B&G Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2005; 21(2): 54-61
DOI: 10.1055/s-2005-836463
WISSENSCHAFT

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Chronisch mehrfach beeinträchtigte Abhängigkeitskranke (CMA): Neue Herausforderungen für Bewegungs- und Sporttherapeuten

Chronic and severely affected addiction patients: New challenges for movement and sports therapyH. Deimel1 , D. Dannenberg1
  • 1Institut für Rehabilitation und Behindertensport · Deutsche Sporthochschule Köln
Further Information

Publication History

15.12.2004

20.1.2005

Publication Date:
10 August 2005 (online)

Zusammenfassung

Menschen mit einer chronisch mehrfach beeinträchtigenden Abhängigkeitserkrankung (CMA) leiden in der Regel neben erheblichen suchtbedingten körperlichen, psychischen und sozialen Folgeerkrankungen noch zusätzlich an psychiatrischen Erkrankungen; die Komorbiditätsrate ist bei ihnen sehr hoch. Hieraus resultiert einerseits, dass derartig Betroffene in den üblichen Fachkliniken aufgrund des Abstinenzgebots vielfach überfordert sind; andererseits benötigen sie auch spezifischere Angebote, die eher unter dem Begriff der Soziotherapie subsumiert sind. Das Ziel der Abstinenz wird hier relativiert und gilt als Fernziel. Kennzeichnend für diese Personengruppe sind eine sehr körperfeindliche Einstellung sowie starkes Misstrauen gegenüber anderen Menschen. Vor diesem Hintergrund werden bewegungs- und sporttherapeutische Ansätze reflektiert, die die vorhandenen Ressourcen der Teilnehmer fokussieren, ihre Kontakt- und Beziehungsfähigkeit sowie das Selbstwertgefühl aufbauen und stabilisieren. Auf Besonderheiten des Therapeutenverhaltens wird näher eingegangen.

Summary

Besides suffering from addiction-related body, psychic and subsequent social diseases, addiction patients additionally suffer from psychiatric diseases leading to a very high comorbidity rate. As a result, many patients find it difficult to cope with the abstinence requirements in most specialized clinics on the one hand while on the other, the patients require specific care usually referred to as socio-therapy. In this context, abstinence is handled relatively as a long term objective. This group of persons is characterized by a negative body focus as well as a high mistrust for other persons. Against this background, emphasis is put on movement and sport therapy approaches which focus on the available resources of the participants by building up and stabilising their contact and interaction capabilities as well as self-esteem. The therapy also lays importance on the conduct of the therapist.

Literatur

  • 1 Antonovsky A. Salutogenese - Zur Entmystifizierung der Gesundheit. Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie, Tübingen 1997
  • 2 Buschmann H C. Neurologische und psychopharmakologische Aspekte in der Behandlung Alkoholabhängiger. In: Steingass H-P (Hrsg). Chronisch mehrfach beeinträchtigte Abhängige - Erfahrungen aus der Soziotherapie. Neuland, Geesthacht 2003; 56-76
  • 3 Deimel H. Möglichkeiten und Grenzen der Bewegungs- und Sporttherapie in der Rehabilitation chronisch Suchtkranker. In: Fachausschuss Soziotherapie (Hrsg). Nichts geht mehr!? - Aspekte der Soziotherapie Alkoholabhängiger. Allgemeine Hospitalgesellschaft, Hilden 1994; 64-71
  • 4 Deimel H. Bewegungs- und sporttherapeutische Aspekte der Rehabilitation Suchtkranker. In: Weiß M, Liesen H (Hrsg). Rehabilitation durch Sport - 1. Internationaler Kongress des Deutschen Behinderten-Sportverbandes 1995. Kilian, Marburg 1997, 180-189
  • 5 Driessen M. Psychiatrische Komorbidität bei Alkoholismus und Verlauf der Abhängigkeit. Steinkopff, Darmstadt 1999
  • 6 Feuerlein W. Alkoholismus: Warnsignale, Vorbeugung, Therapie. Beck, München 1996
  • 7 Feuerlein W, Küfner H, Soyka M. Alkoholismus - Missbrauch und Abhängigkeit. 5. Aufl. Thieme, Stuttgart 1998
  • 8 Geyer P. Sporttherapie in der Suchtbehandlung. In: Fachverband Sucht (Hrsg). Therapieziele im Wandel? - Beiträge des 6. Heidelberger Kongresses 1993. Neuland, Geesthacht 1994; 319-326
  • 9 Gouzoulis-Mayfrank E. Komorbidität Psychose und Sucht. Von den Grundlagen zur Praxis. Steinkopff, Darmstadt 2003
  • 10 Körkel J, Lauer G, Scheller R. Sucht und Rückfall. Brennpunkte deutscher Rückfallforschung. Enke, Stuttgart 1995
  • 11 Lindenmeyer J. Alkoholabhängigkeit. Hogrefe, Göttingen 1999
  • 12 Müller-Mohnssen M. Auf dem Weg zu Diagnoseleitlinien bei der Behandlung chronisch mehrfach geschädigter Abhängigkeitskranker (CMA). In: Beutel M (Hrsg). Diagnose: Sucht. Neuland, Geesthacht 68-70
  • 13 Müller-Mohnssen M, Hoffmann M, Rothenbacher H. Chronisch mehrfach geschädigt Abhängigkeitskranke (CMA) in der stationären psychiatrischen Behandlung - diagnostische, soziale und Verlaufsmerkmale.  Sucht - Z für Wissenschaft und Praxis. 1999;  45 45-54
  • 14 Reymann G, Scherer G H. Bewegungstherapie mit chronisch und mehrfach beeinträchtigten Alkoholabhängigen auf dem Air-Tramp.  Sucht - Z für Wissenschaft und Praxis. 2000;  46 77-79
  • 15 Schmid M. Chronisch mehrfach beeinträchtigte Abhängigkeitskranke - ein Überblick zum gegenwärtigen Forschungs- und Diskussionsstand. In: Brandenburgische Landesstelle gegen die Suchtgefahren (Hrsg). Behandlungsziele bei chronisch-mehrfach-geschädigten Abhängigkeitskranken. Dokumentation der Fachtagung am 11.4.2000 in Potsdam. Postdam 2001; 15-24
  • 16 Schu M. Chronisch mehrfach beeinträchtigt abhängigkeitskrank: Definition und Beschreibung der Gruppe. In: Fachverband Sucht (Hrsg). Rehabilitation Suchtkranker - mehr als Psychotherapie! Neuland, Geesthacht 2001; 326-331
  • 17 Schwoon D R. Chronisch mehrfach beeinträchtigte Abhängigkeitskranke (CMA). In: Fengler J (Hrsg). Handbuch der Suchtbehandlung: Beratung - Therapie - Prävention. Ecomed, Landsberg/Lech 2002; 94-99
  • 18 Steingass H-P. Suchtkrank, suchtkränker am suchtkränkesten - Chronisch mehrfach beeinträchtigte Abhängigkeitskranke (CMA). In: Steingass H-P (Hrsg). Chronisch mehrfach beeinträchtigte Abhängige - Erfahrungen aus der Soziotherapie. Neuland, Geesthacht 2003; 7-22

Korrespondenzadresse

Dr. Hubertus Deimel

Institut für Rehabilitation und Behindertensport · Deutsche Sporthochschule Köln

50927 Köln

Email: deimel@dshs-koeln.de

D. Dannenberg

Institut für Rehabilitation und Behindertensport · Deutsche Sporthochschule Köln

50927 Köln

    >