Suchttherapie 2005; 6(3): 144
DOI: 10.1055/s-2005-858674
Leserbrief

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Leserbrief

Further Information

Dilek Sonntag, Karin Welsch

IFT - Institut für Therapieforschung

Parzivalstraße 25

80804 München

Email: Sonntag@ift.de

URL: http://www.ift.de

Publication History

Publication Date:
23 September 2005 (online)

Table of Contents #

Verthein: Dramatischer Anstieg von Opiatabhängigen in 2003 (Suchttherapie 2005; 6: 42 - 43)

Verthein [1] beschäftigt sich in einem Beitrag in der Zeitschrift Suchttherapie mit Veröffentlichungen zur Deutschen Suchthilfestatistik 2003 [2]. Ausgehend von einer starken Zunahme von Einrichtungen aus einigen Bundesländern (vor allem Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein), die ihre Daten für die bundesweite Statistik erstmals bzw. nach einem Systemwechsel wieder zur Verfügung gestellt haben (2001: Berlin = 5; Hessen = 1; NRW = 53; Schleswig-Holstein = 0; 2002: Berlin = 8; Hessen = 24; NRW = 60; Schleswig-Holstein = 13; 2003: Berlin = 43; Hessen = 110; NRW = 148; Schleswig-Holstein = 39), errechnet er eine überproportionale Zunahme der Opiatabhängigen, die sich in norddeutschen Landesauswertungen nicht zeige. Er kommt deshalb zu dem Schluss, dass die Zunahme durch eine veränderte Stichprobe von Einrichtungen bedingt sei (mehr Einrichtungen aus Großstädten mit einem höheren Opiatanteil). Er kritisiert, dass in den Publikationen kein Hinweis auf die eingeschränkte Repräsentativität und keine methodenkritische Diskussion zu finden sei und stellt insgesamt die Glaubwürdigkeit der Statistik für die letzten Jahre in Frage.

Die jährliche Suchthilfestatistik besteht mit ihren Vorläuferversionen mehr als 25 Jahre. Es ist erfreulich, dass Kollegen sich jetzt mit fachlich-methodischen Fragen befassen, die im Grundsatz bei solchen Monitoring-Systemen seit 1978 bestehen, doch sollten sie dann auch die entsprechenden Publikationen sorgfältiger lesen, als der Kommentar von Verthein vermuten lässt:

  1. Seit Jahren werden in jeder Statistik die aktuellen Beteiligungsraten pro Bundesland und die Veränderungen über die Zeit ausführlich dargestellt und kommentiert. Daraus ergibt sich u. a., dass die Statistik für einige Bundesländer mit stabiler hoher Beteiligungsquote (z. B. Niedersachsen und Thüringen) repräsentativer ist, für einige mit nahezu fehlender (z. B. Hamburg und Bremen) oder stark schwankender (Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein) Beteiligung nicht. Das kann jeder Leser nachvollziehen.

  2. Weiterhin zeigen die Tabellen zur länderweiten und nationalen Beteiligungsquote, dass es in den letzten 25 Jahren lange Phasen mit weitgehend stabilen Stichproben gab, die auch eine Interpretation von Veränderungen über die Jahre erlaubten, und Phasen mit großen „Verwerfungen”, in denen die Daten ganzer Bundesländer „verschwanden” und später wieder für die Auswertung geliefert wurden. In solchen Phasen mit instabiler Stichprobe haben wir vor der Interpretation von Trends gewarnt (zuletzt in [2], auf den Seiten 19, 22 und 29), besonders in Hinblick auf die „Zunahme” von Opiatabhängigen: z. B. „Dies liegt vermutlich an der veränderten Einrichtungsstichprobe mit einem größeren Anteil von Drogen-Einrichtungen. In den zumeist schon länger teilnehmenden EBIS-Einrichtungen zeigen sich keine Veränderungen bei der Verteilung der Hauptdiagnosen” ([2], S. 13).

Am Schluss seines Beitrages fordert Verthein Überlegungen dazu, wie Repräsentativität und Qualitätsmanagement der Suchthilfestatistik verbessert werden können. Gut formuliert und wohl gefordert! Doch Herr Verthein weiß wie alle Beteiligten und Nichtbeteiligten an der Suchthilfestatistik, dass Ausschöpfungsquote und Repräsentativität nicht durch die Autoren zu beeinflussen und zu verantworten sind, zumal die Einrichtungen mehr oder weniger freiwillig teilnehmen, sondern in der Vergangenheit wenig nachvollziehbaren Prozessen unterlagen, die von Trägerorganisationen, Verbänden und Bundesländern gestaltet wurden. Doch stimmen die Konsensbemühungen der letzten Monate optimistisch, dass - nach fast 30 Jahren Laufzeit - bald eine stabile Datenbasis erreicht wird, diesmal sogar bei nahezu vollständiger Beteiligung.

#

Literatur

Dilek Sonntag, Karin Welsch

IFT - Institut für Therapieforschung

Parzivalstraße 25

80804 München

Email: Sonntag@ift.de

URL: http://www.ift.de

#

Literatur

Dilek Sonntag, Karin Welsch

IFT - Institut für Therapieforschung

Parzivalstraße 25

80804 München

Email: Sonntag@ift.de

URL: http://www.ift.de