B&G Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2005; 21(2): 83-84
DOI: 10.1055/s-2005-836493
Referate

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Referate

Further Information

Publication History

Publication Date:
19 April 2005 (online)

Rückenschmerzen

Faktoren sagen einen Misserfolg der Manualtherapie voraus

Therapeuten können häufig nur schlecht einschätzen, für welche Patienten eine Manualtherapie am besten geeignet ist. Dr. Julie M. Fritz und Mitarbeiter, Pittsburgh/USA, konzentrierten sich in ihrer Studie darauf, welche Patienten mit großer Wahrscheinlichkeit nicht von einer Manualtherapie profitieren (Physical Therapy 2004; 2: 173-193).

Der Erfolg der Manualtherapie bei Rückenschmerzen ist in randomisierten Studien nachgewiesen, weswegen sie in angloamerikanischen Ländern in den Leitlinien für Physiotherapeuten empfohlen wird. Dennoch wird sie bisher nur selten angewandt. Die Autoren der Untersu-chung griffen auf Daten ihrer früheren prospektiven Studie zurück, in der 71 Probanden aus zwei US-militärischen physiotherapeutischen Abteilungen wegen anhaltender Schmerzen im unteren Rückenbereich ein- bis zweimal manualtherapeutisch behandelt worden waren.

Die Patienten waren im Durchschnitt 38 Jahre alt, ihr OSW (Oswestry Low Back Pain Disability Questionaire)-Score betrug im Mittel 42. Insgesamt besserte sich der Rückenschmerz anhand einer Abnahme um mindestens fünf Punkte auf der OSW-Skala bei 51 (72 %) der Patienten, bei 20 (28 %) dagegen nicht. Mittels Anamnese, körperlicher Untersuchung und Provokationstests wurden Kriterien ermittelt, die einem Therapeuten signalisierten, eine andere Behandlungsmethode als die Manualtherapie bei Rückenschmerz zu wählen.

Die Autoren fanden sechs Faktoren heraus, bei deren Vorhandensein von der Anwendung der Manualtherapie abgeraten werden sollte, und die zu fast zwei Drittel für den Misserfolg der Manualtherapie verantwortlich waren. In der Anamnese erwies sich ein lang andauernder Rückenschmerz als prognostisch ungünstiger Faktor. Die Patienten, denen die Manualmethode nicht half, hatten im Durchschnitt mit über zwei Monaten doppelt so lange Rückenschmerzen gehabt. Manualtherapie bei akuten Rückenschmerzen ist nach Ansicht von Fritz nicht kontraindiziert, wenn Nervenwurzel-Kompressionssyndrome ausgeschlossen sind.

Patienten, die nicht auf Manualverfahren reagierten, hatten signifikant häufiger über ins Gesäß und in die Oberschenkel ausstrahlende Schmerzen geklagt, 40 % sogar über Schmerzen distal des Knies. Bei der körperlichen Untersuchung zeigte sich, dass eine verringerte Drehbeweglichkeit in den Hüftgelenken (= ROM, Range of Motion) mit einem Nichtansprechen der Manualtherapie verknüpft war. Bestand wenig Diskrepanz in den Bewegungsmöglichkeiten nach medial zwischen den beiden Hüftgelenken, war ebenfalls ein erhöhtes Risiko für einen Misserfolg gegeben. Andererseits zählten Patienten, die keinen „steifen Rücken” hatten, also normal bewegliche untere Wirbelsäulensegmente, auch zu den Kandidaten, bei denen eher eine andere Therapie versucht werden sollte. In der „Negativliste” war der Gaenslen-Test der einzige aussagefähige Provokationstest: Rief die passive Beugung von Hüfte und Knie beim liegenden Patienten keinen Schmerz in den Sakroiliakalgelenken hervor, würde Manualtherapie vermutlich scheitern.

    >