Notfall & Hausarztmedizin (Notfallmedizin) 2005; 31(5): A 199
DOI: 10.1055/s-2005-871709
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Belastungsinkontinenz - Effektive Therapie mit Duloxetin1 und Beckenbodentraining

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Publication Date:
24 June 2005 (online)

 
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Typische Symptome einer Belastungsinkontinenz sind unwillkürlicher Harnverlust beim Husten, Niesen, Lachen oder bei körperlicher Belastung. Die Belastungsinkontinenz gilt überwiegend als Frauenleiden. "Eine typische Alterserscheinung ist die Belastungsinkontinenz nicht, im Alter werden die Beschwerden aber stärker" betont Dr. Rainer Lange, Alzey, im Rahmen des Fortbildungskongresses der Frauenärztlichen Bundesakademie FBA in Düsseldorf. Weil der Blasenverschluss sehr komplex ist, kommen viele Faktoren als Ursache infrage: Ein Faktor ist das Bindegewebe, ein anderer die Muskulatur. "Jede dritte Frau hat verlernt, den Beckenboden anzuspannen" so Lange. Auch die hormonelle Situation in der Schwangerschaft verändere die Kontinenz erhaltende Struktur im Beckenbodenbereich. Nach der Geburt scheinen die Frauen wieder kontinent, allerdings treten die Beschwerden meist in den Wechseljahren erneut auf, so Lange. Unklar ist auch noch die Rolle des Körpergewichtes.

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Hoher Leidensdruck und eingeschränkte Lebensqualität

Der subjektive Leidensdruck der betroffenen Frauen ist hoch und die Lebensqualität häufig erheblich eingeschränkt. Dennoch haben schätzungsweise sechs von zehn Frauen noch nie mit einem Arzt über ihre Erkrankung gesprochen. "Noch immer herrscht Sprachlosigkeit, Scham und Unwissen", unterstrich Dr. Gerd Naumann, Mainz. Häufig fehlen aber auch dem Arzt die richtigen Worte. Um diese doppelte Sprachlosigkeit und die damit verbundene therapeutische Unterversorgung zu durchbrechen, müsse der Arzt mehrmals nachfragen. Ein Gespräch könne, so Naumann zum Beispiel während der Untersuchung beginnen, wenn ein nasser Stuhl oder nasse Wäsche auffällt. "Dabei hat es der Frauenarzt leichter, da er am Ort des Geschehens ist". Lange rät, mehrmals nachzufragen und sich mit Aussagen wie "das ist normal" nicht zufrieden zu geben. Jüngere Frauen, die sowieso regelmäßig zum Gynäkologen gehen, sprechen das Problem eher an als ältere Patientinnen, die oft auch eine andere Sexualerziehung haben.

Eine Belastungsinkontinenz zu diagnostizieren ist laut Naumann nicht schwierig, da sie im Grunde mit wenigen Fragen abzuklären ist. Auch eine gynäkologische Untersuchung des Beckenbodens oder eine Untersuchung mit voller Blase kann Klarheit schaffen.

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Bereicherung des konservativen Therapiespektrums

Bisher erfolgte die Therapie konservativ oder operativ. Seit gut einem halben Jahr ist mit Duloxetin[1] (Yentreve®) auch das erste Medikament speziell zur Behandlung der mittelschweren und schweren Belastungsinkontinenz zugelassen. "Die Substanz wirkt zentral im Rückenmark. Durch eine ausbalancierte Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmung verstärkt Duloxetin die Aktivität des Nervus pudendus und erhöht so den Tonus des äußeren Harnröhrenschließmuskels", erklärt Naumann. Der Kliniker verwies auf die gute Datenlage, die besonders wichtig ist - wichtig auch dann, wenn Patientinnen mit Daten und Fakten überzeugt werden wollen. Duloxetin hat in vier groß angelegten, plazebokontrollierten Zulassungsstudien seine Wirksamkeit und Verträglichkeit gezeigt. So reduzierte die Substanz in der Dosierung 2 mal 40 mg täglich die Anzahl der Inkontinenzepisoden signifikant um durchschnittlich 52% gegenüber Plazebo mit 33% ([1]).

Naumann und Lange bezeichneten Duloxetin als wesentliche Bereicherung des konservativen Therapiespektrums. "Wichtig ist es, dass die Frau wieder ein Stück von ihrer früheren Freiheit zurückgewinnt", betont Lange. Aus diesem Grund wurde in den Studien zu Yentreve® auch der Einfluss auf die Lebensqualität untersucht und anhand eines Fragebogens bewertet (Incontinence-Quality-of-Life Questionnaire - I-QoL). Die I-QoL-Werte besserten sich unter der Gabe von zweimal täglich 40 mg Duloxetin um 9,2 Punkte (Plazebo: 5,9) ([1]). "Insgesamt kann man sagen, dass sich zwei von drei Patientinnen nach der Therapie besser fühlen", schätzt Naumann. Lange empfiehlt zusätzlich zur medikamentösen Therapie Beckenbodengymnastik mit einer speziell geschulten und einfühlsamen Krankengymnastin, die auch die Muskulatur erfühlen kann.

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Schneller Wirkeintritt steigert die Compliance

Charakteristisch für die Therapie mit Duloxetin ist der schnelle Wirkeintritt, der sich bei vielen Patientinnen zeigt. Dieser ermöglicht eine gute Kontrollmöglichkeit und steigert die Compliance. Wie Lange berichtet, "kommt Duloxetin gut bei Patienten an, die meisten vertragen es gut." Als häufigste Nebenwirkung tritt in den ersten zwei Wochen leichte bis mittelschwere Übelkeit auf, die jedoch meist bereits nach einigen Tagen wieder verschwindet und von den meisten Patientinnen in Kauf genommen wird. Daher ist es für die erfolgreiche Therapie wichtig, dass die Patientin nicht allein gelassen wird. Als Tipp nennt Lange, die Übelkeit von vornherein anzusprechen. "Die gut aufgeklärte, umfassend informierte Patientin hat die größten Chancen auf einen guten Therapieerfolg."

ts

Quelle: Kamingespräch im Rahmen des Fortbildungskongresses der FBA Frauenärztliche Bundesakademie GmbH, Februar 2005 in Düsseldorf. Veranstalter: Lilly Deutschland und Boehringer Ingelheim.

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Literatur

  • 1 Bump RC, Hooper CL, Kokew S, et al. . Int J Gynaecol Obstet 2003 83 (Suppl 3): 34

1 Yentreve®, Lilly and Company und Boehringer Ingelheim

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Literatur

  • 1 Bump RC, Hooper CL, Kokew S, et al. . Int J Gynaecol Obstet 2003 83 (Suppl 3): 34

1 Yentreve®, Lilly and Company und Boehringer Ingelheim