Fortschr Neurol Psychiatr 2006; 74(4): 203-210
DOI: 10.1055/s-2005-870962
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Frontotemporale Demenz und delinquentes Verhalten

Misdemeanour in Frontotemporal DementiaJ.  Diehl1 , J.  Ernst1 , S.  Krapp1 , H.  Förstl1 , N.  Nedopil2 , A.  Kurz1
  • 1Psychiatrische Klinik und Poliklinik der TU München
  • 2Abteilung für Forensische Psychiatrie der Psychiatrischen Poliklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München
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Publication Date:
12 September 2005 (online)

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Zusammenfassung

Bislang gibt es nur einige Fallbeschreibungen und zwei kleine amerikanische Studien über Art und Häufigkeit delinquenten Verhaltens von Patienten mit Demenzen auf der Grundlage frontotemporaler lobärer Degenerationen (FTLD). Da sich im Rahmen unserer klinischen Arbeit mit diesen Patienten zunehmend der Eindruck erhärtete, dass diese Patienten vergleichsweise häufig dissoziales oder aggressives Verhalten an den Tag legen, war unser Ziel, diese Beobachtungen in einer Studie zu objektivieren. Zu diesem Zweck entwickelten wir ein standardisiertes Interview, anhand dessen die Angehörigen von 30 Patienten mit Frontotemporaler Demenz (FTD), 11 Patienten mit Semantischer Demenz (SD) und von 33 Patienten mit Alzheimer-Krankheit (AD) über das Vorkommen delinquenten Verhaltens im Rahmen der Erkrankung befragt wurden. Der Fragebogen beinhaltete Fragen nach Diebstahl, Beschädigung fremden Eigentums und Einbruch, psychischer und physischer Bedrohung, Körperverletzung, Drogenmissbrauch und Waffengebrauch. Fragen nach der Häufigkeit der Vergehen, nach der ungefähren Schadenshöhe sowie ggf. den Konsequenzen ergänzten das Interview. Kriminelle Vergehen waren von der Hälfte der Patienten mit FTD (15 von 30) und von 7 der 11 Patienten mit SD begangen worden, wobei es sich in den meisten Fällen um Eigentumsdelikte handelte. Nur ein einziger der 33 Alzheimer-Patienten war in dieser Hinsicht auffällig gewesen. In 13 Fällen hatten die Patienten regelmäßig Gegenstände geringen Wertes entwendet. 8 Patienten mit FTD und 1 Patient mit SD waren in eine fremde Wohnung eingedrungen, wie auch 1 Alzheimer-Patient. 10 der FTD-Patienten und 3 der SD-Patienten, aber keiner der Alzheimer-Patienten hatten in erster Linie Ehepartner und Verwandte, in 5 Fällen aber auch fremde Personen körperlich angegriffen, wobei es nur in einem Fall zu einer Körperverletzung kam.

Abstract

The nature and prevalence of misdemeanour in patients with dementia due to frontotemporal lobar degeneration has been described in a few case reports and in two small U.S. studies. Our clinical impression suggests that antisocial and aggressive behaviour are relatively frequent in this patient population. The objective of the present study was to verify this observation. For this purpose we developed a standardized questionnaire on misdemeanour in Frontotemporal Dementia. Using this instrument caregivers of 30 patients with Frontotemporal Dementia (FTD), 11 patients with Semantic dementia (SD) and 33 patients with Alzheimer-type dementia (AD) were interviewed. The interview included questions about theft, burglary, damaging other peoples' belongings, verbal or physical offence, bodily harm, drug abuse and use of weapons. Questions about the frequency of criminal behaviour, the amount of damages and consequences if applicable completed the questionnaire. Misdemeanour was found in half of the patients with FTD (15 out of 30) and in 7 out of 11 patients with SD, but only in one out of 33 patients with AD. The most frequent type of inappropriate behaviour was theft (13 patients), particularly shoplifting. 8 patients with FTD, 1 patient with SD and 1 patient with AD entered someone else's house without permission. 10 patients with FTD and 3 patients with SD but none of the patients with AD had physically threatened spouses, relatives or strangers. In one case another person was hurt.

Literatur

Dr. Janine Diehl

Psychiatrische Klinik und Poliklinik der TU München

Ismaninger Str. 22

81675 München

Email: janine.diehl@lrz.tum.de