Handchir Mikrochir Plast Chir 2005; 37(1): 67-71
DOI: 10.1055/s-2005-837537
Kommentar

Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kommentar zur Arbeit von C. Smola: Zur Problematik des „algetischen Supinatorsyndroms“ oder „Wo hört der Tennisarm auf und wo fängt das Supinatorsyndrom an?“

Handchir Mikrochir Plast Chir 2004; 36: 241 - 245Commentary on the Article of C. Smola: About the Problem of Radial Tunnel Syndrome or “Where Does the Tennis Elbow End and Where Does the Radial Tunnel Syndrome Begin?”Handchir Mikrochir Plast Chir 2004; 36: 241 - 245A. Wilhelm
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Eingang des Manuskriptes: 27. Juli 2004

Angenommen: 27. Juli 2004

Publication Date:
03 March 2005 (online)

Die im Titel dieser Arbeit gestellte Frage ist unter Würdigung der einschlägigen Literatur durchaus interessant, aber in dieser Form leider nicht mehr relevant, da bereits 1996 die ausschließlich neurogene Pathogenese der Epicondylitis lateralis humeri (E. l. h.) beziehungsweise des Tennisellenbogens (T. E.) bewiesen werden konnte (Wilhelm) [[15], [16]]. Im Übrigen steht die neurogene Pathogenese bereits seit Winckworth (1883) [[18]] und insbesondere seit Capener (1966) [[1]], Wilhelm (1970) [[13]], Roles und Maudsley (1972) [[8]], Hagert (1977) [[3]], Werner (1979) [[12]] usw. zur Diskussion. Der elektromyographische Beweis für diese Pathogenese konnte schließlich 1998 von Kupfer und Mitarb. [[6]] erbracht werden.

Völlig zu Recht weist der Autor in diesem Zusammenhang in der Zusammenfassung darauf hin, dass die Kompression des tiefen Radialisastes durch die Supinatorarkade die häufigste und wesentliche Ursache der E. l. h. darstellt. Da die Arkade topographisch zur Supinatorloge gehört, kann man die besagte Kompression natürlich auch als „algetisches Supinatorsyndrom“ bezeichnen, was jedoch nicht allen Gegebenheiten entspricht; besser wäre die Bezeichnung „Syndrom der Supinatorarkade“ oder „Supinatorschlitzsyndrom“ gewesen. Durch den Begriff des Supinatorsyndroms lassen sich nämlich weder das in 31 Prozent der Fälle vorhandene dorsale Schmerzfeld, noch die weiter proximal gelegenen Störzonen des N. radialis und seiner Ursprungsfaszikel im Falle einer Epikondylitis erklären. Dies gilt auch für die Sensibilitätsstörungen im Bereich des oberflächlichen Radialisastes sowie für die koinzidenten Schmerzareale im Bereich des Handrückens [[15], [16]]. Der Tennisarm ist, pathogenetisch gesehen, also etwas mehr als nur ein „algetisches Supinatorsyndrom“.

Die komprimierende Wirkung der Frohse-Fränkelschen Arkade ist übrigens erstmals von Capener [[1]] beschrieben und anhand größerer Serien von Lister und Mitarb. [[7]], Werner [[12]] und Wilhelm [[15], [16]] u. a. bestätigt worden. Die Folgen dieser Kompression konnten allein in 85 Prozent der Fälle makroskopisch bewiesen werden [[15], [16]], was genau den elektromyographischen Untersuchungen von Kupfer und Mitarb. [[6]] entspricht.

Die Abgrenzungsbedürftigkeit eines sogenannten „algetischen Supinatorsyndroms“ gegenüber einem Tennisellenbogen beruhte bisher auf der Annahme, dass letzterer in pathogenetischer Hinsicht in erster Linie die Folge eines degenerativen Prozesses im Bereich der Extensorensehnen darstellt, was jedoch nicht der Fall ist. Daraus geht hervor, dass dem Tennisellenbogen und dem klinischen Bild eines algetischen Supinatorsyndroms ein und dieselbe Ursache zugrunde liegt, nämlich ein Kompressionsschaden des tiefen Radialisastes im Bereich der Supinatorarkade. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass Schmerzausstrahlungen im Sinne einer Neuralgie des N. interosseus posterior [[11]] zumindest auch im Anfangsstadium der paretischen Form des Supinatorsyndroms auftreten können. Die Hervorhebung und Gegenüberstellung eines rein „funktionellen algetischen Supinatorsyndroms“ ist daher missverständlich und sollte deshalb vermieden werden.

