Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2005; 15(4): 205-209
DOI: 10.1055/s-2005-866938
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Physikalische und rehabilitative Medizin im Jahre 2005 - eine Standortbestimmung

Physical Medicine and Rehabilitation in the Year 2005 - The German PerspectiveG.  Stucki1
  • 1Klinik und Poliklinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation, Klinikum der Universität München
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Publication History

Eingegangen: 10. Mai 2005

Angenommen: 14. Juni 2005

Publication Date:
11 August 2005 (online)

Der Kongress der Deutschen Gesellschaft für Physikalische Medizin und Rehabilitation in Kooperation mit der Österreichischen Gesellschaft für Physikalische Medizin und Rehabilitation in München im Jahre 2005 bietet die Gelegenheit zu einer kurzen Standortbestimmung unserer Fachdisziplin und unserer wissenschaftlichen Gesellschaft. Im ersten Teil dieser Standortbestimmung werde ich Erreichtes beleuchten, aber auch auf offene Herausforderungen hinweisen. Im zweiten Teil werde ich einen mir wichtig erscheinenden Aspekt für die weitere wissenschaftliche Entwicklung unseres Faches aufzeigen.

Die Basis für jede wissenschaftliche Organisation sind eine etablierte Organisationsstruktur, klare Verantwortlichkeiten und systematisierte Abläufe. In den letzten Jahren haben wir diesbezüglich sicher wesentliche Fortschritte erzielt. So verfügt die Gesellschaft seit der Initiative unseres damaligen Präsidenten Prof. Smolenski nunmehr über eine effiziente Geschäftsstelle in Jena unter der Leitung von Prof. Beyer. Erstmalig ist dieses Jahr die Geschäftsstelle auch für die Kongressorganisation zuständig. Dadurch wird die Arbeit des Vorstandes und insbesondere des Präsidenten und des Schatzmeisters wesentlich erleichtert. Während früher die Präsidenten insbesondere für die Kongresse in der Regel über eigene Ressourcen in ihrer Klinik verfügten respektive verfügen mussten, ist dies in der Zukunft nicht mehr notwendig. Die Arbeit der Geschäftsstelle, aber auch des Vorstandes und der Initiativgruppen, wird durch klare Verantwortlichkeiten im Rahmen eines Organigramms (Abb. [1]: Aktuelles Organigramm) geregelt. Dies betrifft insbesondere die Zuständigkeiten der Vorstandsverantwortlichen für die Bereiche „Grundlagenwissenschaften”, „Klinische Wissenschaften” und „Aus-, Weiter- und Fortbildung” sowie die Zuständigkeiten von Initiativgruppenleitern und Projektverantwortlichen, Delegierten und Liaisonpersonen. Die Abläufe übers Jahr mit Vorstandssitzungen sowie Kongressplanung sind ebenfalls systematisiert. Als wesentliches neues Organisationselement, welches zur Kontinuität und Qualität unserer Kongresse beitragen wird, ist die Etablierung eines „Scientific Committee” mit Beteiligung aller Leiter der Initiativgruppen erwähnenswert. Die Leiter einer Initiativgruppe sind damit herausgefordert, den Kongress aktiv zu gestalten. Auch die Struktur des Kongresses kann zwar in der Zukunft variiert werden, folgt aber einem Raster und bietet damit ebenfalls Gewähr für Kontinuität. Damit entspricht die Organisation unserer Kongresse einem internationalen Standard. In der Tat wurde unser Konzept im Rahmen der Aktivitäten der Europäischen Gesellschaft für Physikalische und Rehabilitative Medizin (ESPRM) aufgenommen und wird voraussichtlich im Jahre 2008 erstmalig auch europäisch umgesetzt werden.

Abb. 1 Organigramm

Wie in jeder Organisation besteht wahrscheinlich die größte Herausforderung in der Kommunikation. Um die Kommunikation des Vorstandes mit den Mitgliedern zu systematisieren, wird einmal jährlich ein Bericht, welcher sämtliche Aktivitäten im Rahmen unserer Initiativgruppen, Projekte sowie Delegierten und Liaisonarbeit beleuchtet, an die Mitglieder verschickt. Die Kommunikation innerhalb des Vorstandes und den Initiativgruppenleitern, Projektgruppen, Delegierten und Liaisonpersonen sowie die Darstellung unserer Gesellschaft nach außen im Rahmen unserer Homepage, sind zurzeit aber sicher noch nicht ideal und bedürfen der kontinuierlichen Verbesserung.

