LA. Boers GH. Kraus JP. et al. The molecular basis of cystathionine beta-synthase deficiency in Dutch patients with homocystinuria: effect of CBS genotype on biochemical and clinical phenotype and on response to treatment.  Am J Hum Genet. 1999;  65 (1) 59-67
  • 2 Yap S. Naughten E. Homocystinuria due to cystathionine beta-synthase deficiency in Ireland: 25 years' experience of a newborn screened and treated population with reference to clinical outcome and biochemical control.  J Inherit Metab Dis. 1998;  7 738-747
  • 3 Wald DS. Law M. Morris JK. Homocysteine and cardiovascular disease: evidence on causality from a meta-analysis.  BMJ. 2002;  325 (7374) 1202
  • 4 Wald DS. Vitamin supplementation and risk of stroke.  JAMA. 2004;  291 (18) 2191 (Metaanalyse 2005 in Druck)

1 Firma MEDICE, Iserlohn

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Literatur

  • 1 Kluijtmans LA. Boers GH. Kraus JP. et al. The molecular basis of cystathionine beta-synthase deficiency in Dutch patients with homocystinuria: effect of CBS genotype on biochemical and clinical phenotype and on response to treatment.  Am J Hum Genet. 1999;  65 (1) 59-67
  • 2 Yap S. Naughten E. Homocystinuria due to cystathionine beta-synthase deficiency in Ireland: 25 years' experience of a newborn screened and treated population with reference to clinical outcome and biochemical control.  J Inherit Metab Dis. 1998;  7 738-747
  • 3 Wald DS. Law M. Morris JK. Homocysteine and cardiovascular disease: evidence on causality from a meta-analysis.  BMJ. 2002;  325 (7374) 1202
  • 4 Wald DS. Vitamin supplementation and risk of stroke.  JAMA. 2004;  291 (18) 2191 (Metaanalyse 2005 in Druck)

1 Firma MEDICE, Iserlohn

 
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