Die Angabe des Autors, „dass sich beim Tennisellenbogen stets ein … komprimierter Ramus profundus n. radialis findet“, ist schlecht nachvollziehbar, wenn bei 54 Eingriffen am lateralen Epikondylus nur 46 anteriore Dekompressionen durchgeführt worden sind.

In der von dem Autor zitierten Publikation (Nr. 3) wurde deshalb die E. l. h. als Folge „eines Kompressionssyndroms des N. radialis, seiner Ursprungsfaszikel und Äste“ definiert. Auch wurde in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hingewiesen, dass „die schmerzauslösenden Neuroirritationen im Bereich einer oder mehrerer Lokalisationen erfolgen“ und als „double crush lesion“ wirken können, wie das Beispiel des proximalen Radialiskompressionssyndroms (PRKS) und des Thoracic-outlet-Syndroms (TOS) lehrt [[15], [16]].

Bei den Ergebnissen weist der Autor darauf hin, dass „die direkte Nervendekompression … über einen anterioren Zugang genauso wenig komplikationsträchtig wie bei der propagierten einfachen Denervation nach Wilhelm … ist“, eine Einschätzung, die anhand des eigenen Krankengutes nicht bestätigt werden kann [[15], [16]].

Da die Denervation inzwischen dreimal modifiziert worden ist [[16]], stellt sich in diesem Zusammenhang allerdings die Frage, welche der Methoden in der vorliegenden Arbeit gemeint ist. Zu dieser Frage wird bei der Besprechung der angegebenen Operationsmethode noch Stellung genommen werden.

Die Besprechung der Literatur beschränkt sich lediglich auf drei Referenzen, wobei insbesondere die entsprechenden Publikationen von Hohmann [[4]], Capener [[1]], Roles und Maudsley [[8]], Hagert [[3]], Werner [[12]], Lister und Mitarb. [[7]] sowie von Kupfer und Mitarb. [[6]] vermisst werden.

In diesem Abschnitt wird übrigens auch ein unvollständiges Zitat (s. Abs. 5, links) unserer Definition des T. E. (vgl. [[16]], S. 291, Abs. 2, rechts) erwähnt. Um Missverständnisse zu vermeiden, sei diese Definition im vollen Wortlaut wiedergegeben: „Die Ergebnisse … sprechen vor allem auch dafür, dass es sich bei der E. l. h. um die Folge eines Kompressionssyndroms des N. radialis handelt, wobei die schmerzauslösenden Neuroirritationen an einer oder mehreren Lokalisationen auftreten und, wie aus der Literatur und eigenen Erfahrungen hervorgeht, in geeigneten Fällen auch durch eine operative Dekompression des infrage kommenden Nervenabschnittes erfolgreich behandelt werden können“. Der Hinweis „in geeigneten Fällen“ bezieht sich dabei auf die Ausschaltung einer weiter proximal gelegenen Störstelle, vor allem in Form des PRKS und des TOS, wie aus den Tabellen 6 und 7 sowie Punkt 11 der zusammenfassenden Schlussfolgerung von Wilhelm [[16]] hervorgeht.

Zu dem Zitat von Stöhr [[9]] ist weiter oben bereits das Wichtigste gesagt worden. Danach stellt die Dekompression des tiefen Radialisastes, am besten in Form der indirekten Druckentlastung, wie sie im Rahmen der „Denervation der Wahl“ seit 1991 durchgeführt wird, sehr wohl die adäquate Therapie des therapieresistenten T. E. dar.