Im Bereiche der Aus-, Weiter- und Fortbildung war unsere Gesellschaft in den letzten Jahren ausgesprochen erfolgreich. Mit der Integration unseres Fachgebietes in die Approbationsordnung ist ein außerordentlich wichtiger Schritt zur weiteren Etablierung und Stärkung unserer Fachdisziplin erreicht. In Zusammenarbeit mit der DGRW wurden die Fakultäten bezüglich der Umsetzung der neuen Approbationsordnung mit einem gemeinsamen publizierten Konzept unterstützt [1]. Bereits jetzt zeichnet sich allerdings ab, dass die verschiedenen Universitäten ganz unterschiedliche Wege gehen. D. h. für unser Fachgebiet, dass wir uns unterschiedlich stark in problemorientierten Kursen, z. B. Praktika im Rahmen so genannter Longitudinalkurse oder mit eigenen Blockkursen in der Ausbildung, engagieren. In einer ersten Beurteilung des MeCUM der LMU wurden die Praktika in Kooperation mit unseren therapeutischen Mitarbeitern eindeutig besser bewertet als beispielsweise Vorlesungen und wenig interaktive Seminare. So erfreulich die Entwicklung bisher ist, bleiben doch zwei Wermutstropfen. Erstens gibt es an vielen Universitäten nach wie vor keinen Lehrstuhl für Physikalische Medizin und Rehabilitation und entsprechend wird die Lehre durch andere Konstrukte, beispielweise in Zusammenarbeit mit verschiedenen Fachdisziplinen oder rehawissenschaftlichen Lehrstühlen wahrgenommen. Eine rehawissenschaftliche oder fachdisiziplinorientierte Ausbildung sollte durch eine originäre physikalisch-medizinisch und rehabilitative Gestaltung und Leitung der Curricula abgelöst werden. Zweitens wurden an allen mir bekannten Fakultäten, wo die PMR nun mit hohen Lehrleistungen engagiert ist, keine neuen Ressourcen für die Lehre zugewiesen. Dies bedeutet, dass im Rahmen der bisherigen Ressourcen weniger Möglichkeiten für die klinischen Dienstleistungen und vor allem für die Forschung verbleiben. Im Rahmen der an verschiedenen Universitäten anstehenden Trennung der Haushalte von Lehre, Forschung und Klinik ist es dementsprechend entscheidend, dem Aspekt der Ressourcen unseres Fachgebietes besser Rechnung zu tragen.

Auch im Bereiche der Weiterbildung war mit der Bestätigung unseres Facharztes durch den Ärztetag im Jahr 2003 eine Grundsatzentscheidung von höchster Bedeutung gefallen. Gerade für unsere jungen Kolleginnen und Kollegen in der Weiterbildung war es enorm wichtig, dass der Facharzt gestärkt aus der Auseinandersetzung um die Reduktion der nun geringeren Zahl von Fachdisziplinen hervorgegangen ist. Um den Bedürfnissen der Ärzte in der Weiter- und Fortbildung besser gerecht zu werden, hat die DGPMR kürzlich beschlossen, ein eigenes Konzept für eine Akademie umzusetzen. Gemäß diesem Konzept tritt die DGPMR, mit der wichtigen Ausnahme des Kongresses, in aller Regel nicht als eigenständiger Anbieter von Kursen, Seminaren und Workshops auf. Das Konzept sieht vielmehr vor, dass auf Initiative von Mitgliedern, respektive gemäß Bedarfsanalyse der DGPMR, Angebote nach transparenten Kriterien und nach entsprechendem Vorstandsentscheid in Kooperation mit der DGPMR durchgeführt werden. Damit können bereits etablierte Konzepte in den Bundesländern, aber auch Angebote beispielsweise im Bereich der Manuellen Medizin, im Rahmen der Akademie angeboten werden. Die offensichtliche Herausforderung für ein solches Modell der Akademie ist die Abhängigkeit von der Initiative von Kollegen und genügendem Interesse. Gerade der letzte Punkt ist sicherlich zurzeit eine Schwäche unserer Fachdisziplin und unserer Fachgesellschaft. Anders als in anderen Fachdisziplinen, welche primär universitär oder mit einer starken universitären Basis operieren, werden unsere Fachärzte zu einem ganz großen Teil außeruniversitär weitergebildet und haben wenig Kontakt zur universitären Medizin und damit auch eine per se schon geringe Affinität zur wissenschaftlichen Fachgesellschaft.

