ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2005; 114(6): 298-299
DOI: 10.1055/s-2005-871689
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Mundhygiene - Einsatz von Mundspüllösungen

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Korrespondenzadresse

Dr. Sonja Trapp

Wissenschaftliche Projektmanagerin der GABA GmbH

Berner Weg 7, 79539 Lörrach

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Publication Date:
20 June 2005 (online)

 
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Es ist allgemein anerkanntes Wissen, dass Karies, Gingivitis (Zahnfleischentzündung) und Parodontitis (Entzündung des Zahnhalteapparates) auf die Anreicherung und die Vermehrung von Bakterien auf der Zahnoberfläche und am Zahnfleischsaum zurückzuführen sind.

Optimale Plaquekontrolle ist daher die zwingende Voraussetzung für die Erhaltung der Mundgesundheit. Die mechanische Mundhygiene, also die Verwendung von Zahnbürste und Zahnpasta, ist die Basis der täglichen Prophylaxebemühungen und wird von den Zahnärzten seit vielen Jahren mindestens zweimal täglich gefordert [[10]]. Betrachtet man jedoch die Zahlen einer aktuellen Verbraucheranalyse (2003), so geben nur ca. 70% der Befragten an, dass sie zweimal täglich ihre Zähne putzen. Dabei gilt auch zu berücksichtigen, dass die Häufigkeit oft nichts mit der Gründlichkeit des Zähneputzens zu tun hat. Bedenkt man dann, dass die durchschnittliche Putzdauer in Deutschland zwischen 40s und 60 s pro Tag beträgt, wird deutlich, dass diese Maßnahmen nicht ausreichend sind für eine effektive Plaquekontrolle und Prophylaxe von Erkrankungen in der Mundhöhle. So haben z. B. mehr als 80% der Jugendlichen und Erwachsenen in Deutschland Zahnfleischprobleme [[8]]. Untersuchungen zeigen jedoch, dass regelmäßiges richtiges Zähneputzen die Zahngesundheit fördert und auch der Gingivitisbefall zurückgeht [[6], [7]]. Die mechanische Mundhygiene unter Verwendung einer Zahnpasta mit geeigneten Wirkstoffen hat also nach wie vor einen unverändert hohen Stellenwert, dies wird sich auch in der Zukunft nicht ändern.

Gerade in Zusammenhang mit Gingivitiden oder Risikogruppen (z. B. Träger von orthodontischen Apparaturen; Personen mit eingeschränkter Mundhygienefähigkeit) zeigt sich jedoch, dass die mechanischen Maßnahmen alleine nicht ausreichend sind. Mundspüllösungen mit geeigneten Wirkstoffen sind im Sinne einer chemischen Plaquekontrolle eine sinnvolle Ergänzung zur mechanischen Plaquekontrolle. Mundspüllösungen sollten prinzipiell nach dem Zähneputzen angewendet werden, so können sie positive Effekte der Zahnpasta verstärken und zur Prävention beitragen [[9]].

Von Substanzen oder Wirkstoffen zur chemischen Plaquekontrolle wird erwartet, dass sie gezielt in der Mundhöhle wirksam sind, ohne dabei Nebenwirkungen zu haben. Antibakteriell wirksame Substanzen können helfen, das Wachstum und den Stoffwechsel entzündungsauslösender Bakterien in der Plaque zu unterdrücken oder die Bakterien sogar abzutöten, sodass keine Giftstoffe mehr produziert werden können. Die verwendeten Wirkstoffe dürfen jedoch nicht die im Allgemeinen positive und schützende Mikroflora in der Mundhöhle zerstören. Denn sonst entsteht eine Situation, die wiederum die Ansiedlung von z. B. Hefepilzen oder anderen Opportunisten mit entsprechenden negativen Folgen für das Biotop Mundhöhle nach sich ziehen kann.