Das Assmus zugeschriebene Zitat (S. 242, links, Abs. 6) steht übrigens in krassem Widerspruch zu den Ergebnissen der Literatur sowie zu der Aussage der vorliegenden Arbeit und übersieht zudem die Ergebnisse der EMG-Untersuchungen von Kupfer und Mitarb. [[6]], die bei der Überprüfung der Nervenleitgeschwindigkeit nicht nur in Neutral- sondern auch in den Stresspositionen der Pro- und Supination gewonnen werden konnten.

Wenn nach Ansicht des Autors „der Tennisarm nichts anderes als ein Supinatorsyndrom ist“, dann stellt sich im Abschnitt Einleitung die Frage, warum bei der Auflistung des Krankengutes in Tabelle 1 begrifflich zwischen algetischem Supinatorsyndrom und der E. l. h. unterschieden wird.

Auch die Differenzierung des Krankengutes im nachfolgenden Absatz kann nicht mit hinreichender Sicherheit nachvollzogen werden, da das für den Tennisarm typische Schmerzareal nicht nur auf den lateralen Epikondylus beschränkt ist, sondern neben einem bisher kaum beachteten dorsalen und supraepikondylären Schmerzfeld in etwa 31 % auch noch den proximalen Abschnitt der Radialextensoren sowie die Triggerpunkte im Verlauf des N. radialis in der Ellenbeuge (in 68 %) und in Höhe der Supinatorarkade (in 77 %) sowie die koinzidenten Schmerzareale im Handbereich mit einschließt [[16]]. Im Übrigen ist der Hauptabschnitt der Supinatorloge distal der Frohse-Fränkel-Arkade bei der Epikondylitis in vielen Fällen unauffällig.

Es stellt sich daher die Frage, ob bei den sieben Patienten, die „keinerlei Klinik über dem Epikondylus hatten“, vielleicht andere Schmerzareale vorhanden waren, zum Beispiel im Bereich der Radialextensoren und an der Innenseite des Capitulum humeri, die aber nicht überprüft worden sind. Bei den 15 Patienten, die „keinerlei Klinik über der Supinatorloge hatten“, drängt sich dagegen die Frage auf, ob und inwieweit in diesen Fällen Triggerpunkte über dem N. radialis proximal des Supinatorschlitzes, insbesondere in Höhe des Caput radii und des Capitulum humeri nachweisbar gewesen wären.

Auch wird bei diesen beiden Gruppen das Ergebnis des Pro- und Supinationstests nach Werner [[12]] vermisst, womit die komprimierende Einwirkung der Supinatorarkade auf den tiefen Radialisast objektiv überprüft werden kann. Entsprechende Schmerzreaktionen können dabei in 86 % beziehungsweise 96 % registriert werden!

Ob unter den genannten Umständen eine derartige Differenzierung des Krankengutes erfolgversprechend und vorteilhaft ist, muss bezweifelt werden.

Die aus diagnostischen Gründen durchgeführte Infiltration der Epikondylenspitze führt übrigens nur zur Blockade der distalen Endfasern des lateralen kollateralen Radialisastes und der ebenfalls schmerzleitenden feinen Ästchen des N. cut. antebrachii posterior, während die schmerzleitenden rückläufigen Supinatorfasern durch diese Infiltration nicht erreicht werden. Es verwundert deshalb nicht, dass nach diesem Test die Region der Arkade nach wie vor druckschmerzhaft bleibt.

Im letzten Absatz (S. 242, rechts) weist der Autor darauf hin, „dass zur Diagnosefindung nur subjektive und keinerlei objektive Kriterien herangezogen werden können“, was unsererseits keineswegs bestätigt worden ist. Es gibt nämlich durchaus objektive Untersuchungsmethoden, und zwar den bereits erwähnten Pro- und Supinationstest und die EMG-Untersuchung nach Kupfer und Mitarb. [[6]]. Eine „Differenzierung zwischen Tennisarm und algetischem Supinatorsyndrom“ erübrigt sich dabei, da die beiden Begriffe nur ein und denselben pathogenetischen Mechanismus beschreiben, nämlich die Kompression des tiefen Radialisastes durch die Supinatorarkade, wodurch eine Schmerzausstrahlung nicht nur zum lateralen Epikondylus (T. E.), sondern in 18 % auch in Richtung des Handrückens (Neuralgie des N. interosseus posterior) [[11]] verursacht wird.