Im Bereiche der Grundlagen- und klinischen Wissenschaften haben verschiedene Initiativgruppen mit Projekten wichtige Arbeit für unsere Fachdisziplin und unsere Gesellschaft geleistet. So war unsere Fachgesellschaft maßgeblich bei der Entwicklung von Konzepten im Bereiche der Frührehabilitation beteiligt [2] [3] [4] [5] [6] [7]. Sie bilden heute die Basis für die laufenden Diskussionen der Strukturen, aber auch der Finanzierung im Rahmen der DRGs zwischen dem Ministerium, den Kostenträgern und dem INEK. Unsere Fachgesellschaft war auch ein Kooperationspartner der WHO und dem ICF Research Branch des DIMDI an der LMU in München bei der Entwicklung von Ansätzen zur Umsetzung der ICF in der Medizin [8] [9] [10] [11] [12] [13]. Allerdings verfügt unser Fachgebiet nach wie vor über eine nur geringe Zahl von wissenschaftlich interessierten Kollegen und eine ebenso geringe Zahl von habilitierten Kollegen und Professoren.

Die erwähnte Konzeptarbeit im Bereiche der Frührehabilitation ist ein gutes Beispiel für die Zusammenarbeit der wissenschaftlichen Fachgesellschaft DGPMR mit dem Berufsverband. Aufgabe der DGPMR ist es, vorausschauend und zeitnah wissenschaftlich fundierte Konzepte zu entwickeln. So wurden im Rahmen einer gemeinsamen Task Force über die letzten Jahre beispielsweise die jeweils anstehenden Herausforderungen in Bezug auf die Frührehabilitation und insbesondere die Finanzierung der frührehabilitativen Leistungen immer wieder erfolgreich koordiniert und umgesetzt. Auch hier stellten Publikationen in Zusammenarbeit mit der DGPMR eine wichtige Grundlage der Arbeit dar [2] [3] [4] [5] [6] [7] [14]. Eine kontinuierliche Herausforderung in der Zusammenarbeit der DGPMR mit dem Berufsverband ist das unterschiedliche Verständnis eines Berufsverbandes und einer wissenschaftlichen Fachgesellschaft bezüglich der Aufgaben und entsprechend des Ressourceneinsatzes auch aus der finanziellen Perspektive. So darf nicht vergessen werden, dass der Berufsverband über größere finanzielle Möglichkeiten verfügt und dass die DGPMR bei der Finanzierung berufspolitischer Aktivitäten immer auch den finanziellen Aspekt bezüglich der damit entsprechend geringer möglichen Finanzierung von wissenschaftlichen Entwicklungen im Auge behalten muss. Gerade dieser letzte Aspekt zeigte sich deutlich bei der sehr erfolgreichen und mit großem Engagement geführten, gemeinsamen Public-Relations-Offensive, unser Fachgebiet und seine wissenschaftliche Basis besser nach außen zu kommunizieren. Zurzeit ist offen, ob die Public-Relations-Offensive auf der Basis der bisher möglichen Finanzierung über länger Zeit weitergeführt werden kann.

Eine wissenschaftliche Gesellschaft, auch eines großen Landes wie Deutschland, lebt nicht nur von Aktivitäten innerhalb des Landes, sondern auch durch den Austausch und die Mitarbeit zur Stärkung unseres Fachgebietes auf europäischer und internationaler Ebene. Diese Erkenntnis hat in den letzten Jahren zu sehr fruchtbaren Entwicklungen geführt. So haben wir im Sinne der bilateralen Zusammenarbeit eine konkrete längerfristige Zusammenarbeit mit der ÖGPMR initiiert, welche durch unsere gemeinsamen Kongresse 2005 in München und 2006 in Salzburg klar erkennbar ist. In der Zusammenarbeit mit den italienischen Kollegen der SIMFER sowie der ÖGPMR fand dieses Jahr erstmalig ein gemeinsames Symposium in Bozen statt. Eine ähnliche Initiative ist zurzeit in der Kooperation mit den baltischen Staaten angedacht.

Auch auf europäischer Ebene hat sich die DGPMR in den letzten Jahren sehr aktiv mit eingebracht. So hat die DGPMR als klares Zeichen ihres Willens zur Internationalisierung unserer Fachgesellschaft 2004 keinen eigenen großen Kongress, sondern ein Symposium in Zusammenarbeit mit der DGRW in Berlin durchgeführt und war als Partner der ÖGPMR beim europäischen Kongress 2004 in Wien engagiert. Die höchste Zahl von Abstracts aus Deutschland und die respektable Zahl deutscher Teilnehmer kann als Erfolg dieser Initiative gewertet werden. Auch haben sich die Vertreter unseres Vorstandes in der ESPRM für eine bessere Kongressstruktur gemäß unserem deutschen Modell erfolgreich eingesetzt; d. h. ab 2008 wird ein Scientific Committee etabliert.