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Gebrauchsfertige Mundspüllösungen der neuen Generation

Angestrebt wird bei der Verwendung von antibakteriell wirksamen Substanzen in Mundspüllösungen eine spezifische Wirkung gegen orale pathogene Bakterien. Die verwendeten Substanzen müssen unter den in der Mundhöhle vorhandenen Bedingungen, also in vivo, wirksam sein und ausreichend lange für eine antibakterielle Wirkung in der Mundhöhle verbleiben, d. h. eine ausgeprägte Substantivität oder Verweildauer besitzen [[9]]. Entsprechend ihrer Substantivität werden antibakterielle Wirkstoff in "Generationen" eingeteilt. Wirkstoffe der 1. Generation haben in vitro, also im Laborversuch, eine antibakterielle Wirksamkeit gezeigt. Die antibakterielle Wirkung konnte jedoch nicht in vivo nachgewiesen werden, die Substanzen der 1. Generation haben eine zu geringe Substantivität, als dass sie unter den in der Mundhöhle herrschenden Bedingungen eine maßgebliche Wirkung gegen Bakterien haben. Beispiele für Wirkstoffe der 1. Generation sind z. B. Cetylpyridiniumchlorid (CPC), Hexetidin, ätherische Öle oder Sanguinarin [[9]].

Wirkstoffe der 2. Generation verfügen hingegen über eine ausgeprägte Substantivität und haben ihre antibakterielle Wirkung sowohl in vitro als auch in vivo unter Beweis gestellt. Als Goldstandard in der Prävention und Therapie von Entzündungen hat sich seit vielen Jahren der Wirkstoff Chlorhexidin in einer Konzentration von 0,2% etabliert [[1], [10]]. Chlorhexidin besitzt eine hohe Substantivität und ausgeprägte antibakterielle Wirkung. Lösungen mit Konzentrationen zwischen 0,1% und 0,2% Chlorhexidin (z. B. meridol® Chlorhexidin 0,2% Mundspülung) werden z. B. bei eingeschränkter Mundhygienefähigkeit aufgrund operativer Eingriffe oder nach parodontaler Behandlung in der Kurzzeitanwendung auch als alleinige Mundhygienemaßnahme empfohlen und können daher als "chemische Zahnbürste" bezeichnet werden. Aufgrund der mit der ausgeprägten Substantivität des Chlorhexidins einhergehenden Nebenwirkungen, Verfärbungen von Zähnen, Zunge, Mundschleimhaut, Geschmacksirritationen sollte Chlorhexidin nicht langfristig angewendet werden. Die auftretenden Nebenwirkungen sind reversibel.

Auch die Wirkstoffkombination Aminfluorid/Zinnfluorid (meridol® Mundspüllösung) besitzt eine sehr gute Substantivität und plaquehemmende Wirkung und wird als Wirkstoff der 2. Generation eingestuft [[9]]. Aminfluorid/Zinnfluorid konnte bis zu 8 h in antibakteriell wirksamer Konzentration im Biofilm nachgewiesen werden [[3]]. meridol® Mundspüllösung ist eine ideale Ergänzung zum täglichen Zähneputzen bei Zahnfleischproblemen und zum Schutz vor Gingivitis und Parodontitis. Künzel et al. [[5]] untersuchten die Plaquehemmung durch Anwendung von Aminfluorid/Zinnfluorid. Die Autoren fassen zusammen, dass die Aminfluorid-Zinnfluorid-Kombination eine effektive Spüllösung zur chemischen Plaquekontrolle darstellt. Aufgrund ihrer Schutzwirkung gegen Gingivitis wird der langfristige präventive Gebrauch empfohlen.

In einer Metaanalyse haben Brecx et al. [[4]] verschiedene Wirkstoffe und Mundspüllösungen anhand klinischer Studien bewertet und sprechen eine Empfehlung für die Wahl der richtigen Mundspüllösung zur Prävention und Behandlung von parodontalen Erkrankungen aus. Für die Kurzzeitanwendung, vor allem, wenn die mechanische Mundhygiene nur eingeschränkt möglich ist, empfiehlt sich eine Mundspülung mit 0,2% Chlorhexidin, um die Plaqueakkumulation auf ein Minimum zu reduzieren. Für die Langzeitanwendung wird die Wirkstoffkombination Aminfluorid/Zinnfluorid als ergänzende Maßnahme zur mechanischen Mundhygiene empfohlen.

