Notfall & Hausarztmedizin (Hausarztmedizin) 2005; 31(3): 71
DOI: 10.1055/s-2005-869500
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Hochgebirgsklimatherapie bei Allergie und Asthma

Udo Kaiser, Günter Menz
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Publication Date:
09 May 2005 (online)

Asthma bronchiale ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen und nimmt weltweit jährlich zu. In Mitteleuropa sind 6-8 % der erwachsenen Bevölkerung an Asthma bronchiale erkrankt. 15-20 % weisen ein hyperreagibles Bronchialsystem auf, bei über 20 % der erwachsenen Bevölkerung sind allergische Sensibilisierungen gegen Umweltallergene nachweisbar. In Deutschland werden jährlich zirka 100000 Neudiagnosen an Asthma bronchiale gestellt. 1995 wurden 67000 Patienten wegen Asthma bronchiale stationär aufgenommen.

Die Prävalenz atopischer Erkrankungen im Kleinkindes-, Kindes- und Jugendalter hat seit Jahrzehnten zugenommen - epidemiologische Arbeiten belegen, dass ihre auch im Bewusstsein der Bevölkerung und der Medien zunehmende Gewichtung nicht nur ein Problem verbesserter Diagnostik und vermehrter Beobachtung ist. Im Bereich der allergischen Atemwegserkrankungen schwanken entsprechende Angaben für das Asthma bronchiale in Abhängigkeit von Definition, Alter und Region zwischen 6 und 12 % der Kinder eines Jahrganges, für die allergische Rhinokonjunktivitis gelten Angaben von 15-20 %. Erwähnte Prävalenzentwicklung ist nicht nur in europäischen Regionen, sondern weltweit zu beobachten.

Der Anstieg von Morbidität und Mortalität ist trotz verbesserter diagnostischer und therapeutischer Möglichkeiten ungebremst. Ursächlich liegt dem Asthma bronchiale eine charakteristische Entzündungsreaktion der Bronchialschleimhaut zugrunde. Die klinischen Symptome entstehen durch ein komplexes Zusammenspiel von vielen unterschiedlichen Zelltypen, Mediatoren und nervalen Mechanismen. Charakteristisch für alle Formen des Asthma bronchiale sind dabei das Schleimhautödem, die Ausbildung einer bronchialen Überempfindlichkeit, eine meist variable bronchiale Obstruktion sowie eine vermehrte Schleimbildung.

Klinik und weitergehende Untersuchungen lassen eine grobe Einteilung des Asthma bronchiale in ein allergisches Asthma und ein nicht allergisches, so genanntes Intrinsic Asthma zu. Wir wissen heute, dass Asthma bronchiale nicht nur reversible Atemwegsobstruktion, Schleimhautödem oder -bildung ist, sondern zu irreversiblen Veränderungen an bronchialen und pulmonalen Strukturen führen kann (sog. Remodeling der Atemwege). Um eine frühzeitige und adäquate Behandlung einleiten zu können, ist eine rechtzeitige intensive Diagnostik, ein so genanntes Staging, erforderlich.

Die vorliegenden Daten belegen, dass pneumologische, dermatologische und allergologische Erkrankungen zu den großen Volkskrankheiten zählen. Sie gehen mit einer hohen Morbidität und Mortalität einher und verursachen in Deutschland durch die massiven Krankheitsfolgen alleine für das Asthma bronchiale und die COPD jährlich Kosten von über acht Milliarden Euro. Je nach Schweregrad und Verlauf erfordern sie eine lebenslange medizinische Versorgung, die an erster Stelle von Hausärzten, Fachärzten und Akutkliniken mit dem Ziel der Beseitigung oder Kompensation der körperlichen Aspekte der Erkrankung gewährleistet wird.

Zur umfassenden Behandlung ist eine enge Verzahnung dieser Versorgungssegmente mit rehabilitativen Angeboten notwendig, die in Zusammenarbeit mit dem Haus-/Facharzt den Schwerpunkt auf die Beseitigung oder Kompensation der Krankheitsfolgen und damit der Rehabilitation legen.

Wohnortferne Akut- und Rehabilitationsbehandlungen sollten insbesondere bei assoziierten Allergien in klimatisch geeigneten Regionen wie dem Davoser Hochgebirgstal durchgeführt werden. Die Wirksamkeit der besonderen klimatherapeutischen Maßnahmen in Davos im Kontext der therapeutischen und rehabilitativen Gesamtkonzeption wurde in mehreren evaluativen Studien nachgewiesen. So zeigen die katamnestisch erfassten Langzeitergebnisse, dass die Hochgebirgsklimatherapie bei Patienten mit chronischen Haut- beziehungsweise Atemwegserkrankungen (Neurodermitis constitutionalis atopica, Asthma bronchiale allergicum, Psoriasis vulgaris, Psoriasis arthropathica, Kontaktekzem) zu einer lang anhaltenden wesentlichen Besserung der Beschwerden führt. Das lässt sich sowohl anhand klinischer Verlaufsparameter (Anzahl der Krankheitsschübe, klinische Kriterien des Hautzustandes, Kortikosteroidverbrauch äußerlich und innerlich) als auch durch eine erhebliche Senkung der Arbeits- beziehungsweise Schulunfähigkeitszeiten belegen.

Im vorliegenden Themenschwerpunkt „Asthma und Allergie”, der von Experten der Deutschen Hochgebirgsklinik Davos-Wolfgang gestaltet wurde, wird auf ein breites Spektrum von spezifischen Anforderungen an den Arzt eingegangen.

Dr. phil. Udo Kaiser
PD Dr. med. Günter Menz

Davos-Wolfgang

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