Beim Abschnitt Operationsverfahren weist der Autor einleitend darauf hin, dass „bei allen Patienten nach Resektion der Frohseschen Arkade immer eine Kompression des Ramus profundus n. radialis gefühlt, oftmals auch gesehen werden konnte“. Es verwundert, dass es bei einem anterioren Zugang von 8 cm Länge nicht möglich gewesen sein sollte, den Befund in jedem Fall makroskopisch zu überprüfen. Demgegenüber kann das Fehlen eines pathologischen Befundes im Bereich des lateralen Epikondylus nur in jeder Weise bestätigt werden.

Bei der Besprechung des anterioren Zugangs fehlen leider genauere Angaben über das operative Vorgehen. Auch wird der Hinweis vermisst, dass dieser Zugang ursprünglich von Roles und Maudsley [[8]] publiziert worden ist.

Der Hinweis, dass der Lokalbefund nach Dekompression des tiefen Radialisastes „digitoklastisch“, und zwar durch „Vorschieben des Zeigefingers neben dem Radialis soweit wie möglich nach proximal und des Kleinfingers nach distal in die Supinatorloge“, beurteilt wird, kann weder nachvollzogen noch empfohlen werden.

Bezüglich des Operationsverfahrens wird auf Seite 242, rechts, Abs. 3, darauf hingewiesen, dass am „lateralen Epicondylus humeri nach Wilhelm (gering modifiziert nach seiner 1999 in dieser Zeitschrift publizierten Methode) [[16]] denerviert“ wurde. Dies lässt darauf schließen, dass der Autor völlig übersehen hat, dass in der genannten Arbeit insgesamt zwei Modifikationen der Denervation dargestellt worden sind, nämlich einmal die von 1980 bis 1990 verwendete Technik der kompletten Denervation mit fakultativer temporärer partieller Inzision des ECRB und direkter Dekompression des tiefen Radialisastes von einem gemeinsamen dorsolateralen Zugang aus und zum anderen die seit 1991 gültige „Denervation mit indirekter Dekompression des R. profundus n. radialis“, und zwar ohne temporäre Inzision des ECRB. Während die erstgenannte Modifikation wegen der wesentlich ungünstigeren Ergebnisse (1 = 48,0 %, 2 = 17,3 %, 3 = 21,3 % und 4 = 13,4 %) und einer Arbeitsunfähigkeit von fast 12 Wochen 1990 aufgegeben werden musste, kann man die letztgenannte Denervationstechnik, gemessen an ihren Ergebnissen ([[17]]: 1 + 2 = 92,8 %), nunmehr als „Methode der Wahl“ bezeichnen. Da diese Technik bereits 1996 und 1999 sowie letztmalig im Jahre 2000 publiziert worden ist, stellt sich deshalb die Frage, warum der Autor die erstgenannte Technik in Kombination mit einer anterioren direkten Dekompression des tiefen Radialisastes, d. h. unter Verwendung eines zweiten, insgesamt 8 cm langen Zugangsweges vorgezogen hat, und zwar trotz der ungünstigen Ergebnisse unserer Serie sowie jener von Kalb und Mitarb. [[5]], die in 17 % ihrer 69 nachuntersuchten Patienten nach einem zunächst beschwerdefreien Intervall von drei bis zwölf Monaten ein Auftreten von rezidivierenden Beschwerden infolge von Vernarbungen des Nervengleitlagers beobachtet haben, wie bereits von Werner [[12]] beschrieben.

Bei der vom Autor bevorzugten „Denervationstechnik“ wird statt des bewährten dorsolateralen Zugangs eine 6 cm lange „anteriore bogenförmige Inzision“ verwendet, deren genaue Lage mangels einer Zeichnung oder genaueren Beschreibung jedoch nicht exakt nachvollzogen werden kann. Unter diesen Umständen empfiehlt es sich jedoch, auf die Gefahr einer Läsion eines Astes oder gar des Hauptstammes des N. cut. antebrachii posterior hinzuweisen, zumal erst vor kurzem von Dellon und Mitarb. [[2]] bei derartigen Zugängen entsprechende Neurombildungen bei insgesamt neun Patienten beschrieben worden sind.

