Gesundheitswesen 2006; 68(2): 123-127
DOI: 10.1055/s-2005-858996
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Verläufe von Pflegebedürftigkeit in Hessen in den Jahren 1999 bis 2002. Ergebnisse einer Längsschnittstudie

Path ways through care in Hessen from 1999 to 2002. Results of a longgitudimal studyU. Prüß1 , J. Küpper-Nybelen1 , P. Ihle1 , I. Schubert1
  • 1PMV forschungsgruppe, Universität zu Köln
Further Information

Publication History

Publication Date:
15 February 2006 (online)

Zusammenfassung

Ziel der Studie: Die Arbeit stellt Verläufe der Pflegebedürftigkeit (im Sinne der Sozialen Pflegeversicherung) im Längsschnitt nach Leistungsarten und Pflegestufen über einen Zeitraum von vier Jahren dar. Methodik: Die prospektive Kohortenstudie mit zurückverlegtem Ausgangspunkt erfasst monatsweise die Leistungsart sowie Pflegestufe von Pflegebedürftigen. Es werden Kohorten von Pflegebedürftigen betrachtet, die in eine Leistungsart bzw. Pflegestufe durch Beginn der Inanspruchnahme oder durch einen Wechsel der Leistungsart/Pflegestufe bei bestehender Pflegebedürftigkeit eintreten. Für einen Zeitraum von 48 Monaten werden alle Ereignisse, wie Wechsel der Leistungsart/Pflegestufe einschließlich Versterben oder Ende der Inanspruchnahme, dokumentiert. Ergebnisse: Die Betrachtung von vier Leistungsartenkohorten (n = 6,298) von 1999 bis 2002 macht deutlich, dass Empfänger von Pflegegeld im Vergleich zu den anderen Leistungsempfängern länger in der Leistungsart verbleiben (28,1 %). Von den Kombinationsleistungsempfängern nehmen nach 4 Jahren 10,7 %, von den Empfängern von Sachleistungen 8,0 % die gleiche Leistungsart in Anspruch. In die stationäre Pflege wechseln von den Pflegegeldempfängern 6,9 %, von den Kombinationsleistungsempfängern 10,1 %, von den Sachleistungsempfängern 11,8 %. Von den Pflegegeldempfängern versterben nach 4 Jahren 57,3 %. Von den Kombinationsleistungsempfängern sind dagegen 69,6 %, von den Sachleistungsempfängern 70,1 % und von den stationär Gepflegten 68,9 % verstorben. Schlussfolgerung: Weitere Forschungsarbeiten sollten Risikofaktoren für den Eintritt in stationäre Pflege sowie für Versterben oder auch Fragen zur Prävention von Pflegebedürftigkeit und Möglichkeiten der Rehabilitation bearbeiten. Die Pflegeverläufe nach sozialen Merkmalen wie Geschlecht sowie im Kontext typischer Krankheiten im Alter sollten untersucht werden. Sekundäranalysen auf der Basis von personenbezogen erhobenen Prozessdaten der Sozialen Pflegeversicherung eignen sich gut für Verlaufsstudien.

Abstract

Aim of study: This paper looks at pathways through care for care-dependent persons (as defined by the German statutory long-term care insurance) through longitudinal and cross-sectional analysis of types of benefits and benefit levels over a period of 4 years. Methods: The prospective cohort study with backdated recording consists of monthly data on the type and level of benefit for each care-dependent person. Cohorts of care-dependent people (n = 6.928) are followed over time to record the benefit type and level at program entry and during enrolment. Each change of benefit type or level, including exit from the program such as in the case of death is noted for a time period of 48 months. Results: The 4-years longitudinal study (1999 through 2002) proves important differences between courses of long-term care in relation to benefit types. Recipients of the cash benefit remain for a longer period of time in that benefit type (28.1 %), have lower transition rates to institutional care (6.9 %) and lower mortality rates (57.3 %) in comparison to recipients of other benefit types over the course of 4 years. Only 8 % respectively 10.7 % of recipients of the combined or the service benefit have the same type of benefit after 48 months. Transition rates to institutional care for professionally cared persons are 10.1 % (combined benefit) respectively 11.8 % (service benefit). Mortality rates of other than cash benefit recipients are about 70 %. Conclusions: Further research should consider risk factors for entry into institutional care and mortality rates as well as questions regarding the prevention of care dependency and effectiveness of rehabilitation. Pathways through care should be analysed by focusing social variables like sex and chronic diseases of older people. Secondary analysis of process data from German statutory long-term care insurance program is a powerful tool for the study pathways through of long-term care.

Literatur

  • 1 Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung .Dritter Bericht über die Entwicklung der Pflegeversicherung. Bonn; 2004: 106-107
  • 2 Deutscher Bundestag .Enquete-Kommission Demographischer Wandel. Herausforderungen unserer älter werdenden Gesellschaft an den Einzelnen und die Gesellschaft. Berlin; 2002
  • 3 Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung .Nachhaltigkeit in der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme - Bericht der Kommission (Rürup-Kommission). Berlin; 2003
  • 4 Sachverständigenrat zur Beurteilung der Entwicklung im Gesundheitswesen .Koordination und Qualität im Gesundheitswesen. Baden-Baden; 2005
  • 5 Walter U. Wahrnehmung und Umsetzung rechtlicher Bestimmungen zur Prävention in Deutschland. Expertise aus sozialmedizinischer Sicht im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung. Hannover; Medizinische Hochschule Abt. Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung 2002/2003
  • 6 Statistisches Bundesamt .Bericht: Pflegestatistik 2001 - Pflege im Rahmen der Pflegeversicherung - Deutschlandergebnisse. Bonn, 2003; Bericht: Pflegestatistik 2003 - Pflege im Rahmen der Pflegeversicherung - Deutschlandergebnisse. Bonn; 2005
  • 7 Wagner A. Einfluss von Pflegebiographie und demographischem Wandel auf die Entwicklung der sozialen Pflegeversicherung.  Krankenversicherung. 2002;  68 332-335
  • 8 Mayer K U, Baltes P B. Die Berliner Altersstudie. Berlin; Akademie Verlag 1996
  • 9 Schneekloth U, Leven I. Hilfe- und Pflegebedürftige in Privathaushalten 2002 in Deutschland, Schnellbericht. Erste Ergebnisse der Repräsentativbefragung im Rahmen des Forschungsprojektes „Möglichkeiten und Grenzen einer selbständigen Lebensführung hilfe- und pflegebedürftiger Menschen in privaten Haushalten. (Internetseite: http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Abteilung3/Pdf-Anlagen/hilfe-und-pflegebeduerftige-in-privathaushalten,prperty = pdf.pdf). München; Infratest Sozialforschung 2003
  • 10 Ihle P, Köster I, Herholz H. et al . Versichertenstichprobe AOK Hessen/KV Hessen - Konzeption und Umsetzung einer personenbezogenen Datenbasis aus der gesetzlichen Krankenversicherung.  Das Gesundheitswesen. 2005;  68 638-645
  • 11 Ihle P, Köster I, Schubert I. et al . GKV-Versichertenstichprobe.  Wirtschaft und Statistik. 1999;  68 3-10
  • 12 Rothgang H, Borchert L, Knorr K. Individuelle Pflegeverläufe älterer Menschen und ihre Determinanten.  Pflege & Gesellschaft. 2005;  68 34-37

Ulrike Prüß, M.A.

Universität zu Köln, PMV forschungsgruppe an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters

Herderstraße 52 - 54

50931 Köln

Email: ulrike.pruess@uk-koeln.de

    >