Auf internationaler Ebene haben die Vertreter der DGPMR insbesondere die Zusammenarbeit der ISPRM mit der WHO durch Wahrnehmung der Funktion des Liaison Officer geprägt und in diesem Zusammenhang eine Resolution zur Rehabilitation mitinitiiert und -gestaltet [15]. Auch wurde das in Deutschland initiierte ICF-Projekt von der ISPRM als wesentliche Entwicklung erkannt und mit der Verleihung der Sidney-Licht-Award Lectureship am ISPRM-Kongress 2005 in Sao Paulo gewürdigt. Die systematische konstruktive Zusammenarbeit auf internationaler Ebene führte auch dazu, dass mit Professor Gutenbrunner nun ein deutscher Kollege aus dem Kreis unserer Fachgesellschaft als regionaler Vizepräsident für Europa amtet.

Auch konzeptionell trägt unsere Fachgesellschaft zur internationalen Entwicklung unseres Fachgebietes durch Diskussionsbeiträge und Publikationen bei. So ist eine gemeinsame Publikation mit der UEMS zur Definition unseres Fachgebietes sowie ein Weißbuch entsprechend unserem deutschen Weißbuch auch für die europäische Ebene in Bearbeitung.

Neben all diesen positiven Entwicklungen bleiben eine ganze Reihe von übergreifenden Herausforderungen. So ist die Motivation von jungen Kollegen, in unser Fachgebiet und insbesondere in eine klinisch-akademische Karriere einzusteigen, leider zurzeit immer noch als gering zu bezeichnen. Auch sind die Möglichkeiten des PMR-Facharztes als Leiter eines Institutes für Physikalische und Rehabilitationsmedizin an einem großen Akutkrankenhaus im Kontext der neu etablierten Konzepte zur Frührehabilitation noch kaum bekannt. Zurzeit werden solche Positionen eher durch Doppelfachärzte mit einem Erstfacharzt in Innerer Medizin, Orthopädie, Anästhesie, Chirurgie oder Neurologie angestrebt.

Kollegen mit dem Ziel der Niederlassung haben nach wie vor nur ein geringes Interesse an der Erlernung von technischen Untersuchungen. So sind die Neurophysiologie und interventionelle Techniken, wie sie beispielsweise in den USA gang und gäbe und Kern des Fachs sind, bei uns noch kaum populär. Trotz entsprechenden Angeboten, beispielsweise im Rahmen von gemeinsam mit der Anästhesie geführten Schmerzambulanzen, werden beispielsweise interventionelle Techniken der Schmerztherapie kaum erlernt. Es ist zu hoffen, dass mit der besseren Vertretung unseres Faches in der Approbationsordnung ein größeres und auch mehr auf die Akutmedizin ausgerichtetes Interesse für unser Fachgebiet entstehen wird. Durch frühzeitiges Rekrutieren von Studenten für medizinische Doktorarbeiten ist auch zu hoffen, dass sich vermehrt junge Kollegen für eine klinisch-wissenschaftliche Karriere interessieren werden.