Vergleicht man die in diesem Abschnitt beschriebene „leicht modifizierte Denervationstechnik“ mit der Darstellung der von uns nur im Zeitraum von 1980 bis 1990 geübten Methode, so muss leider festgestellt werden, dass von diesem Operationsverfahren, soweit sicher erkennbar, lediglich die Ausschaltung des R. collateralis lateralis n. radialis übernommen worden ist. Dieses Verfahren einer partiellen Denervation ist aber bereits 1946 von Tavernier [[10]] beschrieben worden. In der sehr kurz gefassten Beschreibung der Operationsmethode werden insbesondere folgende Hinweise für eine exakt nachvollziehbare Denervationstechnik vermisst:

Angaben zur Ausschaltung der schmerzleitenden Endfasern des N. cut. antebrachii posterior. Angaben zur Ausschaltung der ventralen Rr. musculares n. radialis durch Desinsertion des M. ext. carpi radialis longus. Angaben über die gezielte Darstellung und Durchtrennung der ventralen und lateralen Ursprungsportion des M. supinator über dem distalen Rand des Radiuskopfes, nach vorheriger Isolierung der Ursprungsportionen der beiden radiodorsalen Handstellmuskeln bis in Höhe des Collum radii. Angaben zur Versorgung der temporären partiellen Inzision des ECRB durch Naht am Ende der Operation. Es fehlt auch der Hinweis für die weitere Auftrennung der Ursprungsportionen des ECRL und des ECRB über den Radiuskopf hinaus, um die Supinatorarkade, das Verhalten des R. prof. n. radialis bei Pro- und Supination und das Vorhandensein von Kompressionsschäden im Bereich des N. radialis überprüfen zu können. Die Faszieninzision am Oberarm erfolgt bei der Denervation über der gut tastbaren Crista supracondylaris, und zwar in Längsrichtung bis in Höhe der Epikondylenspitze, und nicht zirkulär! Bei dem „leicht modifizierten Operationsverfahren“ fehlt auch die Durchtrennung der schmerzleitenden Endäste des R. muscularis anconaei zur Ausschaltung des dorsalen Schmerzfeldes.

Da diese Punkte nicht berücksichtigt wurden, muss deshalb festgestellt werden, dass es sich bei der in dieser Arbeit vorgeschlagenen Methode keineswegs um eine nur „leicht modifizierte Technik nach Wilhelm“, sondern lediglich um eine Kombination der ursprünglichen Hohmannschen Sehneneinkerbung - nunmehr mit „bewusster Durchtrennung des Supinatorursprungs“ - mit der partiellen Denervation nach Tavernier [[10]] und mit der anterioren Dekompression des tiefen Radialisastes nach Roles und Maudsley [[8]] handelt. Im weiteren Verlauf wird auf Seite 243 rechts berichtet, dass man bei den kombinierten Eingriffen … „trotz sorgfältigster Präparation gerade des M. supinator und des ECRB“ bei der sekundär durchgeführten anterioren Dekompression nicht immer den Eindruck hatte, „dass es durch diese Vorarbeit am Epikondylus bereits zu einer erkennbaren Entlastung des Nervs unter der Frohseschen Arkade gekommen war.“

Aus dieser Beobachtung kann nur der Schluss gezogen werden, dass trotz sorgfältigster Präparation die ventrale und die laterale Ursprungsportion des M. supinator nicht ausreichend durchtrennt worden sind. Der Grund hierfür dürfte in einer ungenügenden oder gar fehlenden Auftrennung der beiden Ursprungsportionen der beiden Radialextensoren zu suchen sein. Nach entsprechender Trennung der beiden Strecker hätte sich nämlich die Entspannung der Arkade sehr wohl erkennen und bei Bedarf korrigieren lassen, und zwar ohne zusätzliche anteriore Freilegung des tiefen Radialisastes, die unsererseits als wesentlich traumatischer eingeschätzt wird.