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Mundwässer in konzentrierter Lösung

Im Gegensatz zu gebrauchsfertigen Zubereitungen, wie sie als Mundspüllösungen auf dem Markt erhältlich sind, sind Mundwässer konzentrierte Lösungen, die vor ihrer Anwendung mit Wasser verdünnt werden. Häufig sind Mundwasserkonzentrate auf Basis von Pflanzenextrakten entwickelt, die in Alkohol als Lösungsmittel gelöst werden. In der Regel beruht die Wirkung eines Mundwasserkonzentrats auf einer Geschmackserfrischung durch die ätherischen Öle, eine klinische Wirkung bezüglich Plaquehemmung ist durch den Verdünnungseffekt als gering einzustufen. Offensichtlich ist die Konzentration möglicher antibakterieller Inhaltsstoffe nicht ausreichend, um in der Mundhöhle eine In-vivo-Wirkung zu erzielen. Empfehlenswert ist daher die Anwendung von gebrauchsfertigen, alkoholfreien Mundspüllösungen mit Wirkstoffen mit guter Substantivität als Ergänzung zur mechanischen Mundhygiene.

Alkohol in Mundspüllösungen gilt an sich nicht als Wirkstoff zur Plaqueprävention, die dafür erforderlichen Konzentrationen müssten bei 40% und mehr liegen, um das Wachstum des dentalen Biofilms maßgeblich zu beeinflussen [[4]]. Alkohol dient in vielen Mundspüllösungen als Lösungsvermittler für Inhaltsstoffe, wie z. B. ätherische Öle, die in Wasser nicht löslich sind. In Fertigpräparaten variiert die Alkoholkonzentration von 5-30%, in Sprays oder Konzentraten kann die Alkoholkonzentration bis zu 90% ausmachen. Es ist bekannt, dass bei häufigem Kontakt mit Alkoholkonzentrationen von mehr als 20% lokaltoxische Wirkungen auftreten können [[11]]. Tierversuche haben gezeigt, dass die missbräuchliche Anwendung von alkoholhaltigen Mundspüllösungen zu Hyperkeratosen der Wangenschleimhaut führt [[2]]. Aus den USA sind vereinzelt tödlich verlaufene Fälle bei Kindern durch irrtümliches Trinken alkoholhaltiger Mundspüllösungen und akute Intoxikation beschrieben worden. Die American Dental Association fordert daher, einen Warnhinweis auf Mundspüllösungen mit mehr als 5% Alkohol anzubringen, und diese mit kindersicherem Verschluss auszustatten. Wenn möglich sollte man daher auf alkoholfreie Produkte mit erwiesener Wirksamkeit zurückgreifen.

Die konkrete Empfehlung eines Produkts zur chemischen Plaquekontrolle muss immer den beabsichtigten Zweck, die Anwendungsdauer und eventuelle Nebenwirkungen berücksichtigen und sollte individuell für jeden Patienten und seine spezifische Situation ausgesprochen werden. Mundspüllösungen ersetzen nicht die tägliche mechanische Mundhygiene, sondern sind eine ergänzende Maßnahme zu dieser und tragen zur Karies- und Gingivitisprävention mit bei.