Für die Zukunft sehe ich eine Reihe von Ansätzen, welche unsere wissenschaftliche Gesellschaft und unsere Fachdisziplin weiterbringen können. Hier lohnt sich einmal mehr der Blick über den Atlantik. So hat beispielsweise Joel A. DeLisa in seiner kürzlich gehaltenen John Stanley Coulter Memorial Lecture die Grundzüge der Rehabilitationsforschung zusammengefasst und ein interdisziplinäres Forschungsmodell vorgeschlagen [16]. Seine auch von mir geteilte Vorstellung ist ein interdisziplinäres PhD-Forschungsmodell unter Einbezug von PMR-Fachärzten. Das Modell beruht auf der Erkenntnis, dass ohne PhD-Forscher moderne Rehabilitationsforschung nicht möglich ist und PMR-Ärzte ein essenzieller Partner aller klinischen und speziell aller klinisch-rehabilitativen Forschung sind. Nachdem klinische Forscher sowohl in den USA als auch bei uns eine rare, und gerade in unserem Fachgebiet, eine sehr rare Spezies sind, ist ein interdisziplinäres Forschungsmodell, welches PhD-Forscher mit PRM-Spezialisten zusammenbringt, um gemeinsam Forschungsprogramme zu entwickeln, sehr interessant. Entsprechend diesem Modell haben wir beispielsweise in München in Zusammenarbeit unserer beiden Lehrstuhlinstitutionen, dem „Institut für Gesundheits- und Rehabilitationswissenschaften” sowie der Klinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation, PhD-PRM-Facharzt-orientierte Programme im Bereich muskuloskeletaler Erkrankungen und Schmerz etabliert. Eine ähnliche Zusammenarbeit besteht im Bereiche der Frührehabilitation in der Zusammenarbeit mit Ärzten der Frührehabilitation, aber auch mit unseren Klinikern im Bereiche der therapeutischen Berufe. Fairerweise muss man allerdings sagen, dass im Unterschied zum Modell, welches von Joel DeLisa vorgeschlagen wird, die PMR-Ärzte als Partner solcher Kooperationen bei uns im besten Fall über 50 % Forschungszeit verfügen, in den USA dafür aber 80 % der Zeit zur Verfügung stehen. Entsprechend dem Modell von Joel DeLisa sehe ich für die Zukunft eine stärkere Zusammenarbeit der Kliniken, Institute und Abteilungen für Physikalische und Rehabilitative Medizin mit PhD-Programmen, beispielsweise im Kontext der Rehabilitationswissenschaften. An verschiedenen Universitäten, wo inzwischen nicht-klinische Lehrstühle für Rehabilitationswissenschaften etabliert wurden, sind solche Kooperationen für die Zukunft denkbar. Entsprechend dem Konzept der interdisziplinären Forschung sollten wir in der Zukunft wahrscheinlich auch stärker die in den Rehabilitationswissenschaften bereits etablierte multiprofessionelle Forschung unter stärkerem Einbezug der therapeutischen Wissenschaften pflegen. In vielen Ländern, insbesondere den Niederlanden, Skandinavien und Kanada, wird ein immer größerer Anteil der Forschung im Bereiche der Rehabilitationswissenschaften durch klinische Wissenschaftler aus den therapeutischen Berufen durchgeführt. Gerade im Bereiche der therapeutischen Berufe besteht unter Berücksichtigung unserer Rahmenbedingungen oft eher die Möglichkeit eines Forschungsanteils von mehr als 50 %. Entsprechend wäre eine wichtige Entwicklungsmöglichkeit für PRM-Kliniken und Institutionen der stärkere Einbezug von sich zunehmend besser qualifizierenden therapeutischen Berufen mit Bachelor- oder Masters-Abschluss.

Die Wissenschaft, welche am Kongress unserer Gesellschaft in München dieses Jahr präsentiert wird und in diesem Sonderheft abgedruckt ist, zeigt, dass wir in der Breite und in einzelnen Aspekten durchaus in die richtige Richtung gehen. Sie zeigt aber auch das enorme Entwicklungspotenzial für die Zukunft.

Literatur

  • 1 Mau W, Gulich M, Gutenbrunner C, Lampe B, Morfeld M, Schwarzkopf S R, Smolenski U C. Lernziele im Querschnittsbereich Rehabilitation, Physikalische Medizin und Naturheilverfahren nach der 9. Revision der Approbationsordnung für Ärzte. Gemeinsame Empfehlung der DGRW und DGPMR. [Educational objectives in the new interdisciplinary subject „Rehabilitation, Physical Medicine, Naturopathic Treatment” under the 9th revision of the Federal Medical Training Regulations joint recommendations of the German Society of Rehabilitation Science and the German Society of Physical Medicine and Rehabilitation.]  Phys Med Rehab Kuror. 2004;  14 (6) 308-318
  • 2 Stier-Jarmer M, Stucki G. Frührehabilitation im Akutkrankenhaus - Gesetzliche Grundlagen. [Early rehabilitation in acute settings - fundamental legal principles.]  Phys Med Rehab Kuror. 2002;  12 (3) 129-133
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  • 12 Stucki G, Stier-Jarmer M, Grill E, Melvin J. Rationale and principles of early rehabilitation care after an acute injury or illness.  Disabil Rehabil. 2005;  27 (7 - 8) 353-359
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  • 14 Brach M, Piek S, Stucki S. Finanzierung der Frührehabilitation. [Funding of early rehabilitation.]  Phys Med Rehab Kuror. 2002;  12 (6) 317-324
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  • 16 DeLisa J A. Shaping the future for medical rehabilitation research: using the interdisciplinary research model.  Arch Phys Med Rehab. 2004;  85 531-537

Prof. Dr. med. Gerold Stucki

Klinik und Poliklinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation · Klinikum der Universität München

Marchioninistraße 15

81377 München

Email: Gerold.Stucki@med.uni-muenchen.de

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