Eine postoperative Untersuchung war bei insgesamt 50 von 61 % möglich, also bei 82 %. Dieser Prozentsatz liegt jedoch deutlich unter dem Grenzwert von etwa 90 %, der eine objektive Beurteilung postoperativer Ergebnisse erlaubt. Hinzu kommt, dass nur ein Teil der 50 Patienten persönlich nachuntersucht wurde, während die übrigen Patienten, genauere entsprechende Zahlenangaben fehlen leider, lediglich anhand der Ergebnisse einer schriftlichen Befragung mit in die Beurteilung einbezogen worden sind.

Auch aus Tabelle 2 geht leider nicht hervor, wie viele Patienten persönlich untersucht beziehungsweise lediglich schriftlich befragt worden sind. Bei der Überprüfung der „durchschnittlichen Dauer bis zur Erreichung des postoperativen Endzustandes“ sollte beachtet werden, dass dieser frühestens nach Ablauf von drei Jahren beurteilt werden sollte. Bei geringeren Nachuntersuchungszeiten kann man dagegen nur von postoperativen Ergebnissen nach soundsovielen Monaten und Jahren sprechen.

Im Hinblick auf die in Tabelle 2 genannten Komplikationen bei Eingriffen am Epikondylus stellt sich die Frage, wann der erste postoperative Verbandwechsel durchgeführt worden ist. Hämatom-, Serom- und Synovialombildungen lassen sich nämlich in der Regel vermeiden, wenn der Verband erst nach Abklingen der Ödemphase, d. h. frühestens nach etwa einer Woche gewechselt wird.

Die anschließende Diskussion erfolgt leider ohne Berücksichtigung der wesentlichen Weltliteratur!

Der im ersten Absatz angegebene Vergleich ist in dieser Form nicht vertretbar, da unter Berücksichtigung der Innervationsverhältnisse durch die alleinige Dekompression nach Roles und Maudsley [[8]] das dorsale und ventral der Epikondylenspitze gelegene Schmerzfeld sowie der umschriebene Druckschmerz im Bereich der Epikondylenspitze nicht ausgeschaltet werden können. Außerdem werden hier Ergebnisse nach acht Wochen mit den Endergebnissen der Denervation nach 4,9 Jahren verglichen [[16]], wobei beim letztgenannten Verfahren die durchschnittliche Arbeitsunfähigkeit nur 5,7 Wochen dauerte, im Gegensatz zu den entsprechenden Werten in der kommentierten Arbeit von acht Wochen.

Im Gegensatz zu der von dem Autor vertretenen Meinung sind die Ergebnisse der indirekten denen der direkten Dekompression des tiefen Radialisastes absolut überlegen, wie anhand entsprechender Operationsserien von uns [[16]] und auch von Kalb und Mitarb. [[4]] festgestellt werden konnte. Es erhebt sich hierbei auch die Frage, warum nicht wenigstens diese Ergebnisse diskutiert worden sind. Übrigens ist das „gleich gute Langzeitergebnis“ in der vorliegenden Arbeit noch nicht bewiesen.

Zu den Ausführungen auf Seite 245, links oben, ist zu bemerken, dass jede Nervenfreilegung, vor allem mit Anschlingen des Hauptstammes und seiner Äste oder gar in Kombination mit einer „epineuralen Neurolyse“, zu mehr oder minder starken Vernarbungen des Nervengleitlagers führt, was sich im Falle der direkten Dekompression des tiefen Radialisastes in einer wesentlich längeren Arbeitsunfähigkeit infolge anhaltender Restbeschwerden äußert. Bei sehr starker Narbenbildung kann es sogar zur „narbenbedingten Rekompression“ [[5]] kommen, eine Beobachtung, die im eigenen Krankengut bei der Revision von auswärts durchgeführten anterioren Dekompressionen wiederholt bestätigt werden konnte.

Eine endgültige Beurteilung der hier diskutierten postoperativen Ergebnisse dürfte deshalb frühestens nach Ablauf von drei Jahren möglich sein, und zwar auch deshalb, weil der Autor eine ausgesprochen differenzierte Einteilung des Krankenguts vorgenommen und auch eine dementsprechende operative Verfahrenswahl getroffen hat.