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Literatur

  • 1 Areilter NB . Arweiler NB. Welchen Beitrag leisten Mundspüllösungen zur effektiven Karies- und Gingivitisprophylaye?.  Dent Implantologie. 2004;  12 574-583
  • 2 Bernstein ML . Carlish R . The induction of hyperkeratonic white lesions in hamster cheek pouches with mouthwash.  Oral Surge Oral Med Oral Path. 1979;  48 517-522
  • 3 Bowen WN . Mechanisms of action of known plaque inhibitors.  Z Stomatol. 1990;  87 (Suppl 5) 19-23
  • 4 Brecx M . Ntuschil L . Hoffmann T . How to select the right mouthrinses in periodontal prevention and therapy. Part II. Clinical use and recommendations.  Int J Dent Hygiene. 2003;  1 188-194
  • 5 Künzel W . Stößer L . Schulz E . Plaqueinhibition durch Aminfluorid/Zinnfluorid.  Quintessenz. 1990;  11 1813-1824
  • 6 Marthaler TM . Steiner M . Menghini G . Bandi A . Caries prevalence in Switzerland.  Int Dent J. 1994;  44 393-401
  • 7 Menghini G . Marthaler TM . Steiner M . Bandi A . Schürch E . Kariesprävalenz und gingivale Entzündung bei Rekruten im Jahre 1985: Einfluss der Vorbeugung.  Schweiz Monatsschr Zahnmed. 1991;  101 1119-1126
  • 8 Micheelis W . Reich E . Dritte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS III): Ergebnisse, Trends und Problemanalysen auf der Grundlage bevölkerungsrepräsentativer Stichproben in Deutschland 1997. Institut der Deutschen Zahnärzte (Hrsg.)  Köln: Deutscher Ärzte-Verlag GmbH. 1999; 
  • 9 Netuschil L . Bruhn G . Hoffmann T . Auswahl und Anwendung von oralen Chemoprophylaktika.  Der Freie Zahnarzt. 2002;  3 50-54
  • 10 Schiffner U . Zur Rolle der chemischen Plaquekontrolle. Teil 1: Möglichkeiten der mechanischen Mundhygiene zur Anwendung plaquehemmender Substanzen.  Oralprophylaxe. 1998;  20 198-203
  • 11 Schiffner U . Zur Rolle der chemischen Plaquekontrolle. Teil 2: Substanzen zur chemischen Plaquekontrolle - Wirkungen und Nebenwirkungen.  Oralprophylaxe. 1998;  21 13-19
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Korrespondenzadresse

Dr. Sonja Trapp

Wissenschaftliche Projektmanagerin der GABA GmbH

Berner Weg 7, 79539 Lörrach

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Literatur

  • 1 Areilter NB . Arweiler NB. Welchen Beitrag leisten Mundspüllösungen zur effektiven Karies- und Gingivitisprophylaye?.  Dent Implantologie. 2004;  12 574-583
  • 2 Bernstein ML . Carlish R . The induction of hyperkeratonic white lesions in hamster cheek pouches with mouthwash.  Oral Surge Oral Med Oral Path. 1979;  48 517-522
  • 3 Bowen WN . Mechanisms of action of known plaque inhibitors.  Z Stomatol. 1990;  87 (Suppl 5) 19-23
  • 4 Brecx M . Ntuschil L . Hoffmann T . How to select the right mouthrinses in periodontal prevention and therapy. Part II. Clinical use and recommendations.  Int J Dent Hygiene. 2003;  1 188-194
  • 5 Künzel W . Stößer L . Schulz E . Plaqueinhibition durch Aminfluorid/Zinnfluorid.  Quintessenz. 1990;  11 1813-1824
  • 6 Marthaler TM . Steiner M . Menghini G . Bandi A . Caries prevalence in Switzerland.  Int Dent J. 1994;  44 393-401
  • 7 Menghini G . Marthaler TM . Steiner M . Bandi A . Schürch E . Kariesprävalenz und gingivale Entzündung bei Rekruten im Jahre 1985: Einfluss der Vorbeugung.  Schweiz Monatsschr Zahnmed. 1991;  101 1119-1126
  • 8 Micheelis W . Reich E . Dritte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS III): Ergebnisse, Trends und Problemanalysen auf der Grundlage bevölkerungsrepräsentativer Stichproben in Deutschland 1997. Institut der Deutschen Zahnärzte (Hrsg.)  Köln: Deutscher Ärzte-Verlag GmbH. 1999; 
  • 9 Netuschil L . Bruhn G . Hoffmann T . Auswahl und Anwendung von oralen Chemoprophylaktika.  Der Freie Zahnarzt. 2002;  3 50-54
  • 10 Schiffner U . Zur Rolle der chemischen Plaquekontrolle. Teil 1: Möglichkeiten der mechanischen Mundhygiene zur Anwendung plaquehemmender Substanzen.  Oralprophylaxe. 1998;  20 198-203
  • 11 Schiffner U . Zur Rolle der chemischen Plaquekontrolle. Teil 2: Substanzen zur chemischen Plaquekontrolle - Wirkungen und Nebenwirkungen.  Oralprophylaxe. 1998;  21 13-19
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