Im letzten Abschnitt wird zu Recht darauf hingewiesen, dass „der Tennisarm eine fakultative Manifestation des Supinatorsyndroms ist, und zwar die häufigste“. Dennoch trifft diese Definition nur teilweise zu, wie bereits betont, weil die neuroirritative Schmerzausstrahlung nicht nur durch Kompression des tiefen Radialisastes durch die fibröse Supinatorarkade und durch die Druckschädigung des N. radialis in Höhe des Caput radii [[8]] ausgelöst werden kann, sondern auch im Bereich der weiter proximal gelegenen Lokalisationen, nämlich an der Oberarmaußenseite (PRKS), der oberen Thoraxapertur (TOS) und der Foramina intervertebralia der Zervikalwurzeln C6 und C7 [[15], [16]]. Diesen Gegebenheiten wird der Begriff des algetischen Supinatorsyndroms leider nicht vollständig gerecht und sollte deshalb im Rahmen der Pathogenese des Tennisellenbogens nicht vorrangig diskutiert werden, zumal auch distal der Supinatorarkade bei der paretischen Form des genannten Syndroms Schmerzen im Sinne einer Neuralgie des N. interosseus posterior [[11]] ausgelöst werden können, ohne dass dabei ein Schmerzfeld in der lateralen Ellenbogenregion nachweisbar sein muss.

Ferner wird von dem Autor die Frage gestellt, „warum sich ein Nervenkompressionssyndrom scheinbar gleicher Lokalisation und Ausprägung unterschiedlich manifestiert“. Dies dürfte nach unseren Ausführungen nunmehr geklärt sein. Was die paretische Form des Supinatorsyndroms anlangt, so ist zu bedenken, dass dabei ebenfalls eine komprimierende Wirkung der Supinatorarkade festgestellt werden kann; die häufigsten Ursachen für dieses Syndrom finden sich jedoch im Verlauf des muskulären Abschnittes des Supinatorkanals und im Bereich dessen distaler, häufig fibrös veränderten Nervenaustrittsstelle. Die komprimierende Wirkung dieser distalen Arkade kann intraoperativ ebenfalls durch passive Pronation überprüft werden.

Auch die Frage, „warum sich eine Kompression des N. radialis erst nach Jahrzehnten manifestiert“, lässt sich ebenfalls leicht erklären. Nach den Untersuchungen von Spinner (1972) ist die komprimierende fibröse Arkade bei Neugeborenen nämlich zunächst noch gar nicht vorhanden, sondern bildet sich wahrscheinlich erst im Verlauf des Lebens infolge der wiederholten Pro- und Supinationsbewegungen aus, vor allem bei entsprechenden Arbeiten und sportlichen Betätigungen gegen Widerstand und unter großem Kraftaufwand. Am Sektionsgut Erwachsener konnte Spinner übrigens nur in 30 % eine fibröse Arkade nachweisen, was für die Beurteilung der Häufigkeit der E. l. h. ebenfalls von großer Bedeutung ist. Auch die Treffsicherheit der elektromyographischen Untersuchungen konnte inzwischen optimiert und objektiviert werden, und zwar durch Überprüfung der Nervenleitgeschwindigkeit in den Stresspositionen der Pro- und Supination bei gestrecktem Ellenbogengelenk. Dadurch konnten Druckschädigungen im Bereich des tiefen Radialisastes in 85 % sicher nachgewiesen werden, ein Ergebnis, welches genau dem von uns bereits 1996 publizierten Prozentsatz der makroskopisch erkennbaren Veränderungen an diesem Nerven entspricht. Auf die Bedeutung der Unterbrechung der Durchblutung und des intraneuralen Flows für die Entstehung schmerzhafter Sensationen im Sinne eines T. E. in den restlichen 15 % kann in diesem Zusammenhang nur kurz hingewiesen werden.

Abschließend erwähnt der Autor nochmals die „digitoklastische“ Diagnostik der Radialiskompression sowie den „Vorteil“ der anterioren Dekompression und bejaht die neurogene Pathogenese der E. l. h.

Literatur

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Prof. Dr. med. Albrecht Wilhelm

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